Ich möchte hier keinem auf die Füße treten, der selbst oder dessen Angehörige von dem Seebeben betroffen sind. Ebensowenig geht es mir um eine Degradierung der internationalen Helfer. Mir geht es im Folgenden um eine Kritik der Berichterstattung im deutschen Fernsehen.
Seit Tagen überschlagen sich die Nachrichten in allen TV- und Radio-Sendern und sämtlichen Druckerzeugnissen der Tagespresse. Die einzige neue Information, die dabei fließt ist, um wieviel die geschätzte Opferzahl gestiegen oder gesunken ist.
Gleichzeitig wird man mit sich endlos wiederholenden Bildern und Beschreibungen leidender, kranker, betroffener Menschen in Nahaufnahme, wie sie sich um Freßpackete reissen, wie sie, in zerissenen, verschlammten Klamotten um ihre Liebsten trauern.
Die endlose rituelle Wiederholung der elenden Bilderflut erinnert mich an die Berichterstattung über die Anschläge im November 2001 in den USA. Und diese dienten der globalen Traumatisierung im Zeichen einer neuen Weltpolitik. Ein Superlativ jagt den nächsten: gigantischste Naturkatastrophe der letzten Jahrhunderte, Millionen obdachlos, Hunderttausende gestorben.
Welche Folgen werden die apokalyptisch beschworenen Berichte über die Flutwellen haben?
Gerade durch diese Art der Berichterstattung wird die Arroganz und die Vorurteile der Ersten Welt gegenüber den betroffenen Ländern verstärkt. Die schon mehrfach geäusserte Kritik aus den betroffenen Ländern, die Menschen werden mit zweierlei Maß gemessen (Touristen und Einheimische) und die jetzigen Hilfsprojekte ähnelten eher kosmetischen Reparaturen, die sich an einigen prominenten Orten abspielen, zeigen, daß dies auch genau so wahrgenommen wird.
Ich glaube kaum, daß den von diesem Beben betroffenen Menschen in Deutschland oder in Südasien irgendwie geholfen wird, in dem man minütliche Schätzungen über Opferzahlen bekannt gibt. Versteht man heute darunter den Informationsauftrag der öffentlichen Sender (die sich hier besonders hervortun und selbst die Privaten an Plattitüden übertreffen)? Ich kann mir leider das Bild nicht aus dem Kopf wischen, wie Horden von Journalisten wie Geier über jedes Schlammloch herfallen.
Nun könnte man sicherlich behaupten, diese Bilder dienen dazu, die Spendenfreudigkeit der Zuschauer drastisch zu erhöhen. Muss man sich nicht selbst schelten, wenn erst durch die visuelle Erniedrigung durch diese Bilder ein Bewußtsein für das Leid, welches dort geschieht, erwacht und die Hand in den eigenen Geldbeutel gleiten lässt?
Etwas emotional, aber es hat mich einfach gepackt. So, und nun melde ich mein Kabelfernsehen ab und verschenke die Glotze. Fin.