Beschleunigte Lebensdauerprüfung - Raffung

Hallo,

wird für eine beschleunigte Lebensdauerprüfung eine Raffung angewandt, so werden die Ausfallverteilungen der Tests in einem Weibull-Netz angezeigt und der Formfaktor b der Tests mit unterschiedlichen Belastungen verglichen. Solange der Formfaktor b sich nicht signifikant ändert, ist der Fehlermechanismus bei den Tests mit unterschiedlichen Belastungen gleich. Die ist Voraussetzung, um einengültigen Raffungsfaktor zu ermitteln. Ändert sich Formfaktor b signifikant, so hat sich auch der Fehlermechanismus geändert und der Raffungsfaktor kann nicht ermittelt werden.
Frage: wie erkenne ich, daß sich der Formfaktor b signifikant geändert hat? Wie stark darf der Formfaktor b der einzelnen Ausfallverteilungen variieren, daß der Raffungsfaktor noch gültig ist?

Danke im voraus und Grüße!
Udo

Hi Udo,

das kommt auf die Verteilung der Parameter, konkret b, an, die man aber nicht kennt. I.a. verwendet man toleranzlimits und cp bzw cpk indizes für eine Prozesskontrolle, deren Grenzen bekannt sind.
wenn das nicht gewünscht ist, musst du versuchen, aus den Daten die Verteilung von b zu schätzen ([parametric] Bootstrap) und diese zu verwenden, um Unterschiede zwischen zwei Rafferversuchslinien zu testen. Alterbativ könntest du auch einen Kolmogorov-smirnov-test für die b Werte verwenden. Mehr power hat aber vermutlich der Bootstrap.

Wie weit die b variieren dürfen, damit der Raffungsfaktor noch valide ist müsste man genauer untersuchen - sicher gibt es da aber in deinem Bereich Erfahrungswerte.

Grüße,
JPL

Hallo JPL,

Doch, b kenne ich. Habe ich mittels Visual-XSel 11.0 ermittelt (http://www.crgraph.de/):

b bei Test 1 (normale Belastung) = 7,04; charakteristische Lebensdauer T1=54,36
b bei Test 2 (Belastungssteigerung um 100%) = 6,86; charakteristische Lebensdauer T2=14,97
b bei Test 3 (Belastungssteigerung um 400%) = 0,84; charakteristische Lebensdauer T3=2,07

Daraus schließe ich folgendes:

  1. Fehlermechanismus zwischen Test 1 und 2 gleich. Raffungsfaktor ist (noch) gültig. Raffungsfaktor RF bei Belastungssteigerung um 100%:
    RF(100%) = T1/T2 = 54,36/14,97 = 3,63
  2. Fehlermechanismus zwischen Test 2 und 3 hat sich signifikant verändert. Raffungsfaktor ist ungültig. Raffungsfaktor RF bei Belastungssteigerung um 400% wäre:
    RF(400%) = T2/T3 = 14,97/2,07 = 7,23

Zum beschleunigen des Lebensdauertests kann ich demnach die Belastung nur um 100% steigern und mit Hilfe des Raffungsfaktors RF(100%)=3,63 die Lebensdauer bei normaler Belastung berechnen.

Beispiel:
Lebensdauer bei Belastungssteigerung um 100%: 150.000 Zyklen
Lebensdauer bei normaler Belastung: 150.000 Zyklen x 3,63 = 544.500 Zyklen

Erfahrungswerte wie weit b variieren darf, habe ich nicht. Und genau das ist mein Problem. Wie ermittle ich die maximal zulässige Variation von b, bei der der Raffungsfaktor noch gültig ist?

Grüße vom Bodensee!
Udo