Hi,
wenn ich sage, ich bete, greifen sich manche, sie denken ich merke nichts, rhetorisch an den Kopf und kommt das Thema auf Meditieren,
drängt sich mir der Eindruck auf, daß dieselben Leute in Begeisterung verfallen, als wenn sie das Meditieren anbeten würden?
Wie kommt eine solche Zwiespältigkeit der VerhaltensWeise zustande? Ist doch Beten im KernBereich Meditieren und ich freue mich, Erfahrungen, die ich beim Beten und durch Beten gemacht, auch in den Medien Bestätigung bekommen, allerdings unter dem Thema Meditation, das mit modernen Geräten elektronischer Überwachung z.B. der HirnStröme untersucht, nunmehr wissenschaftlich einverleibt und meines Erachtens in nicht zulässiger Weise der Religion und dem Beten entgegen gehalten ist.
liebe Grüße
chris
Hi
Beten und Meditation sind sich ja nicht unähnlich.
Der heutzutage für viele Leute wichtige Faktor ist wohl, dass man sehr wohl auch ohne Religion meditieren kann.
Aber wen willst du ohne Religion anbeten? Dich selbst? Nun, ich kenne Leute die das tun, aber meistens eher sehr unbedächtig…
Meditation ist relativ unabhängig, sie wurde auch von den antiken Konfuzianern praktiziert, obwohl diese jeden Gottesglauben ablehnen.
Bei beiden Dingen geht es um das Fokussieren, auch wenn es das Fokussieren des Nichts sein kann. Aber beim Beten muss halt irgendwie ein „Ansprechpartner“ da sein.
Nur welcher? Und gibt es ihn überhaupt? Da scheiden sich die Geister.
In meiner Glaubensfindungsphase habe ich auch mit dem „Neuheidentum“ und der Hexerei herumgespielt. Dabei habe ich mich bei der Analogiemagie (auch Magie ist Glaubenssache) viel wohler gefühlt als mit so manchen „Zauberbüchern“ in denen diverse Götter (oft konträrer Regionen) angerufen wurden. Warum sollte ich anfangen an Artemis und Co. zu glauben?
Wenn also jemand ein bestimmtes Ziel erreichen möchte, dass durch Gebet oder Meditation erreichbar ist, wird sich ein nicht-gläubiger Mensch eher für letzteres entscheiden.
Kurz gesagt, Meditation ist besser vermarktbar als Gebete. Wie bei Getreide- einige Sorten wachsen nur in warmen und feuchten Gebieten, andere überall.
lg
Kate
Moin,
Wie kommt eine solche Zwiespältigkeit der VerhaltensWeise
zustande? Ist doch Beten im KernBereich Meditieren
Nein. Beten ist nicht im Kernbereich Meditieren. Ein Gebet richtet sich immer an irgendwen, aber im Allgemeinen nicht an einen selbst. Meditation hingegen ist die Beschäftigung mit dem eigenen Geist.
Man könnte auch sagen, Beten ist eine Tätigkeit, die nach außen gerichtet ist, und Meditation eine Tätigkeit, die nach innen gerichtet ist.
Dies erklärt auch vielleicht einen Teil der unterschiedlichen Akzeptanz. Beten setzt voraus, dass da irgend etwas oder jemand ist, an den man ein Gebet richten kann. Diese Glaube wird aber nunmal längst nicht von allen geteilt. Die meisten Menschen gehen aber davon aus, dass sie einen Geist haben 
und ich
freue mich, Erfahrungen, die ich beim Beten und durch Beten
gemacht, auch in den Medien Bestätigung bekommen, allerdings
unter dem Thema Meditation, das mit modernen Geräten
elektronischer Überwachung z.B. der HirnStröme untersucht,
Was in den Medien so geredet wird, muss nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen, und dein subjektive Empfinden ist eben doch etwas anderes als etwas, das durch wissenschaftliche Methoden nachgewiesen wird. Dein Vergleich ist in sofern unbrauchbar, da hier ganz unterschiedliche Ebenen angesprochen werden.
nunmehr wissenschaftlich einverleibt und meines Erachtens in
nicht zulässiger Weise der Religion und dem Beten entgegen
gehalten ist.
Und was wäre das in diesem Zusammenhang konkret, was hier „der Religion und dem Beten“ entgegen gehalten wird? Nenn doch mal ein paar Beispiele.
