Hej Arnold,
die Frage ist durchaus berechtigt. Die Antwort ist ein bisschen komplizierter. Es gibt mehrere Möglichkeiten, aber in allen Fällen dürfte ihm keine Strafe ohne Bewährung drohen.
Ich gehe davon aus, dass dein Freund noch in einem Alter ist, in dem man Jugendstrafrecht anwenden wird bzw. kann (18-20 Jahre alt zum Zeitpunkt der Tat). In diesem Fall könnte es gut sein, dass er überhaupt keine Jugendstrafe, deren Mindeststrafe bei 6 Monaten los geht, erwarten muss. Es sei denn, die Straftaten sind sehr erheblich, was bei Leistungserschleichung nicht der Fall ist und beim Betrug schon eines sehr erheblichen Schaden bedürfte. Ich weiß halt nicht, wegen welcher Taten er früher verurteilt wurde, aber die Straftaten, die jetzt verhandelt werden sollen oder die noch offen sind, sprechen nicht für einen Hang zu Straftaten, der im Gesetz „schädliche Neigungen“ genannt wird. Entweder eine schwere Straftat (=Schuld) oder „schädliche Neigungen“ wären die Voraussetzung für die Verhängung einer Jugendstrafe.
Die Jugendstrafe wird in der Regel zur Bewährung ausgesetzt, wenn eine günstige Prognose angenommen wird. Das heißt, der zu Verurteilende allein durch die Verhängung einer Jugendstrafe gewarnt genug ist, keine weiteren Straftaten mehr zu begehen, um nicht doch noch ins Gefängnis zu müssen. Das gleiche gilt sinngemäß übrigens auch für Erwachsene. Oft werden Auflagen verhängt und bei Jugendlichen unbedingt ein Bewährungshelfer beigeordnet, um dem Verurteilten eine Chance zu geben, zukünftig ein Leben ohne Straftaten zu führen.
Sollte er also eine Bewährungsstrafe bekommen und die noch offenen Verfahren später verhandelt werden, so wird man die alte Strafe einbeziehen wollen und ggf. die Jugendstrafe aufstocken, das heißt leicht erhöhen. Wahrscheinlicher ist es allerdings, dass die noch offenen Verfahren in Hinblick auf die Verurteilung eingestellt werden.
Das gleiche Verfahren würde man anwenden, wenn es nicht zur Verurteilung zu einer Jugendstrafe kommt, sondern andere Erziehungsmittel (Arbeitsstunden, Geldbuße, Jugendarrest…) angewendet werden würden.
Es ist oft sinnvoll, in der Verhandlung noch offene Verfahren auf Nachfrage zuzugeben, weil die Staatsanwaltschaft, wenn sie ihren Job ordentlich macht, sowieso schon darüber Bescheid weiß. Aufgedeckte Lügen machen immer einen schlechten Eindruck.
In dem von dir geschilderten Fall gilt die Vorschrift, die für Jugendliche gilt, auch bei Erwachsenen (§§ 54-55 StGB - (Nachträgliche) Gesamtstrafenbildung)
Auch hier gilt, man wird die Strafe leicht erhöhen und üblicherweise erneut zur Bewährung aussetzen.
Ich hoffe, dass ich dir und deinem Freund behilflich sein konnte. Falls noch Fragen kommen, darfst du dich gerne noch mal an mich wenden. Oder sprecht die örtliche Jugendgerichtshilfe beim Jugendamt an!
HERZLICHEN GRUß
BIRGER