Berufsunfähigkeit als Ingenieur

Hallo zusammen,

ich stehe kurz vor dem Abschluss meines Ingenieurstudiums (Maschinenbau) und sammle derzeitig Informationen über verschiedene finanzielle Absicherungen.

Immer wieder tritt die BU-Versicherung auf den Plan. Was das ist weiß ich. Allerdings frage ich mich, ob ich aus Sicht der Versicherung als Ingenieur (Maschinenbau) überhaupt berufsunfähig werden kann. Letzlich kann ich selbst gelähmt oder amputiert noch einer Ingenieurstätigkeit nachgehen (was ein Schlosser nicht könnte). Ob nun als Berater oder was auch immer, aber mit einem akademischen Grad ist man doch eigentlich erst berufsunfähig, wenn man geistig behindert oder liegend krank ist. Aber in diesem Moment ist man gleichzeitig auch erwerbsunfähig und die Erwerbsunfähigkeitsrente greift. Kurz: Die Grenze zwischen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit verschwimmt aus meiner Sicht total. Entsprechend frage ich mich, ob es überhaupt Sinn macht eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, wenn die Wahrscheinlichkeit, diese selbst im worst case in Anspruch nehmen zu können, sehr gering ist.

Hallo Nico,

ich habe in den letzten (fast) 20 Jahren als Berater schon eine ganze Reihe von BU-Fällen betreut. Darunter waren Klientel bedingt fast ausschließlich Akademiker, u.a. Diplomkaufleute, Steuerberater, auch viele Ingenieure.

Die Ursachen waren ganz unterschiedlich. Unfall, Schlaganfall, Herzinfarkt, zweimal Astrozytom, andere Arten von Krebs, Depressionen und im vorigen Jahr die ersten zwei Burnout-Fälle. In den meisten Fällen war das Durchsetzen der Leistung garnicht so einfach, ist meistens jedoch gelungen. Jeder dieser Fälle wäre ohne Berufsunfähigkeitsversicherung ruiniert gewesen.

Nur etwa ein Drittel der Fälle war gleichzeitig auch erwerbsunfähig. Das bringt - insbes. bei Angestellten - zusätzliche Probleme in der Altersrente mit sich.

Zum Einstieg und zur Vorbereitung auf Beratungsgespräche empfehle ich dir das aktuelle BU-Buch der Verbraucherzentrale „Berufsunfähigkeit gezielt absichern“. Die 10 Euro und 3-4 Stunden Zeit sind gut investiert. Wenn du dich gut einarbeitest, kannst du dem Berater ein paar Testfragen stellen und so herausfinden, ob er ausreichend qualifiziert ist. In BU-Sachen sind das die wenigsten.

Viel Erfolg auf deinem Weg wünscht
oscar.

Das sind doch mal Informationen mit denen ich etwas anfangen kann :wink:. Super, besten Dank dafür.

Guten Tag,

das Thema Berufsunfähigkeitsversicherung ist eines der juristisch komplexesten Themen und insofern kann ich Ihre Frage sehr wohl nachvollziehen. Ich versuche mal Sie ein wenig für das Konzept BU Versicherung zu sensibilisieren.

Die Frage die Sie stellen ist valide, doch bitte bedenken Sie auch, dass auch ein Schlaganfall, eine grosse Depression und Burn Out auch zur Berufsunfähigkeit führen kann. Und statistisch gesehen ist dieses Risiko durchaus signifikant und häufiger vertreten als man glaubt.

Ein zweiter Aspekt betrifft die Absicherung durch die Sozialsysteme. Ich kenne Ihre Vitae nicht und unterstelle mal einen klassischen Verlauf Abitur-Wehrdienst-Studium. Bei einem solchen Verlauf haben Sie noch nicht 5 Jahre in die Sozialsysteme eingezahlt, als dass Sie einen umfassenden Schutz im Sinne einer EWR verfügen. Bei einer BU kurz nach dem Studium wären SIe auf die eigenen finanziellen Reserven angewiesen. Reichen diese nicht aus, so könnte die Grundsicherung greifen, jedoch würden ggfs auch Ihre Eltern in Regress genommen werden.

Die Thematik EWR ist nicht so üppig ausgestaltet, wie man es sich wünscht. Es ist entweder der volle oder hälftige Betrag dessen, was Sie an DRV an Ansprüchen aufgebaut haben. Das dürfte grade zu Beginn der beruflichen Tätigkeit keine grossen Beträge sein. Detailinformationen zum Thema EWR finden Sie auf den Seiten der deutschen Rentenversicherung.

