Herr X stellt in betrügerischer Absicht ein falsches Dokument her und benutzt dieses. Das Dokument wird bei der Benutzung als falsch erkannt.
Aber anstatt die Polizei zu rufen - obwohl das durchaus möglich gewesen wäre - „kassiert“ eine an dem Vorgang beteiligte Person das Dokument ein. Diese Person hat keinerlei Hoheitsrechte.
Mit diesem Dokument geht diese Person nun zur Polizei, gibt dort das „sichergestellte“ Dokument ab und erstattet Anzeige.
Meiner Auffassung nach dürfte die Fälschung nicht als Beweismittel in dem Strafverfahren benutzt werden. Wie seht ihr das?
Du schreibst: „eine an dem Vorgang beteiligte Person“ hätte das Dokument einkassiert.
Da es sich um eine Urkundenfälschung gehandelt hat und diese Person das Dokument als Beteiligter wohl rechtmäßig in Händen gehalten hat, sehe ich hier kein Problem dieses Dokument als Beweis zu verwenden.
Anders könnte das höchstens Aussehen, wenn die Person z.B. in die Wohnung des Täters eingebrochen wäre um an das Dokument zu kommen. Da bin ich mir nicht sicher, ob das dann noch als Beweis verwertbar ist.
Da es sich um eine Urkundenfälschung gehandelt hat und diese
Person das Dokument als Beteiligter wohl rechtmäßig in Händen
gehalten hat, sehe ich hier kein Problem dieses Dokument als
Beweis zu verwenden.
sagen wir mal, dass es sich um ein Art Ausweis (kein Personalausweis) gehandelt hat, der einen gewissen Status bescheinigt. Dieser Ausweis wurde ausgehändigt, um die sich aus diesem Status ergebenden Vergünstigungen zu bekommen. Insofern wurde das Eigentum und auch der Besitz nicht aufgegeben. Der den Ausweis Überprüfende behielt den Ausweis ein. Zwischen den beiden bestand auch kein irgendwie geartetes besonderes Gewaltverhältnis (will sagen, es war kein Schüler und auch kein Lehrer).
Ich sehe das Problem darin, dass derjenige einfach den Ausweis einbehalten hat. Eine Berechtigung dazu bestand in keiner Weise. Der Ausweis wurde ja nicht ausgehändigt, damit das Eigentum an den Kontrolleur überging, sondern nach Auffassung des Ausweisinhabers nur vorübergehend. Auf die Hinzuziehung der Polizei wurde ganz bewusst verzichtet. Man könnte hier schon von Selbstjustiz reden, denn durch diese Eigenmächtigkeit wurde dem Fälscher jeglicher Rechtsschutz entzogen.
Meine Frage bezieht sich auf einen ähnlich gelagerten realen Fall, ist aber für mich theoretisch, da mich die Rechtslage interessiert.
Um was für ein Dokument handelt es sich denn theoretischer weise?
Wenn es ein selbst gemachter Ausweis einer Firma ist(Stromanbieter, Telekom, GEZ, Gaswerke Vermieterverein usw.), ist die Sachlage sicherlich eine andere als wenn es wirklich ein Ausweis im Sinne des Gesetzes ist(Führerschein, Perso, Pass, Bundeswehrausweis etc.)
Vielleicht ist das zu weit hergeholt, aber wie sieht es denn mit einem zivilrechtlichen Notstand aus ?? (228 oder 904BGB) Immerhin droht ja durch die Verwendung des Ausweises eine Gefahr, die durch die Einbehaltung desselben abgewendet wird.
Abgesehen davon, wieso sollte das Opfer des versuchten Betruges nicht das Recht haben selbst Beweise zu sichern um sie gegebenenfalls der Polizei zu übergeben? (ich weiss das ist unjurstisch Gesprochen, war nur eine ganz „normale“ rationale Erwägung.
Wenn jemand mit einer Pistole auf mich schießt, nicht trifft und ich nehme ihm die Waffe zu Beweiszwecken weg, dann würde man doch auch nicht sagen die sich aus der Untersuchung der Waffe ergebenden Befunde sind nicht verwertbar.
