Ugh.
Ich gehe nicht auf schreib- und grammatische Fehler ein - diese dürfen im Zeugnis nicht stehen; ich gehe davon aus, dass es sich um reine Abtippfehler handelt.
[…] nach 13 Jahren […] Zwischenzeugnis […] sehr gutes […]
Hm.
Frau XXX, geboren am XXX, ist in unserem Unternehmen seit dem
01.01.1998 als Kaufmännische Angestellte im
Unternehmensbereich XXX tätig, davon seit 01.07.2005 in
Vollzeitbeschäftigung. Zwischen 2005 und 2007 über-
nahm Frau XXX zusätzlich Aufgaben im Unternehmens-bereich
Rechnungswesen der Firma XXX. Dieses Unternehmen fusionierte
im Jahr 2007 mit der XXX. Unser Unternehmenszweck sind der
Großhandel und der Vertrieb von Presseerzeugnissen.
Ich weiß nicht, ob der Wechsel in Vollzeit ins Zeugnis gehört.
Das Aufgabengebiet von Frau XXX umfasst die Sachbearbeitung
der Geschäftsvorfälle bei der Zusammenarbeit mit einer
externen Vertriebsagentur, deren Aufgabe die Akquisition und
Zustellung von Zeitungen in XXX sind. Hierzu gehört die
Korrespondenz nach vorgegebenen Formbriefen, Leserreklamtionen und
Rechnungsversand, Rechnungskontrolle der Lieferantenrechnung.
Erfassung von Gutschriften/Belastungen, Remissionskontrolle und
elektronische Tourenbuchmeldungen, sowie Bestandsermittlung und
Bestellung von Ausrüstungsgegenständen. Von großer Wichtigkeit für
eine erfolgreiche Arbeit ist dabei der konstruktive Dialog mit dem
Agenturisten, den Boten und den Repräsentanten des Verlages.
Wenn diese Beschreibung vollständig, richtig und der Wichtigkeit nach sortiert ist, ist das OK, wobei ich der Meinung bin, dass hier immer auch unbedingt die Werkzeuge gehören, mit denen man all das, was da oben steht, veranstaltet hat. Also Software blablubb … und dann sollte weiter unten auch stehen, wie tief die Mitarbeiterin darin steckte. Störend finde ich, dass der allererste Punkt „dings und bums nach vorgegebenen Formbriefen“ lautet, weil das impliziert, dass die Mitarbeiterin nur noch drei bis zehn Felder in einem Formular auszufüllen, nicht aber selbständig zu formulieren hatte. Das würde sich aus meiner Laiensicht mit dem konstruktiven Dialog usw. weiter unten beißen.
Frau XXX beherrscht ihr Arbeitsgebiet umfassend, kennt sich
mit allen Prozessen und Gegebenheiten des Unternehmens sehr
gut aus und setzt ihr Fachwissen jederzeit adäquat und
ergebnisorientiert im Tagesgeschäft um. Dank ihrer raschen
Auffassungsgabe überblickt sie auch schwierige Situationen und
arbeitet trotz wechseldner Anforderungen stets umsichtig, sehr
gewissenhaft und genau.
Klingt erst mal gut (nicht sehr gut). Gestolpert bin ich über das „überblickt […] schwierige Situationen“. Überblicken kann man viel; besser wäre es, schwierige Situationen zu beherrschen, zu meistern, im Griff zu haben.
Frau XXX verfügt über eine gute Arbeitsbereitschaft und
identifiziert sich mit den Unternehmenszielen.
Klingt mir ein wenig nach „wollte, aber konnte nicht (immer)“. Da würde sich mir die Frage aufdrängen, ob es in der näheren Vergangenheit einmal Theater gegeben hat, weil private Interessen den betrieblichen ein wenig im Wege standen.
Sie ist fleißig, verantwortungsvoll und zuverlässig. Insgesamt hat
Frau XXX die ihr gestellten Aufgaben stets zu unserer vollsten
Zufriedenheit erledigt. Sie tritt sehr natürlich, jederzeit höflich
und verbindlich auf, wodurch sie aktiv die sehr gute
Zusammenarbeit insbesondere mit dem Verlag fördert.
Mich stören hier mehrere Dinge. Das „Insgesamt“ am Anfang der Leistungsbeurteilung stellt nach meinem Verständnis eine Entwertung der Aussage dar; auch das würde ich so interpretieren, dass es fast immer, aber eben nicht immer, gute bzw. sehr gute Leistungen gab. „Insgesamt“ und „stets“ in einem Satz? Merkwürdig …
Bei der geschilderten Aufgabe handelt es sich ja zumindest zum Teil um Dinge, die das Geschäftsergebnis mittelbar beeinflussen. Dafür ist mir die einfache Aussage „fleißig, verantwortungsvoll und zuverlässig“ eigentlich zu wenig. Sind Unregelmäßigkeiten vorgekommen, ist vielleicht mal eine nicht ganz koschere Remission durchgerutscht oder so was? Ich meine nicht Unterschlagung oder eine andere Verfehlung, sondern einfach einen buchhalterischen Lapsus, der erst im Nachhinein aufgedeckt wurde?
„Sie tritt sehr natürlich auf“ … ist mit Vorsicht zu genießen. Das kann - nicht muss! - heißen, die Dame nimmt es mit der persönlichen Sauberkeit nicht sehr genau. Kann - nicht muss! - auch heißen, gelegentlich hat sie sich im Ton vergriffen. Das würde allerdings dem folgenden Satzteil diametral entgegenstehen.
„wodurch sie aktiv die sehr gute Zusammenarbeit insbesondere mit dem
Verlag fördert“?
Der Klee erreicht das Stockmaß dieser lobenden Formulierung nicht … haben da welche (zu) intensiv miteinander gekuschelt?
Wir danken Frau XXX für ihre stets sehr guten Leistungen.
Und sonst nix, nach 13 Jahren? Kein Bedauern, keine guten Wünsche - das ist ein bisschen arg dünne, finde ich.
Mag sein, dass ich Gespenster sehe, aber mir drängt sich insgesamt der Eindruck auf, dass man hier eine Mitarbeiterin hatte, die „an sich“ immer einen guten Job machte, bis „plötzlich“ Schwierigkeiten auftraten, die sich entweder auf das Betriebsklima oder aber direkt auf die Arbeitsergebnisse ausgewirkt haben. Da sitzt unter dem Chrom der Rost … hast du mal irgendwann Annäherungsversuche mehr oder weniger dezent abgewehrt, und man will dir da jetzt was drehen? Oder hat es einen Vorfall gegeben, den man dir nicht direkt zur Last legen konnte, der aber jetzt vielleicht hier mit reinspielt? Diesen Geruch meine ich hier nämlich wahrzunehmen.
Aber du solltest abwarten, was die wahren Experten sagen.
Aga,
CBB