Es tut mir ja sehr leid, dass du wenig gute Erfahrungen in deiner Umgebung beim Thema „Beten“ gemacht hast. Aber der Versuch, das nun einfach als Meditation zu bezeichnen um besser „anzukommen“ wird spätestens in dem Moment scheitern, wenn du auf jemanden triffst, der tatsächlich meditiert.
Wenn du also merkst, dass dein Beten nicht so gut ankommt, dann mach es doch einfach für dich. Muss ja nicht jeder mitbekommen.
Gruß
Marion
Zum Begriff ‚Meditation‘
Moinmoin,
ergänzend - es gibt schon gewisse Berührungspunkte etwa zwischen der Technik des sog. Jesusgebets und Mantratechnik oder insbesondere dem Nienfo / Nembutsu. Es ist allerdings einerseits strittig, ob es gerechtfertigt ist, Mantrarezitation und Nienfo / Nembutsu mit unter Meditation zu subsumieren - und zweitens lässt Chris auch nicht erkennen, dass er mit ‚Beten‘ etwas in der Art des Jesusgebets (oder ‚Herzensgebet‘) gemeint hat.
Generell ist zu beachten, dass ‚Meditation‘ ein Begriff der europäischen Geistesgeschichte ist, auch wenn er heute in erster Linie als Bezeichnung von Formen spiritueller Praxis indischen Ursprungs verstanden wird - d.h. nicht im Sinne des benediktinischen ‚Dreischritts‘ lectio – meditatio – oratio oder gar im Sinne Descartes’ oder Kants. Schon dies - die Übertragung dieses Begriffs auf einen anderen Gegenstand - bedingt eine begriffliche Unschärfe.
Das Problem dabei ist überdies, dass ‚Meditation‘ - auf die ‚exotischen‘ Formen der Geistesschulung angewandt - sehr undifferenziert verstanden und verwendet wird. Indische und auf ihnen basierende fernöstliche (vorwiegend buddhistische) religiöse Traditionen haben hier ein sehr viel differenzierteres Begriffsinstrumentarium. Zunächst (und dies ist ganz wesentlich) wird deutlich unterschieden zwischen Techniken spritueller Praxis (‚meditieren‘) und den Geisteszuständen, die mittels dieser Techniken hervorgerufen werden (‚Meditation‘). Verschiedene Techniken können durchaus dieselben Geisteszustände bedingen - welche die geeignetere ist, entscheidet jeweils die persönliche Disposition des Übenden.
Bei den Techniken gibt es eine nahezu unübersehbare Vielfalt, die sich in ihren Vorgehensweisen z.T. so stark unterscheiden, dass eine Zusammenfassung unter dem westlichen Begriff ‚meditieren‘ streng genommen keinen Sinn macht. Japanisches Nembutsu und christlich-orthodoxes Jesusgebet mögen miteinander verwandt sein - der Unterschied zum japanischen Shikantaza oder tibetischen Dzogchen hingegen ist kaum überbrückbar. In der buddhistischen Tradition wird zumindest grob zwischen Shamatha- und Vipashyana-Techniken differenziert, hinzu kommen als eigene Klasse noch Sati-Techniken (im Westen gerne als ‚Achtsamkeits-Meditation‘ verkauft). Natürlich gibt es Ansätze, die diese Techniken verbinden (etwa das Zhiguan / Shikan des Tientai / Tendai-Buddhismus), aber auch Ansätze, deren Vertreter nach ihrem Selbstverständnis völlig außerhalb dieser Klassifizierung stehen (insbesondere das Zuochan / Zazen des Chan- / Zen-Buddhismus).
In ähnlicher Weise macht es aus Sicht des Praktizierenden auch keinen Sinn, die sog. ‚meditativen Geisteszustände‘ schlicht über einen Kamm zu scheren. Es liegt in der Natur der Sache, dass es sehr schwierig ist, Außenstehenden hier die Erfahrungen durch Beschreibungen zu vermitteln - man stelle sich vor, man wolle einem von Geburt an Blinden einen Sonnenuntergang beschreiben. Die Bedeutung bestimmter, immer wieder verwendeter Begriffe ist hier auch in den indischen und indischstämmigen Traditionen nicht konsistent, sie variiert mehr oder weniger geringfügig je nach der speziellen Schulrichtung, die sie verwendet.