Ich denke es ist die zivilrechtliche (hat der Täter einen Anspruch darauf die Sache wieder in Besitz zu nehmen) und der öffentlich rechtlichen Seite-
Solange die Ermittlungsbehörden den Privaten nicht angestiftet haben dürfen ja sogar vom Privaten rechtswidrig erlangte Beweise durch die STrafverfolgungsbehörden verwendet werden.
Manche tragen einen Ausweis mit GEZ-Logo, manche mit NDR-Logo manche mit WDR-Logo, je nachdem bei welchem Landesrundfunkgebührenbeauftragten(tolles Wort) die Laufburschen angestellt sind. Tatsache ist aber, dass die Landesrundfunkgebührenbeauftragten die Ausweise selber herstellen. Sie kommen nicht aus der Bundesdruckerei und sind somit wertlose in Plastik eingeschweißte Pappe. Typische Mitarbeiterausweise also die zu keinen zusätzlichen rechten verhelfen.
Richtig es sind aber Ausweise der Landesrundfukanstalten, nicht von der GEZ. Die GEZ beauftragt / beschäftigt auch keine Kontrolleure, sondern eben nur die Landesrundfunkanstalten.
Vielleicht ist das zu weit hergeholt, aber wie sieht es denn
mit einem zivilrechtlichen Notstand aus ?? (228 oder 904BGB)
Immerhin droht ja durch die Verwendung des Ausweises eine
Gefahr, die durch die Einbehaltung desselben abgewendet wird.
Nein, alleine das Wissen, dass es sich um eine Fälschung handelt, reicht aus, die Gefahr abzuwehren. Eine Sicherstellung ist nicht nötig.
Abgesehen davon, wieso sollte das Opfer des versuchten
Betruges nicht das Recht haben selbst Beweise zu sichern um
sie gegebenenfalls der Polizei zu übergeben? (ich weiss das
ist unjurstisch Gesprochen, war nur eine ganz „normale“
rationale Erwägung.
hmm… unjuristisch gesprochen frage ich mich, warum denn ganz bewusst nicht die Polizei gerufen wurde. Damit wird das „Selbsbeweisesichern“ nach m.E. rechtswidrig. Selbsthilfe nur dann, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht oder nicht rechtzeitig möglich.
Wenn jemand mit einer Pistole auf mich schießt, nicht trifft
und ich nehme ihm die Waffe zu Beweiszwecken weg, dann würde
man doch auch nicht sagen die sich aus der Untersuchung der
Waffe ergebenden Befunde sind nicht verwertbar.
Ah… sehr guter Einwand. Das Wegnehmen ist zwar rechtswidrig, aber die Erkenntnisse aus rechtwidrigen Beweismitteln sind ggf. wieder verwertbar (Wenn eine Frucht faul ist, ist nicht sofort der gesamte Baum krank). Damit würde aber die Wegnahme der Schusswaffe nicht rechtmäßig.
Anders wäre es, wenn ich die Waffe im Rahmen der Nowehr oder des Notstandes wegnähme.
Solange die Ermittlungsbehörden den Privaten nicht angestiftet
haben dürfen ja sogar vom Privaten rechtswidrig erlangte
Beweise durch die Strafverfolgungsbehörden verwendet werden.
meines Wissens aber nicht unmittelbar als Beweis, sondern nur die Erkenntnisse daraus.
Die Konkrete Gefahr ist vielleicht abgewehrt, aber es besteht ja eine Dauergefahr fort, die andere Teilnehmer am Rechtsverkehr betrifft, die getäuscht werden durch die falsche Urkunde.
Die Frage die sich für mich stellt ist: WEM willst du denn genau an den Kragen ? Dem „Opfer“ das nicht sofort die Polizei verständigt hat ?
Wie gesagt, gegen den bestehen u.U. Zivilrechtliche Herausgabeansprüche,
dennoch bin ich der Ansicht, dass auch rechswidrig erlangte Beweise (also durch eigenständig handelnde Privatpersonen gesammelt) auch als Beweismittel verwendet werden dürfen.
