Hallo WoDi
Mag alles sein, aber wie du selbst beschreibst, muss dafür
eine entweder körperliche oder zumindest audiovisuelle Nähe
vorhanden sein.
Das habe ich so nicht gemeint; es ist zwar die Regel, aber man kann auch über Dritte kommunizieren, ja sogar via Dinge und Tiere, und zwar in mancherlei Weise - und möglicherweise über alles. Ich habe es nicht erwähnt, weil es dabei nicht um die Frage geht, ob das Gebet wirkt, sondern wie es sich mitteilt. Aber diese Frage gehört natürlich auch in unseren Zusammenhang.
Religiosität hat damit gar nichts zu tun, ist also in dem
Beispiel entbehrlich.
Das ist eine Behauptung ohne Begründung. Ich meinerseits habe oben genügend beschrieben, dass man seinen Willen festigen und sich üben muss. Das aber geschieht zuallermeist im Gebet oder der Betrachtung.
Wie sollte so etwas unfreiwillig gehen?
Durch falsche Erziehung zum Sich-selber-Demütigen (was den Religionen mit ihrer moralischen Strenge zur Genüge vorgeworfen wird), durch einen Auftrag, der ausgeführt werden muss (was jeder Krankenschwester passieren kann, wenn sie ihre Arbeit einmal widerwillig tut) oder durch einen an sich starken Willen, der mein eigenes Inneres aber nur in Teilen erreicht, etwa wenn ich lieber mein Blättchen lesen möchte als einem Patienten zuzuhören, obschon ich weiss, dass Letzteres gerade nötig und besser ist. Das gilt auch beim Beten, man kann auch da Gefahr laufen, unkonzentriert oder gar lustlos zu sein, aber man nimmt sich da Zeit für Gott und sich selber.
Es gibt keine erzwungene Zuneigung.
Dann aber doch eine schwer errungene. Ich kann mich selber zwingen (vielleicht ein etwas starkes Wort), jemandem treu zu sein oder mich zwingen lassen, etwas von seiner guten Seite anzuschauen. Daraus kann langfristig neues Empfinden meinerseits resultieren. Solches Ringen um Zuneigung kann sogar ein Mittel sein, welches durch den Zweck gerechtfertigt ist. Die Liebe oder Zuneigung, die ich mir abringen möchte, ist aber noch lange nicht stark genug, um wirklich echt oder nachhaltig zu sein. Dazu bedarf es längerer Übung, und ich meine eben, dass das Gebet dabei die schonendste, den Betenden am wenigsten überfordernde und auch erfolgreichste, vielleicht einzig ergiebige, Methode ist. Es bezieht die widerstrebenden Bedürfnisse aufeinander und auf ein Ganzes hin. Daher meinte ich:
Die
Zuneigung muss echt sein, der Betende muss also so vertieft
und gefestigt in seinem Willen sein, durch Übung oder
Überzeugung, dass wirklich nachhaltig Hoffnung vermittelt
werden kann.
Du hängst das alles wieder mal viel zu hoch. Oder testest du
nur wieder eine der nächsten Predigten an mir? Falls ja,
müsste wir bald mal über einen angemessen Anteil deines
Honorars verhandeln.
Übung macht den Meister, beim Beten, beim Predigen, beim Zuhören, bisweilen sogar in der Liebe.
Manche wagen es, etwas aus Liebe zu tun. Dabei sind sowohl Leute, die an eine Fremderlösung, als auch Leute, die an eine Selbsterlösung glauben. Aber die ersteren sind meiner Beobachtung nach häufiger als die anderen anzutreffen in tätiger Liebe, bei den Leidenden. Darum zeigt sich in ihrem Verhalten wohl eine innere Kraft, aus der sie schöpfen, und die mehr ist, als was aus ihrem Bewusstsein kommt, da sie etwas miteinbeziehen, das sie nicht im Griff zu haben glauben - komme es nun aus Gott oder aus dem Menschen selbst.
Sodann steht die Psychologie vor der Schwierigkeit, woher denn
diese Energie beim Betenden kommt.
Die Energiequelle könnte die Liebe sein.
Natürlich! Endlich ein Wort. Die Liebe muss aber gepflegt werden bzw. kann gepflegt werden. Wir können, um Gutes zu tun, nicht die ganze Welt davon abhängig machen, ob da oder dort in uns gerade ein wenig spontane Liebe ist! Wir müssen allerwenigstens unser Mitleid ummünzen lernen in eine Liebe, die mit sich im Reinen ist und etwa auf Patienten wirken kann. Wir tun aber auch gut daran, mehr als unser eigenes Mitleid so in Liebe zu verwandeln, indem wir uns von einer Liebe tragen lassen, die grösser ist als unsere eigene bzw. von der wir annehmen, dass sie grösser ist; wir sollen bereit sein, zuzugestehen, dass eine allfällige Heilung nicht aus uns, sondern bestenfalls durch unsere Vermittlung geschieht, und wir sollen sie getrost zulassen.
Oder meinst Du, der Mensch habe alles im Griff?
Und nun singen wir gemeinsam Lied … Strophen 1-3. 
Wir machen unser Kreuz und Leid nur grösser durch die Traurigkeit.
So heißt es doch immer am Ende der Predigt, oder?
Danke fürs Lesen.