Betriebsversammlung am Sonntag?

Hallo Experten,

einmal angenommen, ein Arbeitnehmer ist auf Teilzeitbasis (80 Std. pro Monat) in einem Supermarkt (Einzelhandelskette) beschäftigt. Darüber hinaus leistet er auch monatlich unterschiedlich viele bezahlte Mehrstunden, die ihm aber nur ein eher schlechtes als rechtes Auskommen sichern.

Der Arbeitgeber setzt den Arbeitnehmer in jeder Woche von montags bis samstags immer wieder an anderen Wochentagen und zu den unterschiedlichsten Uhrzeiten ein.

Auf diese Weise ist es dem Arbeitnehmer weder möglich, eine weitere Teilzeitstelle anzunehmen, um insgesamt in Vollzeit beschäftigt zu sein, noch ist es ihm möglich, Volkshochschulkurse oder die Abendschule zur Fortbildung zu besuchen. Der einzige Tag, an dem der Arbeitnehmer wenigstens regelmäßige Freizeit termine wahrnehmen kann, ist der Sonntag.

Nehmen wir weiterhin an, die Filialleitung (und nicht etwa der ohnehin gar nicht vorhandene Betriebsrat) einer solchen Lebensmittelkette käme auf die Idee ausgerechnet an einem Sonntag, eine Betriebsversammlung abzuhalten.

Nun meine Fragen:

  • Ist der Arbeitnehmer dann verpflichtet, an dieser Betriebsversammlung außerhalb der üblichen Arbeitszeiten teilzunehmen?

  • Wenn ja: Ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Teilnahme an der Betriebsversammlung als Arbeitszeit des Arbeitnehmers zu vergüten?

  • Darf eine solche Betriebsversammlung auch in einer Gaststätte stattfinden?

  • Wenn ja: Ist der Betriebsversammlungsteilnehmer verpflichtet, am Tagungsort etwas auf eigene Kosten zu konsumieren?

Was ich im Internet zum Thema gefunden habe, legt den Schluss nahe, dass bereits die erste Frage zu verneinen und damit alle weiteren hinfällig sind:

Arbeitszeit und Öffnungszeiten fallen bei Warenhäusern im Wesentlichen zusammen. Trotzdem muss der Arbeitgeber die Betriebsversammlung, die zur Schließung des Geschäftsbetriebs führt, hinnehmen. Dies gilt jedenfalls, wenn es um umsatzschwächere Geschäftszeiten geht. Nur wenn technisch-organisatorische Eigenarten des Betriebs eine Verlegung der Betriebsversammlung zwingend erfordern (Paragraf 44 Satz 1, 2. Halbsatz BetrVG), kann die Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. Wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers, Arbeits- und Umsatzausfälle während der Arbeitszeit zu vermeiden, haben zurückzutreten (BAG 9.3.1976, AP Nr. 3 zu Paragraf 44 BetrVG).

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/karriere/bet…

Wie seht ihr das, wie würdet ihr meine Fragen beantworten?

Für eure sachkundigen Einschätzungen vielen Dank im Voraus,

Gruß Gernot

Hallo!

Also, ich sage mal, wie das bei anderen sein kann, z. B. in Speditionen:

Da werden die Betriebsversammlungen an Samstagen gemacht in dafür geeigneter Gastronomie, da sonst keine Räumlichkeiten vorhanden. Konsumierte Getränke werden selbst bezahlt, sonst aber die Teilnahme (nach Liste) vergütet.

Alles wird aber vom Betriebsrat geplant und vorab mit dem AG verhandelt. Der AG „darf“ nur zahlen, mehr nicht. Einladungen spricht der BR aus, niemand sonst. Er ist ja auch derjenige, der die Sache veranstaltet, der AG ist bestenfalls Gast.

Der Wochentag ist ein Kompromiss, damit der Betrieb nicht zusammen bricht.

Gruß Carmen

Hallo,

Nun meine Fragen:

  • Ist der Arbeitnehmer dann verpflichtet, an

dieser Betriebsversammlung außerhalb der üblichen
Arbeitszeiten teilzunehmen?

Wenn der AG eine „Betriebsversammlung“ anberaumt, läuft Dein Hinweis auf BetrVG und BAG ins Leere, da die von Dir zitierten Vorschriften/Urteile nur gelten, wenn der BR einlädt. Wenn der AG einlädt ohne ausdrücklichen Hinweis, ist der Besuch wie bei jeder BetrV freiwillig. Verlangt der AG Anwesenheit, kommt es darauf an, was zu Arbeitstagen im Arbeitsvertrag steht und was das ArbZG im konkreten Einzelfall zulässt.

  • Wenn ja Ist

der Arbeitgeber verpflichtet, die Teilnahme an der
Betriebsversammlung als Arbeitszeit des Arbeitnehmers zu
vergüten?

Der AG muß vergüten, wenn es sich um eine betriebliche Veranstaltung handelt, auch wenn der Besuch freiwillig ist.

