Hallo ihr Astro-Spezialisten
Mittels Messungen an Supernovae soll eine beschleunigte Expansion des Universums festgestellt worden sein.
Wie bzw. was wird denn da eigentlich gemessen, und wie komm ich dann auf beschleunigte Expansion?
Ratz
Hallo ihr Astro-Spezialisten
Mittels Messungen an Supernovae soll eine beschleunigte Expansion des Universums festgestellt worden sein.
Wie bzw. was wird denn da eigentlich gemessen, und wie komm ich dann auf beschleunigte Expansion?
Ratz
Hi!
Das hängt mit dem Wellencharakter des Lichtes zusammen. Licht verhält sich ja wie eine Welle. Stell dir mal vor du hast vor dir einen Wellenereger, der ständig im Wasser Wellen erzeugt und stell dir vor du würdest die Länge dieser Wellen messen können. Wenn du dich jetzt - während Wellen erzeugt werden - von dem Ereger entfernen würdest, würdest du deine Messungen sabotieren denn die Wellen würden länger werden. Stell dir z.B. vor du bewegst dich mit 1/2 der Wellenausbreitungsgeschwindigkeit v von ihnen weg. Ist doch klar das du jetzt den Eindruck bekommst, die Wellen wären länger, denn die Zeit, die vergeht, bis du nach dem Beginn einer neuen Schwingung auf ihr Ende triffst, verdoppelt sich. Du mißt also auf einmal die doppelte Wellenlänge.
Bei Licht ist das genauso: Die Farbe von Licht hängt von der Wellenlänge ab. Und zwar ist der Zusammenhang folgender: Du kannst Lichtwellen mit einer Wellenlänge von 300 bis 800 nm ( Nanometer = milliardstel Meter ) sehen. bei 800 nm erscheint dir das Licht rot, bei 300 nm erscheint es dir violett. Lichtwellen außerhalb dieses Bereiches sind unsichtbar für das menschliche Auge. Wenn nun der Raum expandiert ist es mit dem Licht genauso wie bei dir wenn du vor dem Wellenerreger fliehst: Du siehst das Licht in die Länge gezogen - die Wellenlänge wird größer. So kommt es, dass das Licht von entfernten Supernovae „rotverschoben“ ist. Weil das Licht der normalen Wellen gedehnt wird, sind sie, wenn sie hier ankommen, entweder schon unsichtbar, oder sind gerade noch so groß das sie als rotes Licht erscheinen ( rund 800 nm ). So stellt man prinzipiell die Expansion fest. Wenn du jetzt das Licht von sehr sehr weit entfernten Supernovae untersuchst und feststellst, dass das Licht umso gedehnter ist, je weiter sie entfernt sind, kannst du davon ausgehen, dass eine beschleunigte Expansion vorliegt.
Man verwendet das Licht von weit ( wirklich weit! ) entfernten Supernovae für diese Untersuchung, weil es die einzigen Lichtquellen aus so großer Entfernung sind, die relativ häufig auftreten und stark genug sind, um beobachtet zu werden. Man muß Quellen aus so großer Entfernung betrachten, weil die beschleunigte Expansion auf kurze Distanz nicht auffällt. Die Expansion ist momentan noch so schwach, dass relativ nahe gelegene Quellen für diese Untersuchung nicht in Frage kommen ( z.B. bewegt sich Andromeda auf uns zu ), da die lokalen Kräfte dann die Quintessenz übertrumpfen.
Florian
Hallo Ratz!
Dazu ein Artikel aus wissenschaft-online:
http://www.wissenschaft-online.de/abo/ticker/341684
Der Knall wird immer schneller [03.11.1998]
Das Universum entstand in einer gewaltigen Explosion - dem Urknall - und dehnt sich seitdem aus. Bis vor kurzem war umstritten, ob diese Expansion ewig andauert oder ob sie irgendwann aufhört und das Weltall sich vielleicht sogar unter der eigenen Schwerkraft wieder zusammenzieht. Mittlerweile gehen Wissenschaftler davon aus, daß unser Universum stetig größer und größer wird. Mehr noch: Neuen Untersuchungen zufolge dehnt es sich immer schneller aus.
