Betriebskosten im Mietvertrag wirksam abgeschlossen?

Am 1.10.1977 wurde ein Mitvertrag über eine Wohnung geschlossen in dem außer der Adresse auf der ersten Seite und den Unterschriften mit Datum auf der letzten Seite keine Eintragungen und Streichungen vorgenommen wurden. Auch der Mietpreis wurde nicht eingetragen.
Unten ein Auszug aus dem Mitvertrag.
Hinweis: Eine jetzt 92 jährige Frau schloss diesen Mietvertrag, war längere Zeit im Krankenhaus und ist jetzt im Altenheim
Eine Miete wurde regelmäßig bezahlt. Nebenkostenpauschale wurde regelmäßig bezahlt. Eine Betriebskostenabrechnung erfolgte rechtzeitig mit entsprechender Rückerstattung oder Nachzahlung. Die letzte Nachzahlung war aber sehr hoch.

Zur Diskussion:

  1. Wurden Betriebskosten bzw. Nebenkosten wirksam vereinbart?
  2. Erfolgte durch die regelmäßige Zahlung der Betriebskosten eine stillschweigende (konkludente) Vertragsänderung?
  3. Sollten Betriebskosten ungerechtfertigt gezahlt worden sein, besteht die Möglichkeit diese zurückzuverlangen? Für welchen Zeitraum gegebenenfalls?
    Zu 2. habe ich folgendes gegoogelt, kann es aber nicht genau zuordnen. Der BGH Urt. v. 07.04.2004 VIII ZR 146/03, WuM, 2004, 292 meint, dass durch jahrelange Übung (hier 9 Jahre) davon auszugehen wäre, dass die Parteien sich stillschweigend auf eine Vertragsänderung geeinigt hätten (ablehnende Anmerkung von Kappus, NZM 2004, 411). Nach BGH Urt. v. 13.02.2008, VIII ZR 14/06, WuM 2008, 225, soll allerdings ein die Umlage der Betriebskosten betreffender stillschweigender Änderungsvertrag nicht allein durch Übersendung einer Abrechnung, auch wenn dies über einen längeren Zeitraum geschieht, zustande kommen, soweit nicht weitere Umstände hinzukommen. In dieser Entscheidung kann wohl eine Abkehr von der Entscheidung vom 07.04.2004 gesehen werden.

Hier der Auszug aus dem Mietvertrag:
§ 4 Miete und Nebenkosten

  1. Die Miete beträgt monatlich ………………………………… DM
    In Worten …………………………………………………… DM
    davon für
    a) die Wohnräume ……………………………………… DM
    b) die Geschäftsräume …………………………………. DM
    c) die Garage …………………………………………….DM
  2. Neben der Miete werden folgende Nebenkosten erhoben:
    a) Grundsteuer …………………………………………DM
    b) Müllabfuhrgebühren …………………………………DM
    c)
    i)
    k) Betriebsk. für Gemeinschaftsantennen ……………………… DM
    l) Kosten des Wasserverbrauchs und Kanalbetriebsgebühren ….DM
    m) Heizungs- und Warmwasserkosten …………………DM
  3. a) Die Nebenkosten unter 2 a-k werden mit einem Pauschbetrag von zur Zeit …. DM monatlich abgegolten ²)
    b) An Stelle der unter Ziffer 2 vorgesehenen Einzelbeträge wird eine Vorauszahlung von zur Zeit ……DM monatlich mit Abrechnung am Jahresende vereinbart. ²)
    c) Der Mieter zahlt von dem auf das Haus entfallende Nebenkosten einen Anteil von ……%

.²) Nichtzutreffendes bitte streichen.

Wie oben geschrieben sind im Mietvertrag keine Eintragungen und Streichungen. Auch nicht im Mietvertrag des Eigentümers.
Vielen Dank für sachliche Antworten mit eventuellen Hinweisen auf Urteile.

Viele Grüße
jola

Hallo

Es ist zwar ein netter Gedanke einer alten Dame helfen zu wollen unnötige Kosten zu vermeiden. Allerdings ist es müßig und wenig erfolgversprechend den Mietvertrag eines 36 Jahre währenden Mietverhältnisses auf mögliche Rechtsunwirksamkeiten zu erforschen. Zudem dürften die Chancen recht gering sein, alle möglicherweise in diesem langen Zeitraum erfolgten Zusatzvereinbarungen (möglicherweise durch konkludentes Verhalten getätigt?) zu erforschen.

Um auf die Fragen zu antworten:

  1. Wurden Betriebskosten bzw. Nebenkosten wirksam vereinbart?

m.E. nein

  1. Erfolgte durch die regelmäßige Zahlung der Betriebskosten eine stillschweigende (konkludente) Vertragsänderung?

m.E. ja - sowohl durch die unwidersprochene Annahme von Erstattungen als auch durch die Zahlung von Nachforderungen und das über einen Zeitraum von 2013-1977= 36 Jahren!

  1. Sollten Betriebskosten ungerechtfertigt gezahlt worden sein, besteht die Möglichkeit diese zurückzuverlangen? Für welchen Zeitraum gegebenenfalls?

In solchen Fällen wäre zu prüfen, ob die gesetzliche Verjährung (3 Jahre) anzuwenden ist oder BGB § 556: „Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.“

Daneben wäre aber z.B. zu bedenken: Pauschalen dürfen nach Maßgabe des BGB § 560 aufgrund von Kostensteigerungen durch einseitige Erklärung des Vermieters angepasst werden, bei Vorhandensein von Verbrauchsmesseinrichtungen darf der Vermieter gemäß BGB § 556a „durch einseitige Erklärung bestimmen, dass die Betriebskosten zukünftig abweichend von der getroffenen Vereinbarung ganz oder teilweise nach einem Maßstab umgelegt werden, der dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt“.

Viel Vergnügen bei der Sisyphusarbeit!
Wenn die Dame jetzt im Altenheim ist, wird es viel wichtiger sein das Mietverhältnis nun schnellstens zu beenden.

Grüsse Rudi

Hallo,
zu 1.) m.M. ja.

zu 2.) wahrscheinlich ja. insbesondere wenn auch Verauszahlungen getätigt wurden und Erhöhungen, Nachzahlungen und Rückzahlungen auftraten.
Diese Auffassung scheint auch der BGH zuteilen.
Erlehnt die Konkludenz nur für den Fall ab, dass nur die Übersendung der Abrechnung nicht aus reicht. Wie gesagt Anpassungen der Vorausleistung, Rückerstattungen, Nachzahlungen, Mündliche Absprachen etc. gehen weit darüber hinaus.

3.)Sollte zu viel gezahlt worden sein, dann im Rahmen der allgemeinen Verjährungsfristen

Vllt sollte geprüft werden, ob die jeweiligen Abrechnungen überhaupt korrekt sind oder (Form)Fehler aufweisen.

Gruß
Hase