Darf eine solche
Betriebsversammlung auch in einer Gaststätte
stattfinden?

Warum nicht ?

  • Wenn ja Ist der

Betriebsversammlungsteilnehmer verpflichtet, am Tagungsort
etwas auf eigene Kosten zu
konsumieren?

Der AN darf nicht verpflichtet sein, überhaupt etwas zu konsumieren, aber wenn er konsumiert, muß er ggfs. zahlen.

Was ich im Internet zum

Thema gefunden habe, legt den Schluss nahe, dass bereits die
erste Frage zu verneinen und damit alle weiteren hinfällig
sind:

Arbeitszeit und Öffnungszeiten fallen
bei Warenhäusern im Wesentlichen zusammen. Trotzdem muss der
Arbeitgeber die Betriebsversammlung, die zur Schließung des
Geschäftsbetriebs führt, hinnehmen. Dies gilt jedenfalls, wenn
es um umsatzschwächere Geschäftszeiten geht. Nur wenn
technisch-organisatorische Eigenarten des Betriebs eine
Verlegung der Betriebsversammlung zwingend erfordern (Paragraf
44 Satz 1, 2. Halbsatz BetrVG), kann die Betriebsversammlung
außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. Wirtschaftliche
Interessen des Arbeitgebers, Arbeits- und Umsatzausfälle
während der Arbeitszeit zu vermeiden, haben zurückzutreten
(BAG 9.3.1976, AP Nr. 3 zu Paragraf 44
BetrVG).

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/karriere/bet…

Wie seht ihr das, wie würdet ihr meine Fragen beantworten?

Für eure sachkundigen Einschätzungen vielen Dank im Voraus,

Gruß Gernot

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für deine Auskunft, ich habe aber doch noch einige Rückfragen.

Wenn der AG eine „Betriebsversammlung“ anberaumt, läuft Dein
Hinweis auf BetrVG und BAG ins Leere, da die von Dir zitierten
Vorschriften/Urteile nur gelten, wenn der BR einlädt. Wenn der
AG einlädt ohne ausdrücklichen Hinweis, ist der Besuch wie bei
jeder BetrV freiwillig. Verlangt der AG Anwesenheit, kommt es
darauf an, was zu Arbeitstagen im Arbeitsvertrag steht und was
das ArbZG im konkreten Einzelfall zulässt.

Wenn wir nun weiter annehmen, der Arbeitsvertrag ließe sich überhaupt nicht dazu aus, zu welchen Zeiten die vereinbarten 80 Std. pro Monat abzuleisten seien:

Auf welche Regelungen des ArbZG, die die Sonntagsarbeit im Ausnahmefall zulassen, könnte sich denn dann ein Arbeitgeber im Lebensmitteleinzelhandel berufen?

Immerhin ist in letzter Zeit die Sonntagsarbeit im Einzelhandel ja massiv ausgeweitet worden…

  • Als was gelten da z.B. die „verkaufsoffenen Adventssonntage”, gelten sie etwa gem. §10 Abs 1 (9) als „Messen und Märkte”?
    http://dejure.org/gesetze/ArbZG/10.html

  • Muss ein Arbeitsvertrag im Einzelhandel die Ausnahme „verkaufsoffener Sonntag” ausdrücklich erwähnen, damit der Arbeitnehmer in dieser Zeit zur Arbeit verpflichtet werden kann oder ist dies nicht erforderlich, weil man inzwischen von einer in Großstädten für den Einzelhandel branchenüblichen Arbeit auch an vielen Sonntagen im Jahr ausgehen kann?

  • Wäre es in letzterem Fall (branchenübliche Sonntagsarbeit) zulässig, einen Arbeitnehmer auch zur Teilnahme an einer sonntäglichen Betriebsversammlung zu verpflichten?

Im Voraus besten Dank für Antworten,

Gruß Gernot

Hallo,

jetzt wird es kompliziert, da hier auch das Landesrecht mitspielt, seitdem der Ladenschluß Ländersache geworden ist. Ob daher Sonntagsarbeit „branchenüblich“ ist, mag von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein.
Sind jedenfalls die Arbeitstage im Arbeitsvertrag nicht geregelt, ist arbeitszeitrechtlich Sonntagsarbeit prinzipiell zulässig.
Eine andere Frage wäre, ob der AG evtl. Ausnahmen in der Ländergesetzgebung zur Sonntagsöffnung auch auf eine Betriebsversammlung beziehen kann. Das halte ich zumindest für fraglich, es kann aber nur von einem Fachanwalt geklärt werden.
Zu berücksichtigen wäre auch der besondere gesetzliche Schutz vor Sonntagsarbeit für Jugendliche und werdende Mütter.
Verlangt der AG jedenfalls die Anwesenheit, ist es jedenfalls zu vergütende Arbeit, ganz egal, ob zulässig oder nicht.

&Tschüß

Wolfgang

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