Bereits Anfang des Jahres hat die Arbeitsgruppe um Saul Perlmutter vom Lawrence Berkeley National Laboratory vorläufige Hinweise gefunden, daß die Expansion des Universums an Geschwindigkeit zunimmt. Sie schlossen dies aus den Spektren von 42 Typ Ia-Supernoven - Explosionen im Weltraum, bei denen ein sterbender Weißer Zwerg zu viel Gas von einem benachbarten Roten Riesen abzieht. Dieses löst eine thermonukleare Explosion aus, die den Weißen Zwerg auseinanderreißt.
In den letzten Monaten haben die Wissenschaftler ihre Ergebnisse nochmals kritisch überprüft, aber „wir haben keine systematischen Fehler gefunden, mit denen sich erklären ließe, warum es wie ein beschleunigtes Universum aussieht“, sagte Perlmutter am 29. Oktober 1998 auf einem Workshop zu Typ Ia-Supernoven an der University of Chicago. Auch Alex Fillipenko von der University of California in Berkeley kam nach seiner Untersuchung von 16 Supernoven zu dem Schluß, daß die Ausdehnungsgeschwindigkeit größer wird.
Supernoven vom Typ Ia sind in etwa alle gleich hell. Diesen Umstand nutzen die Astronomen, um die Expansion des Universums zu messen. Sie nehmen die Helligkeit und die Rotverschiebung des Lichtes auf. Letztere entsteht dadurch, daß der Abstand zwischen den Wellenbergen und -tälern der elektromagnetischen Lichtwelle größer wird, wenn sich das Weltall samt der darin enthaltenen Lichtstrahlen ausdehnt. Größere Abstände bedeuten größere Wellenlänge und somit „roteres“ Licht. Der Effekt ist im täglichen Leben nicht wahrnehmbar, wird aber bedeutsam, wenn das Licht große Entfernungen zurücklegen muß. Aus dem Maß der Rotverschiebung läßt sich ersehen, vor wie langer Zeit das jetzt auf der Erde eintreffende Licht von einer Supernova ausgesandt wurde. Die entferntesten Sternexplosionen, welche die Astronomen untersucht haben, fanden zu einer Zeit statt, als das Universum erst halb so alt wie heute war.
Wenn die Expansion des Universums immer schneller voranschreitet, müßte der Ort einer Supernova mit bekannter Rotverschiebung weiter entfernt sein als bislang angenommen. Dadurch würde sie zugleich weniger hell erscheinen. Genau das haben die beiden Wissenschaftlerteams beobachtet. Die von ihnen vermessenen Supernoven sind um 15 Prozent schwächer als sie nach dem Standardmodell ohne beschleunigte Expansion sein müßten. Da die Gravitation stets in Richtung einer verlangsamten Ausdehnung wirkt, werden sich die Theoretiker wohl nun mit der Existenz einer antigravitatorischen Kraft oder anderer exotischer Energiequellen auseinandersetzen müssen.
Doch einige Astronomen stehen den Daten kritisch gegenüber. Sie führen an, daß auch feiner Staub, der mehr blaues als rotes Licht absorbiert, die Werte erklären könnte. Außerdem wäre es möglich, daß in der fernen Vergangenheit die Supernoven gar nicht so hell waren wie in jüngerer Zeit. Perlmutter berichtete jedoch, daß er eine zusätzliche Analyse vorgenommen hat, in welcher die am stärksten rotverschobenen Supernoven unberücksichtigt blieben. Dennoch lieferte das Szenario eines immer schneller expandierenden Universums die beste Erklärung.
Obwohl überall im Weltall Staub vorkommen sollte, hat die Gruppe von Filippenko festgestellt, daß einige entfernte Supernoven weniger rot erschienen als relativ nahe Sternexplosionen. Diese überraschende Beobachtung könnte nach Meinung der Kritiker auf größere Staubpartikel zurückzuführen sein, die alle Wellenlängen des Lichtes gleich gut absorbieren und so ein schwächeres Leuchten der Supernoven vortäuschen.
„Ich bin langsam so weit, den beiden Teams zu glauben“, sagt Jeremiah P. Ostriker von der Princeton University. „In noch einem Jahr werden wir mehr wissen, aber sie sind ein gutes Stück vorangekommen im letzten Jahr.“
© Spektrum der Wissenschaft
Inzwischen (der Artikel stammt vom 03.11.1998) haben weitere Beobachtungen und andere Messungen (z.B. die Messung der kosmischen Hintergrundstrahlung mit der Weltraumsonde WMAP) die beschleunigte Expansion bestätigt.
mfg
Christof
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