Verhältnismäßig einfach nachvollziehbar ist die Systematik im Yoga nach Patanjalis Yoga-Sutra, da hier die verschiedenen ‚meditativen‘ Geisteszustände hierarchisch aufeinander aufbauen: Dharana - Dhyana - Samadhi. Im Theravada-Buddhismus hingegen ist die Geisteschulung in Dhyana- oder konzentrativen Zuständen (die hier acht hierarchische ‚Stufen‘ kennt) eine selbständige Übung; Dhyana (vor allem mittels der Kasina-Technik) kann jedoch (in weniger vertiefter Form) auch in Verbindung mit Satipatthana eine Propädeutik für die Schulung in Vipassana sein. Der Mahayana-Buddhismus wiederum kennt eine Vielzahl verschiedener, nicht-hierarchischer Samadhis (absorptive Zustände); das Astasahasrika Prajnaparamita Sutra beispielsweise listet 61 verschiedene Samadhis.
Aus dem Vorstehenden sollte deutlich geworden sein, dass der abendländische Begriff ‚Meditation‘ in seiner Pauschalität diesem Reichtum von Spezifizierungen in keinster Weise gerecht werden kann.
Freundliche Grüße,
Ralf
Hi pendragon,
Du bestätigst im Kern, was ich meine, Aversion gegen Beten und Meditieren als Jagdtrophäe der Wissenschaft. Denken wir mal an das Gebet von Christus: nach der Akzeptanz des Schöpfers „…gib MIR mein tägliches Brot…vergibt MIR MEINE Schuld, wie ICH die MEINER Schuldiger… führe MICH nicht in Versuchung, sondern erlöse MICH …“, d.h. mehr Ichbezogenheit darf man doch nicht erwarten?
Und der Geist, aber natürlich, wie willst Du den separieren oder gar einfangen und alleine reklamieren für das MeditationsGeschäft?
liebe Grüße
chris
Hi Tychiadres,
danke vorerst für Deine Mühe. Wegen beruflicher Anspannung kann ich leider jetzt nicht näher darauf eingehen. Mein Anliegen ist es, daß wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere gesundheitliche wie ethische Vorteile spiritueller Übungen nicht vom MeditationsBereich alleine für sich vereinnahmt werden, sondern auch, hier vielleicht zum LeidWesen des Atheismus, eben diese Vorteile dem von ihnen umstrittenen Beten angerechnet werden dürfen, um glaubwürdig zu bleiben.
liebe Grüße
chris
sehr merkwürdig!
Hallo Christian
Wie kommt es, dass ich das von dir zitierte Gebet nur in Mehrzahlform kenne: «Gib UNS heute UNSER tägliches Brot …» usw.!
Habe ich etwas verschlafen oder zitierst du sehr unpräzis und tendenziös?
Gruß
scalpello
Hallo
Wie kommt es, dass ich das von dir zitierte Gebet nur in
Mehrzahlform kenne: «Gib UNS heute UNSER tägliches Brot …»
usw.!
dies ist eigentlich kein Gebet, sondern eine Gebetsanleitung.
Sie erfolgte nach der Aufforderung: „Herr lehre UNS beten“.
Die „Übersetzung“ in die „ICH-Form“ von Chris ist im Sinne des
Gebrauchs der Anleitung - Gebet ist zuerst immer persönlich, singulär.
Habe ich etwas verschlafen oder zitierst du sehr unpräzis und
tendenziös?
Was meinst Du mit tendenziös ?
Geht das in diesem Zusammenhang überhaupt ?
Gruß VIKTOR
Hallo Viktor
dies ist eigentlich kein Gebet, sondern eine Gebetsanleitung.
Sie erfolgte nach der Aufforderung: „Herr lehre UNS beten“.
Die „Übersetzung“ in die „ICH-Form“ von Chris ist im Sinne des
Gebrauchs der Anleitung - Gebet ist zuerst immer persönlich,
singulär.
Hm, mal ein (für mich) neuer Gedanke dazu.
Was meinst Du mit tendenziös ?
Geht das in diesem Zusammenhang überhaupt ?
Damit meine ich: ein Zitat so zurechtbiegen, dass es zur Unterfütterung der eigenen These herangezogen werden kann.
Vielleicht verwendet Ihr in D das Wort etwas anders.
Grüße
scalpello