Hallo,
zu den Äußerlichkeiten:
Das Zeugnis muss…
- auf offiziellem Firmenpapier geschrieben sein
- darf nur geknickt sein wenn man es kopieren kann ohne dass die Knicke auf den Duplikaten sichtbar sind
- das Adressfeld darf nicht, wie bei einem Brief, ausgefüllt sein
- das Datum SOLLTE (ist aber nicht einklagbar) auf den Tag des Ausscheidens aus dem Unternehmen datiert sein (nicht etwa auf das Datum, an dem der Text geschrieben wurde)
- die Unterschrift muss von einem hochrangigen Vertreter der Firma (Chef, Leiter Personalabteilung, …) persönlich geleistet worden sein. „I. A. Müller, Sekretärin des Abteilungsleiters“ reicht nicht
- unter der Unterschrift müssen Name und Funktion des Unterzeichnenden nochmal in Maschinenschrift stehen.
Nun zum Inhalt.
Was sagt Ihr zum Zeugnis?
In einem Wort: mies!
Frau XXX, geboren am xx.xx.1974, hat am xx.xx.1992
Die Daten solltest du nicht weg-x-en, vor allem nicht beim Datum deines Ausscheidens aus dem Unternehmen. Ein Monatsende spricht nämlich für eine regelrechte Kündigung, ein Ausstieg am 17. des Monats für fristlose Entlassung…
in unserem
Umternehmen angefangen.
„Angefangen“ sagt man am Stammtisch. In einem Zeugnis heißt es „ihre Tätigkeit aufgenommen“ oder „war … tätig“ weil das einfach besser klingt.
Nach ihrer erfolgreichen Ausbildung
zur Schauwerbegestalterin konnten wir sie als
Schauwerbegestalterin in ein Anstellungsverhältnis in unserem
XXX Modehaus in Köln übernehmen.
Mit ein bisschen Mühe kann man „Schauwerbegestalterin“ noch 3 Mal in dem Satz unterbringen… also auch hier: klingt einfach doof.
„Anstellungsverhältnis“ sagt auch kein Mensch. Besser: „Nach erfolgreich absolvierter Ausbildung übernahmen wir sie als Schauwerbegestalterin in unserem Modehaus…“
Zum 1.Februar 2000
Nochmal: Grammatik! Besser: „Am 01.02.2000…“
Es zeigt sich hier dass der zeugnisschreiber im Formulieren nicht ganz so der König ist. Was auch nicht gut aussieht: wenn Daten in unterschiedlichen Formaten geschrieben sind: mal 01.02.2000, im nächsten Satz 1.Februar 2000, anderswo vielleicht noch 01.02.00… das sollte im Idealfall einheitlich sein und am besten im Format tt.mm.jjjj, also 01.02.2000.
wechselte Frau XXX zu unserem XXX Modehaus
in Bonn. In der Zeit von April 2001 bis Juni 2006 befand sich
Frau XXX in Mutterschutz und Elternzeit.
Jetzt frage ich mich: was war zwischen Juni 2006 und xx.xx.2008? Bist du ab Juli 2006 wieder als Schauwerbegestalterin in Bonn tätig gewesen, oder was hast du seitdem gemacht? Das sollte schon erwähnt werden, denn es wird hier nicht ganz klar und wenn das Zeugnis bis 2008 reicht sollte da schon sowas stehen wie „Im Juni 2006 kehrte sie auf ihre Stelle zurück“ oder sowas…
Zu ihren Aufgaben als Deko-Mitarbeiterin zählten:
. Planung und Umsetzung der Fenster- und Innendekoation
. Durchführung von Verkaufsaktionen
. Abteilungsaftritt und Warenpräsentation
. Verwendung des Dekorationslimits
. Ordnungsgemäße Ladenbeleuchtung
Klingt ein wenig mager. Man muss die Tätigkeitsbeschreibung nicht durch unnötige Erwähnung selbstverständlicher Details aufblähen, aber auch nicht um notwendige Aspekte der Arbeit kürzen; ich stelle mir vor dass du beispielsweise Preiskalkulationen oder den Einkauf von Dekomaterial innerhalb eines Budgets organisiert hast, „Planung“ besagt doch sicher dass du gewisse kreative Stilmittel gebraucht hast - Planung am PC, Zeichnungen angefertigt, etc.? Ich würde einen Tick mehr ins Detail gehen!