Es gibt da so einen Fall in dem ein Zelleninsasse den anderen im Gefängnis ausgefragt hat (ohne von der Polizei beauftragt worden zu sein) der hatte sich vorher in das Vertrauen des anderen geschlichen. Und als IHM die Tat dann gestanden wurde konnte das - obwohl die Maßnahme ansich, wäre sie behördlich angeordnet worden rechtswidrig war konnte die Aussage als Beweis verwertet werden. Eben mit der Begründung das sie nicht staatlich initiiert war.
Ich denke so wäre das auch hier.
Ich weiss gerade die Fundstelle auswendig
Die Konkrete Gefahr ist vielleicht abgewehrt, aber es besteht
ja eine Dauergefahr fort, die andere Teilnehmer am
Rechtsverkehr betrifft, die getäuscht werden durch die falsche
Urkunde.
in Bezug auf die Gefahr stimme ich mit dir überein, es ist aber nicht die Aufgabe des Einzelnen, in die Rechte Dritter einzugreifen, um abstrakte Gefahren abzuwehren.
Die Frage die sich für mich stellt ist: WEM willst du denn
genau an den Kragen ? Dem „Opfer“ das nicht sofort die Polizei
verständigt hat ?
ich will keinem „an den Kragen“ ich will nur ein einwandfreies und sauberes Verfahren, wenn ich mal solche einen Fall bearbeiten muss.
Es gibt da so einen Fall in dem ein Zelleninsasse den anderen
im Gefängnis ausgefragt hat (ohne von der Polizei beauftragt
worden zu sein) der hatte sich vorher in das Vertrauen des
anderen geschlichen. Und als IHM die Tat dann gestanden wurde
konnte das - obwohl die Maßnahme ansich, wäre sie behördlich
angeordnet worden rechtswidrig war konnte die Aussage als
Beweis verwertet werden. Eben mit der Begründung das sie nicht
staatlich initiiert war.
das kann ich nachvollziehen, aber das Aushorchen ist kein Eingriff in die Rechtsgüter des Zellengenossen, die „Aussage“ wird ja freiwillig gemacht. Die Wegnahme des gefälschten Dokumentes aber greift in die Rechte Dritter ein.
Da muss ich widersprechen. Natürlich wird in die Rechte des Zellenkollegen eingegriffen. In der Haft muss sogar der Häftling besonders geschüttz werden, da viel leichter in seine Intimsphäre und nicht nur in seine Privatsphäre eingegriffen werden kann als in Freiheit.
Er wurde durch dieses Vorgehen zum Beispiel in seinen Rechten als Beschuldigter verletzt, da er ja nicht darüber belehrt wurde dass er sich nicht äußern muss und seine „Aussage“ gegen ihn verwendet werden soll.
Beiden Fällen ist gemeinsam dass ein Privater rechtswidrig einen Beweis erhoben hat, dieser meiner Meinung nach in beiden Fällen auch verwertet werden darf.
Die Gerichte sind ja mit den Beweisverwertungsverboten ohnehin eher kleinlich. Ich würde dabei bleiben, dass es im Prozess verwendbar ist, auch wenn es zivilrechtlich nicht rechtmäßig war.
Er wurde durch dieses Vorgehen zum Beispiel in seinen Rechten
als Beschuldigter verletzt, da er ja nicht darüber belehrt
wurde dass er sich nicht äußern muss und seine „Aussage“ gegen
ihn verwendet werden soll.
meinst du nicht, dass du es sehr weit ausdehnst. Wenn jede Äußerung eines Täters gegenüber einem Privaten nur nach Rechtsmittelbelehrung als Beweis zugelassen würde, könnten unsere Gerichte einpacken.
Beiden Fällen ist gemeinsam dass ein Privater rechtswidrig
einen Beweis erhoben hat, dieser meiner Meinung nach in beiden
Fällen auch verwertet werden darf.
