Hallo!
„Beten“ ist etymologisch wohl mit „bitten“ verbunden, was aber nicht heißt, daß „beten“ nur im engen Sinne von „bitten“ zu verstehen ist.
Nach dem christlichen Selbstverständnis ist das Gebet menschliches Reden zu Gott: In der Vielfalt seiner Formen (als Klage, Bitte, Fürbitte, Dank und Lob) ist das Gebet Ausdruck dessen, was den Menschen vor Gott bewegt und ist zugleich die ihm geschenkte Teilhabe an der Wirklichkeit Gottes. Das Gebet geschieht also für den Christen quasi in einem „guten“ Zirkel: Man betet unter der Voraussetzung, daß Gott den Menschen schon gehört hat und ihm liebend entgegen tritt. Gott wird dabei nicht als „der da oben“ vorgestellt, sondern (frei nach Augustin und Luther): „Gott ist mir näher als ich mir selber“.
Wenn man religionsphänomenologisch das Typische in den verschiedenen Religionen betrachtet, kann man wohl sagen, daß das Gebet ein Grundphänomen der menschlichen Religiosität ist. Das Beten reflektiert das Verhältnis des Menschen zum Etwas, das ihn „unbedingt angeht“.
Im Falle von Buddhismus entsteht natürlich die Frage, ob das Wort „Gebet“ ohne die Vorstellung eines persönlichen Gottes bzw. eines persönlichen Verhältnisses zum „Absoluten“ einen Sinn macht. Vielleicht sollte man eher von Meditation sprechen? Von etwas, was nur „im“ Menschen abspielt und keinen dialogischen Charakter hat?
Wenn man von einigen Formen des Volks-Buddhismus Südost- Zentral- und Ostasiens absieht, dann kennt Buddhismus (der ursprüngliche und Zen) in der Tat keinen personalen Gott. Einige Forscher haben aber m.W. vermutet, daß man im Zen dennoch einen persönlichen Verhältnis zum Absoluten kennt. Dann könnte das Gebet in irgendwelcher Form ja im Zen seinen Platz haben. Es ist aber schwer hier zu beurteilen, weil die Aussagen des Christentums und des Buddhismus über Personsein und Personalität m.W. strukturell verschieden sind.
Dalai Lama: „Alle Religionen akzeptieren, daß es eine andere Kraft jenseits der Reichweite unserer gewöhnlichen Sinne gibt. Wenn wir gemeinsam beten, empfinde ich etwas – und ich weiß nicht, wie die genaue Bezeichnung wäre, ob man es Segen oder Gnade nennen sollte…“.
Lesetip: Michale von Brück und Whalen Lai, Buddhismus und Christentum, Geschichte, Konfrontation, Dialog, München 1997
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Gruß,
JC