Betriebsfahrten mit privat pkw

Wenn eine selbständige Therapeutin recht regelmäßig zu mehreren verschiedenen Stellen fährt (sagen wir einmal 7 verschiedene), wo sie Patienten zur Behandlung trifft, wie können dann die Fahrtkosten steuerlich berücksichtigt werden?
Nehmen wir an, sie fährt meistens die Stellen von zu Hause aus an, manchmal aber auch von der letzten Stelle zur nächsten.
Voraussetzung für die Frage:

  • Sie benutzt dazu ihren eigenen privaten Pkw.
  • Die berufliche Nutzung liegt unter 50% der gesamt im Jahr mit dem Pkw gefahrenen Kilometer.
  • Sie hat kein Fahrtenbuch geführt, hat jedoch eine genaue Aufstellung, wann sie wohin gefahren ist und wie weit die jeweilige Fahrt war.

Frage 1: Ist es für sie möglich die beruflich gefahrenen km mit 0,30 €/km in der EÜR abzusetzen oder muss sie dazu die einfachen Entfernungen hernehmen, wie das für Fahrten zur Arbeitsstätte gelten würde?
Frage 2: Wo setzt sie das ab?

Gruß Isabell

Hallo Isabell,

da das Fahrzeug nach deinen Ausführungen kein Betriebsvermögen bei deiner selbständigen Tätigkeit sein kann, ist es als Privatvermögen zu behandeln. Es kommen die Regeln für Reisekosten in Frage für die Km, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sind. Ansatz mit 0,30 Euro pro gefahrenem Km. Ein richtiges Fahrtenbuch ist für den Nachweis der Fahrten nicht notwendig. Die dir vorliegende Aufstellung sollte ausreichen zum Nachweis.

Die Kosten setzt man bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ab als Reisekosten. Mit den 0,30 Euro pro gefahrenem Km ist übrigens alles, was mit dem Auto zu tun hat, abgegolten. Du könntest evtl. noch Verpflegungsmehraufwand geltend machen, wenn du mehr als 8 Stunden abwesend bist von deiner regelmäßigen Arbeitsstätte. In den Lohnsteuerrichtlinien steht, was du alles an Reisekosten absetzen kannst. Ist da recht nachvollziehbar beschrieben.

Hoffe, ich konnte helfen…sonst noch mal fragen!

Bommell

Liebe Isabell,

es ist auf jeden Fall entscheidend, dass die betriebliche Nutzung unter 50 % liegt. Dann kann man die betrieblichen Fahrten mit 30 Cent pro gefahrenen km. als Betriebsausgabe steuerlich absetzen. Man kann auch von allen angefallenen Fahrzeugkosten am Ende des Jahres den betrieblichen Teil ermitteln (gefahrene km) und dann entsprechend aufteilen. Hierzu gehört dann auch die Abschreibung.
Aufzeichnungen über die betrieblichen Fahrten sollten vorhanden sein.(Anlass, Datum km…)
Herzliche Güße
Karin

Bommell!

Vielen herzlichen Dank für Deine Erklärung!
Es schien mir nicht klar zu sein, unter welchen Umständen die Fahrten als Betriebsfahrten zu rechnen sind:
Wenn ein Selbständiger jeden Tag immer zum gleichen Einsatzort fährt, ist es auf jeden Fall eine Fahrt zur Arbeitstätte und kann nur mit 0,30 € pro Entfernungs-km abgerechnet werden.

Fährt er jeden Tag zu einer anderen Arbeitsstätte, kann er 0,30 € pro gefahrenem km absetzen (Faktor 2!).

Gibt es eine Regel, ab wann (sich wiederholende) Fahrten zu unterschiedlichen Zielen an unterschiedlichen Tagen nicht mehr als Entfernungs-km sondern als betriebliche Fahrten angerechnet werden?
Vielleicht ist das eine Ermessensfrage?

(Tut mir leid, dass ich so prinzipiell nachfrage, ich bin halt Mathematikerin und liebe saubere Aussagen!)

Liebe Karin!

Vielen herzlichen Dank für Deine Erklärung!
Es freut mich, dass Du so klar auf die Grenze „unter 50%“ hinweist. Mir scheint nämlich, dass das in dem Einkommenssteur-Programm, das ich kenne nicht berücksichtigt zu werden. Ich möchte das korrigieren lassen.

Noch eine Nachfrage:
Es schien mir nicht klar zu sein, unter welchen Umständen die Fahrten als Betriebsfahrten (also 0,30 € pro „gefahrenem“ km zu rechnen sind:
Wenn ein Selbständiger jeden Tag immer zum gleichen Einsatzort fährt, ist es auf jeden Fall eine Fahrt zur Arbeitstätte und kann nur mit 0,30 € pro Entfernungs-km abgerechnet werden.

Fährt er jeden Tag zu einer anderen Arbeitsstätte, kann er 0,30 € pro gefahrenem km absetzen (Faktor 2!).

Gibt es eine Regel, ab wann (sich wiederholende) Fahrten zu unterschiedlichen Zielen an unterschiedlichen Tagen nicht mehr als Entfernungs-km sondern als betriebliche Fahrten angerechnet werden?
Vielleicht ist das eine Ermessensfrage?

(Tut mir leid, dass ich so prinzipiell nachfrage, ich bin halt Mathematikerin und liebe saubere Aussagen!)

Isabell

Saubere Aussagen sind im Steuerrecht immer relativ :wink:

Es geht da um die Frage der regelmäßigen Arbeitsstätte. Wenn es einen Ort gibt, von dem aus, du deine Tätigkeit in der Regel ausübst, also zB Praxisräume, wo du Patienten empfängst, dann ist das deine regelmäßige Arbeitsstätte und alle Fahrten dahin sind mit 30 Cent pro Entfernungskilometer zu berechnen. Alles andere würde ich als Reisekosten ansehen.

Es gibt noch etwas, das nennt sich Einsatzwechseltätigkeit, z.B. bei Leuten, die auf Montage müssen. Soweit ich das aus dem Kopf sagen kann, wird ein Einsatzort in dem Fall zur regelmäßigen Arbeitsstätte, wenn er länger als 3 Monate am Stück aufgesucht wird. Aber das trifft ja hier nicht zu. Wenn deine regelmäßige Arbeitsstätte bei dir zu Hause wäre, hättest du jede Fahrt mit Faktor 2 :wink: Das wäre sicher die für dich günstigste Fallkonstellation.

Ganz am Ende, wenn dir der Finanzbeamte nicht glaubt, ist es immer ein Frage, welche Argumente du vorlegen kannst. Es gibt zwar Gesetze und Richtlinien im Steuerrecht, die vieles Regeln. Das heißt jedoch nicht, dass man den selben Sachverhalt manchmal nicht auch unterschiedlich würdigen kann. Da gibt es manchmal einfach eine Grauzone.

Gruß
Bommell