Der Unterschied ist doch, dass der eine seine „Aussage“ freiwillig macht, der andere aber seinen Ausweis gegen seinen Willen weggenommen bekommt.
Ich würde dabei bleiben, dass es im Prozess
verwendbar ist, auch wenn es zivilrechtlich nicht rechtmäßig
war.
ich denke eher nicht, bin mir aber nicht sicher. Fakt ist doch, dass - wäre solch ein Verhalten eines Dritten prozessual zugelassen - man auf Hoheitsträger verzichten könnte, da Eingriffsmaßnahmen ohne Rechtsschutz Allgemeingut würden.
Ich habe meinen Freund gefragt der auch Strafverteidiger ist und der sieht es so wie ich, es MUSS zwischen zivilrechtlichen Ansprüchen gegen den der Weggenommen hat und der Verwertbarkeit unterschieden werden. Beweisverwertungsverbot immer nur DANN, wenn ansonsten ein nicht hinnehmbarer Grundrechtseingriff gegeben wäre.
Der der den Ausweis rechtswidrig weggenommen hat kann ja nach Belieben wegen Diebstahls etc angezeigt werden, das ist aber eine andere Baustelle und hat mit der Verwertbarkeit der Information als solche nichts zu tun.
Das Recht der Beweiserhebungs- und der Beweisverwertungsverbote ist gesetzlich kaum geregelt und sehr kasuistisch. Es ist darum relativ schwer zu prognostizieren, wie ein Gericht entscheiden würde. Ein objektives Richtig oder Falsch gibt es für diesen Fall wohl nicht. Ebenso mangelt es an sehr klaren Vorgaben und unzweifelhaften Kriterien. Von den anerkannten Grundsätzen sprechen hier aber doch einige für die Verwertbarkeit, nämlich diese:
Eine rechtswidrige Beweisgewinnung führt nicht automatisch zu einem Beweisverwertungsverbot.
Das gilt insbesondere auch dann, wenn das Beweismittel auch auf ordnungsgemäßem Weg hätte erlangt werden können. Hier denke ich vorliegend an eine Beschlagnahme nach der Aussage des Zeugen, der den Pass eingezogen hat.
Privatpersonen sollen die Arbeit von Polizei und Justiz nicht dadurch behindern können, dass sie durch Taten wie diese Beweisverwertungsverbote herbeiführen; das selbstständige Handeln von Privaten wird darum in der Regel kein Beweisverwertungsverbot begründen.
Das Einziehen des falschen Dokumentes ist kein sehr schwer wiegender Eingriff. Er ist nicht einmal strafbar, womit ich nicht sagen möchte, dass ich mich der hier geäußerten Äußerung anschließe, dass zwischen Straf- und (bloßem) Zivilrecht die Trennlinie liegt, die auch für die Beweisverwertung erheblich ist. Für Beweisverwertungsverbote kommt es aber auch auf eine Abwägung der Rechtsgüter an, und das spricht vorliegend auch eher für die Beweisverwertung.
Natürlich kommt es auf diese Frage sowieso nur an, wenn der Beweis anders nicht zu führen ist. Ist der Beschuldigte etwa geständig, erübrigen sich weitere Beweismittel.
… ich meinte ja nur, dass an der Strafbarkeit oder zivilrechtlichen Rechtswidrigkeit einer Handlung durch einen PRIVATEN nicht auch ein Beweisverwertungverbot für die Ermittlungsbehörde hängt bzw zwingend hängen muss. Klar kommt es da auf die betroffenen Rechtsgüter in der Einzelabwägung an.
Danke für die geordnete Auflistung der Kriterien das ruft einem wieder ein bisschen mehr ins Gedächtnis was man mal gelernt hat
Allein der Umstand, dass die Urkunde von einer nicht berechtigten Stelle oder Person sichergestellt wurde, begründet keinesfalls ein Verwertungsverbot.
PS
Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich das aus dem Kopf heruntergeschrieben habe. Nachgelesen habe ich nichts, was man im Zweifel wohl noch einmal tun sollte, ehe man auf meinen Argumenten aufbaut.