Hallo Fenja,
Kangals wie auch andere HSH sind hinsichtlich Auslastung und Beschäftigung nicht mit anderen Hunderassen zu vergleichen. Ohne Frage sind sie natürlich an der Herde am besten aufgehoben, möglichst noch wie in ihrem Ursprungsland mit der Möglichkeit, über viele km² auch selbständig jagen gehen zu können. Da wir das hier in der Regel nicht bieten können, zurück zum hiesigen Beschäftigungskompromiss: wenn HSH sich zwei-, dreimal mit einem Ball abgeben wollen, tun sie es, wenn nicht dann nicht. Das gleiche gilt für alle anderen Arbeiten.
Das bedeutet nicht, dass man mit HSH nichts üben kann und sollte, im Gegenteil! Es bedeutet nur, dass sehr, sehr viel mehr Geduld vonnöten ist und nichts erzwungen werden kann.
Achtung beim Kangal: ein Kangal ist in der Regel auch ein ausgesprochener Jäger. Es ist also wichtig, rechtzeitig ins Antijagdtraining einzusteigen, um überhaupt die Chance zu haben, die jagdlichen Ambitionen in geordnete Bahnen zu lenken.
Genauso sollte frühzeitig der Umgang mit Besuchern geübt werden, feste Rituale können helfen.
In meinen Augen sinnvolle Literatur zu HSH im Allgemeinen aber auch Kangals im Besonderen ist Thomas Achim Schoke, Herdenschutzhunde ISBN3936188084
Meine persönliche Erfahrung hinsichtlich Auslastung bei meiner Kangalhündin ist, sie ist ein nur schwer auszulastendes Ausdauerpaket. Dazu muss ich sagen, sie wurde mir damals ahnungslosen Ersthundebesitzerin als Goldie-Mix vermittelt, und ich hatte nie die Gegebenheiten (viel sicher eingezäunten Grund plus Herde), um einem Kangal im ursprünglichen Sinne ansatzweise gerecht werden zu können. Wir haben uns damit arrangiert, unternehmen stattdessen viel und leben (zusammen mit den anderen zwei Hunden) sehr glücklich miteinander.
Zur Beschäftigung: nach 20km am Rad sieht sie mich freundlich an und fragt „so, und jetzt?“. Es ist selten vorherzusehen, welche Aufgaben ihr in bestimmten Momenten am meisten Spaß machen. Ich erarbeite mit ihr Teile von Dummytraining, Fährtenarbeit, Wasserarbeit, eben alles in HSH-Manier mit viel Geduld und ohne die Erwartung, aus ihr einen in Border-Collie-Manier arbeitenden Obedience-Profi zu machen. Insgesamt muss ich sagen, es lohnt sich. Was ihr auch gefällt, ist recht simpel auf einem Hügel zu sitzen (Hügel ist wichtig, erhöht sitzen) und die Umgebung zu beobachten. Das kann ich allerdings nur angeleint mit ihr machen, es ist für sie überhaupt kein Problem, ein Kaninchen auf dem Feld in 1km Entfernung auszumachen, und sie würde es jagen.
Ein HSH ist in meinen Augen eine Aufgabe für sich, die sich aber ohne Frage auch sehr lohnen kann, wenn man den Charakter dieser Hunde liebt und zu schätzen weiß.
Viele Grüße,
Anna