Bewertung der Rechenschritte

Hallo zusammen,

ich wollte mich mal erkundigen, wie Lehrer eigentlich die Rechenschritte bewerten? Bzw. bei mir ist es so, dass ich eine Aufgabe sehe und auf meine Art und Weise die Gleichung löse, ohne auf „vorgegebene Rechenwege“ zu schauen. Nun würde mich eben interessieren, ob man wirklich Punkte abgezogen bekommt und die Note dadurch schlechter werden kann, wenn das Ergebnis stimmt aber der Rechenweg nicht so ist wie sich der Lehrer das vorstellt.

Der Beruffsschullehrer möchte immer jeden Schritt genau so, wie er es vorgerechnet hatte und mag es nicht wie ich zum Ergebnis komme. Es ist ihm zu „einfach“.

Wenn die Benotung dadurch schlechter wird, finde ich das alles andere als ok. Auf was wird denn noch Wert gelegt, wenn Einfallsreichtum und Intelligenz quasi egal sind…

Lg,

Danke schon mal.

Mike

Hallo Mike,

Der Beruffsschullehrer möchte immer jeden Schritt genau so,
wie er es vorgerechnet hatte und mag es nicht wie ich zum
Ergebnis komme. Es ist ihm zu „einfach“.

Wenn die Benotung dadurch schlechter wird, finde ich das alles
andere als ok. Auf was wird denn noch Wert gelegt, wenn
Einfallsreichtum und Intelligenz quasi egal sind…

Tja. Wenn jeder Schritt des Rechenweges dokumentiert ist, ist es soweit mathematisch richtig (wenn du keine Fehler gemacht hast).

Die Bewertung hängt aber leider auch von der Intelligenz und Faulheit des Lehrers ab. Wenn du einen anderen Rechenweg nimmst, muss der erst mal nachdenken …

MfG Peter(TOO)

Hallo zusammen,

In meiner Vorstellungswelt kann natürlich der Rechenweg variieren. Und wenn der Weg logisch korrekt und nachvollziehbar ist, dann muss das auch volle Punktzahl geben.

Nun kann ich mir aber auch vorstellen, dass ein Rechenweg zwar ein richtiges Ergebnis liefert und trotzdem logisch falsch ist oder auch nicht nachvollziehbar ist - das ist im ersten Fall nix Wert und das gibt im zweiten Fall Abzüge. Es ist sicher legitim zu fordern eine Leistung so zu dokumentieren, dass sie nachvollziehbar ist…

Gib doch mal ein Beispiel: Aufgabenstellung und Dein Rechenweg und sag Dir was ich werten würde - wenn ichs kann …

Hallo Mike!

ich wollte mich mal erkundigen, wie Lehrer eigentlich die
Rechenschritte bewerten?

Wie Du hier siehst, ganz unterschiedlich. Wir haben an der Uni auch einen Prof, der sich nur die Ergebnisse ansieht. Dann kommen immer die Studenten und protestieren: Sie wollen Punkte auf den Rechenweg.
Pauschal kann ich auch nicht sagen, wie ich einen Rechenweg bewerte, aber wenn ich eine Aufgabe stelle, oder spätestens wenn ich die erste Arbeit kontrolliere, überlege ich mir, was genau ich sehen will.

Nun würde mich
eben interessieren, ob man wirklich Punkte abgezogen bekommt
und die Note dadurch schlechter werden kann, wenn das Ergebnis
stimmt aber der Rechenweg nicht so ist wie sich der Lehrer das
vorstellt.

Das kann durchaus sein, gerade in der Schule. Da geht es ja nicht unbedingt ums Lösen, sondern eher ums Erlernen von Methoden. Ein Extrembeispiel wäre, eine Lösungsformel (die noch nicht behandelt wurde) in einer Formelsammlung nachzuschlagen. Das ist durchaus eine Methode, die zur richtigen Lösung führt und im entsprechenden Kontext die beste Wahl ist, aber in der Unterrichtssituation eben nicht, weil der entsprechende Stoff nicht angewandt wurde.
Noch ein Beispiel, bei dem das Diskussionspotential schon höher liegt: Der gaußsche Algorithmus wird behandelt. Dies ist vielleicht ein Einstieg in Algorithmen überhaupt oder eine Vorbereitung auf einen späteren Informatikkurs, weil dieser Algorithmus einfach zu programmieren ist. Nun gilt es also, Gleichungssysteme mit diesem Algorithmus zu lösen. Wenn jetzt jemand ein Einsetzungsverfahren benutzt oder ohne Ordnung drauflosaddiert, dann hat er das Lernziel nicht erreicht und hat durchaus eine schlechtere Note verdient, auch wenn das Ergebnis stimmt.
Natürlich muss das immer vorher klar sein, also entweder in der Aufgabe stehen oder angesagt werden. Aber bei Dir wurde es offensichtlich angesagt.

Der Beruffsschullehrer möchte immer jeden Schritt genau so,
wie er es vorgerechnet hatte und mag es nicht wie ich zum
Ergebnis komme.
Auf was wird denn noch Wert gelegt, wenn
Einfallsreichtum und Intelligenz quasi egal sind…

Ob dieses Vorgehen in der Berufsschule angebracht ist, kannst Du sicher besser beurteilen als ich. Das Problem bei dieser speziellen Unterrichtssituation ist ja, dass es quasi eine Mischung aus Schule und Uni bildet. In der Schule steht das Lernen im Vordergrund, es wird das Handwerkszeug der Mathematik erworben. An der Uni spielt Denken die übergeordnete Rolle, das meiste sollte sich nicht nach einem Schema lösen lassen.

Noch ein fachfremder Vergleich, der vielleicht sogar den letzten Absatz klärt:
Im Klavierunterricht lernt der Schüler, die Hände richtig zu halten, Noten zu lesen, Werke verschiedener Epochen stilsicher vorzutragen und, bei gutem Unterricht, auch Blattspiel.
Ein Berufspianist entwickelt sich, indem er seinen persönlichen Vortragsstil findet, dabei auch mal Konventionen bricht, eventuell sogar selbst komponiert.
Das Konservatorium steht zwischen Schule und Beruf. Hier wird sowohl Wert auf barocke Aufführungspraxis gelegt als auch darauf, dass man diese geschickt zu einem persönlichen Klangbild erweitert. Da darf es auch mal eine schlechte Note für zuviel Pedal bei Bach geben, obwohl zum Weihnachtskonzert dasselbe Stück auf dieselbe Weise vorgetragen wird und frenetischen Beifall erntet.

Die Deutung dieses Gleichnisses ist, denke ich, offensichtlich genug, deshalb verbleibe ich nun
mit freundlichem Gruße,

Immo