Nun zu einem wichtigen Verständnisthema. Das Thema Berufsunfähig im Sinn der Versicherung ist im § 172 VVG definiert und hebt nicht auf den erlernten „Beruf“ ab, sonder eher auf den ausgeübten Beruf bzw. auf die Lebensstellung und die damit verbundenen finanziellen Verhältnisse. Auf diese wird schlussendlich abgehoben. Sicherlich qualifiziert Sie Ihre Ausbildung zu einem breiten Einsatzspektrum, ob jedoch die alternative Tätigkeit auch mit dem gleichen finanziellen Rahmen ausgestattet ist, ist fraglich. Und genau darum geht es. Wenn Sie beispielsweise einen Beruf ausüben, der (fiktives Beispiel) mit 6.000 € pro Monat abgesichert ist und der Fall der Fälle tritt ein und glücklicherweise finden Sie eine erneute Tätigkeit, die jedoch nur halb so gut dotiert ist, dann wären Sie sicherlich dankbar, wenn für die restliche Lücke eine Absicherung bestehen würde.

Im Kern geht es genau darum dieses auszugestalten. Ich hoffe, dass Sie niemals im Leben an den Punkt kommen eine BU Versicherung in Anspruch nehmen zu müssen, hoffe jedoch auch, dass Sie sich so umfassend und im Detail informieren und beraten lassen, dass Sie unter Kenntnis des Konzeptes eine für Sie wichtige Entscheidung treffen können. Und ich denke, darum würde es in einem ersten Schritt der Beratung gehen, statt der Auswahl des geeigneten Produktes, denn das ist Schritt 2.

Gerne würde ich Sie bei diesem Prozeß begleiten, denn ich habe mir als Diplom Kaufmann zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit vor Jahren ähnliche Fragen gestellt und sehe aktiv bei meinen Kindern, die nun in einer vergleichbaren Situation sind, welche Fragen rund um den eigenen Lebensentwurf sich ergeben. Sehr positiv und verantwortungsvoll finde ich persönlich, dass Sie sich aktiv mit der Frage auseinandersetzten, denn aktuell haben nach den letzten Erhebungen nur 12 % der erwerbsfähigen Bevölkerung eine ausreichende Absicherung gegen biometrische Risiken. Sollten Sie an einem weiterführenden Dialog zu der Thematik „Rissikoabsicherung“ Interesse haben, so können Sie meine Kontaktdaten dem Profil entnehmen. Ich würde mich sehr freuen, wen wir den Dialog vertiefen könnten.
Mit freundlichem Gruß
Christian Müller

Hallo,

zunächst einmal zum Thema Erwerbsminderung:

Wenn Sie vollständig erwerbsgemindert sind (nicht mehr als drei Stunden am Tag irgendeine berufliche Tätigkeit ausüben können) und mindesten 60 Monate in der GRV versichert waren, dann erhalten Sie eine Erwerbsminderungsrente. Diese Rente entspricht niemals auch nur annähernd Ihrem Einkommen aus beruflicher Tätigkeit. Hier droht also eine gefährliche Lücke.

Nun zum Thema BU:

Ein guter BU-Versicherer prüft, ob Sie Ihren zuletzt ausgeübten Beruf weiterhin uneingeschränkt zu mindestens 50% ausüben können. Bei Selbstständigem sieht die Prüfung etwas anders aus (betriebliche Umorganisation). Sie müssen also nicht als beratender Ingenieur tätig werden, wenn Sie vor Eintritt der BU planerisch tätig waren.

Natürlich könnten Sie da ggf. tun. Voraussetzung ist natürlich, dass Sie eine neue Stelle finden bzw. als Selbstständiger die entsprechende Kundschaft…

Auch eine schwere Erkrankung kann Sie aus der beruflichen Bahn werfen. Und das Risiko durch einen Unfall BU zu werden ist auch existent.

Insbesondere psychosomatische Erkrankungen befinden sich auf dem Vormarsch. Und da sind Sie wiederum - rein statistisch - einem höheren Risiko ausgesetzt, als ein Handwerker.

Sie sollten den Abschluss einer BU-Versicherung auf jeden Fall angehen.

Beste Grüße

Thomas Kliem
www.ihr-fachmakler.de

Danke für die guten und schnellen Antworten. Für mich steht nun fest, dass ich eine BU-Versicherung abschließend werde. Da es mit dem Geld während des Studiums recht knapp aussieht frage ich mich aber, ob es reicht, diese zu Berufsbeginn abzuschließen, oder ob die Vorteile seinen Gesundheitszustand während des Studiums einzufrieren überwiegen.

Hallo,

wirklich gute BU-Versicherer räumen Ihnen die Möglichkeit ein, zunächst einmal nur eine relativ geringe BU-Rente zu versichern (um Kosten zu sparen) und innerhalb von fünf Jahren (max. bis zum 35. LJ) ohne erneute Gesundheitsprüfung bis zu einer Monatsrente von 2.500 EUR zu erhöhen.

Zurückhaltend wäre ich allerdings bei Angeboten mit reduziertem Anfangsbeitrag.

Da erhöht sich der Beitrag später überproportional.

Beste Grüße

Thomas Kliem
www.ihr-fachmakler.de