Wir kannten Frau XXX
Autsch! Das klingt aber seeeeehr distanziert. Besser: „Frau X ist…“
als einsatzfreudige, selbstständige und
belastbare Mitarbeiterin. Dank ihrer Flexibilität war sie in
der Lage, sich schnell auf die unterschiedlichen Anforderungen
ihres vielseitigen Aufgabengebietes einzustelln. Gern
bestätigen wir,
Sozusagen „gerne nachdem man uns darum bat“, also sinngemäß „eigentlich finden wir es nicht, haben uns aber breitschlagen lassen es hinzuschreiben“.
dass Frau XXX alle ihr übertragenen Aufgaben
stets zu unserer vollsten Zufriedenheit ausgeführt hat.
„Übertragen“ werden Aufgaben wenn jemand nicht selbstständig ist. Das aber warst du doch angeblich: „einsatzfreudig und selbstständig“… Also war das tatsächlich nur so hingeschrieben! Unter dem Strich: es klappte wenn sie einen Arschtritt bekam, ansonsten war nicht soo viel mit ihr los.
Wenn man mit dir zufrieden war - und dafür spricht die lange Dauer deiner Tätigkeit - sollte das alles deutlich positiver formuliert werden.
Sie setzte sich immer engagiert für die Belange unseres
Unternehmens ein;
Jooooaaaahhh… naja, naja… gut gemeint aber man könnte, wenn man böse denkt, auch glauben dass du ziemlich arrogant im Auftreten warst; sich „engagiert einsetzen“ hat in einem Zeugnis immer den negativen Touch von „es übertreiben“.
ihr persönliches Verhalten gegenüber
Vorgesetzten und Kollegen sowie Geschäftspartnern unseres
Unternehmens war stehts vorbildlich.
„Stets“ ohne h. Überhaupt: die häufigen Rechtschreibfehler müssen raus! Sonst wirkt es so als wolle man damit bewusst ein - schon in der Rechtschreibung - schlechtes und nicht sorgfältig geschriebenes Zeugnis abliefern, so als hättest du das nicht verdient.
Der guten Ordnung halber
erwähnen wir Ehrlichkeit, Fleiß und Pünktlichkeit.
Um Gottes Willen!!! „Der guten Ordnung halber“ ist tödlich! Das sagt: wir können sonst nichts Gutes schreiben und erwähnen nur Selbstverständlichkeiten wie Ehrlichkeit, Fleiß und Pünktlichkeit. Vor allem aufgrund deiner so langen Tätigkeit muss da sowohl im Umfang wie auch bei den genannten Punkten WEIT mehr kommen als so ein grausamer, grottenschlechter Satz - und mehr nicht.
Das Arbeitsverhältnis endete zum xx.xx.2008 aus
betriebsbedingten Gründen.
Aha. Und die „betriebsbedingten Gründe“ sind dass es Ärger gab, oder was ist Anlass der Trennung nach so langer Zeit? Ein bisschen deutlicher sollte es schon sein, jedenfalls wenn es einen „guten“ Grund gibt.
Wir bedanken uns für die gute
Zusammenarbeit
„stets“ gute Zusammenarbeit wäre nicht schlecht… oder warst du nur manchmal eine angenehme Mitarbeiterin?
Außerdem fehlt der Ausdruck des Bedauerns - man ist also froh dich los zu sein - nicht gerade gut.
und wüschen ihr für ihren weiteren Berufs- und
Lebensweg alles Gute.
Wenn du gut warst muss man dir „weiterhin alles Gute“ wünschen. Wenn man dir nur für den „weiteren Weg“ alles Gute wünscht warst du bisher nicht gut, aber man wünscht dir dass du es zukünftig vielleicht wirst.
Also ein schlechter Schlußsatz.
Das Zeugnis ist auch viel zu kurz geraten, wer so lange in einem Unternehmen tätig war sollte schon etwas mehr Text bekommen.
Gruß,
MecFleih