Hallo zusammen,
grob gesagt dreht sich meine Frage um die Berufsschulpflicht.
Wenn ich die entsprechenden Gesetze, die ich gegoogelt habe, richtig verstehe, ist man bis zum Abschluss der 9. Klasse Vollzeitschulpflichtig. Danach schließt sich (jedenfalls bei uns in Bayern) die sog. Berufsschulpflicht an, der für gewöhnlich alle Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres unterliegen.
Hiervon gibt es dann allerdings anscheinend Ausnahmen, z.B. Gymnasiasten, die ja bis zum 18. Lebensjahr eine allgemeinbildende Schule und keine Berufsschule besuchen. Auch kann man z.B. ab dem 16. Lebensjahr ein Freiwilliges Soziales/Ökologisches Jahr machen, was dann anscheinend die Berufsschulpflicht außer Kraft setzt.???
Für Jugendliche, die nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht keinen Ausbildungsplatz finden, gibt es das sog. Berufsvorbereitungsjahr und das Berufsgrundschuljahr.
Das Berufsgrundschuljahr ersetzt dabei das erste Lehrjahr einer bestimmten Berufsausbildung oder eines Berufsfeldes, z.B. Holztechnik, Elektrotechnik. Dabei kann man gleichzeitig den Hauptschulabschluß und evtl. die Mittlere Reife erwerben.
Das Berufsvorbereitungsjahr dagegen ist für leistungsschwache Schüler ohne Berufsaussichten. Durch das BVJ sollen sie „berustauglich“ gemacht werden und sie können den Hauptschulabschluß nachmachen.
Ich hoffe diese Infos sind bis jetzt soweit richtig.
Jetzt habe ich jedoch folgenden persönlichen Fall:
Ein Schüler, 10. Klasse Hauptschule (Mittlere Reife Zug) möchte nach der Mittleren Reife an die Fachoberschule (Gestaltungszweig) gehen. Theoretisch ist es so, dass die Mittlere REife am M-Zug der Hauptschule und die Mittlere Reife der Realschule als gleichwertig gelten. Das ist jedoch völlig unrealistisch und gaukelt Hauptschülern eine nicht vorhandene Gleichheit der Abschlüsse vor. Denn faktisch ist es so, dass 40% der M-Zügler nicht mal die Probezeit auf der FOS schaffen, da ihnen soviel Stoff in Mathematik und den anderen Hauptfächern, z.B. Englischvokabeln fehlen.
Der Schüler, von dem ich spreche, möchte nun gerne nach der 10. Klasse Hauptschule ein „Freijahr“, „Karrenzjahr“, „Sabbatjahr“, oder wie man es auch nennen will, nehmen. Ein Jahr, in dem er sich selbständig „nachschult“, um auf den gleichen Leistungsstand wie Realschüler zu kommen. Gleichzeitig möchte er sich auch auf die Aufnahmeprüfung am Gestaltungszweig der FOS vorbereiten, durch Besuche privater Kunstkurse.
Nun ist es jedoch so, dass dem Schüler die Auskunft gegeben wurde, er sei noch berufsschulpflichtig und kann nicht so einfach daheim bleiben, um sich im „Homeschooling“ auf die FOS vorzubereiten. Wenn er keine Berufsausbildung beginnen will (was ja ein Quatsch ist, da er die Ausbildung nicht beenden, sondern ein Jahr später auf die FOS gehen möchte), müsste er entweder das Berufsgrundschuljahr oder Berufsvorbereitungsjahr besuchen. Der Junge will sich aber weder auf eine duale Berufsausbildung vorbereiten, noch ist er ein leistungsschwacher Schüler, der den Hauptschulabschluß nachmachen will. Die Zeit, die er im BGJ oder BVJ absitzen müsste, könnte er besser durch Eigenstudium zur Vorbereitung auf die FOS nutzen.
Als Alternative wurde ihm ein FSJ oder FÖJ angeboten, ihn interessiert aber eine künstlerische Tätigkeit, aber ein Freiwilliges Künstlerisches Jahr gibts ja nicht. Das einzige, was man in der Richtung finden konnte waren sog. „Jugendbauhütten“ in NRW, Hessen und anderen Bundesländern, welche sich der Denkmalpflege widmen. Inwieweit der Junge während dieses Projekts Zeit zur Vorbereitung auf die FOS hätte ist unklar und auch, ob er bei der Gelegenheit eine Kunstmappe erstellen könnte. Zudem gibt es keine Jugendbauhütten in Bayern und als 16 Jähriger auf sich allein gestellt in ein anderes Bundesland, trauen wir dem Jungen dann doch nicht zu.
Hat irgend jemand eine Idee, was es noch für Möglichkeiten für den Schüler gibt? Welche legale Möglichkeiten gibt es noch die Berufsschulpflicht außer Kraft zu setzen, ohne dass er in eine Maßnahme gesteckt wird, die nicht seinem Berufsziel entspricht und ihm wieder Zeit zum Lernen wegnehmen würde? Und warum ist nach einem Jahr Berufsvorbereitungsjahr die Berufsschulpflicht erfüllt, aber nach der 10. Klasse mit Mittlerer Reife nicht?
Nochmal Infos zu dem Schüler: Er ist 16 Jahre alt und besucht derzeit die 10. Klasse Hauptschule (Mittlere Reife Zug). Seine Noten sind bestens (z.B. Mathe und Englisch 1, Deutsch 2). Nach der Mittleren Reife will er den Gestaltungszweig der Fachoberschule besuchen. Er möchte sich jedoch ein Jahr vorher selbständig auf das Niveau der FOS und die Aufnahmeprüfung für den Gestaltungzweig vorbereiten.
Danke schon mal für Ihre Hilfe, Vorschläge und Ideen.
Gruß
Tanja
