Bewertung Zitat Winston Churchill

Hallo,

Churchill soll angeblich einmal gesagt haben „Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz, wer mit 40 immer noch einer ist, hat keinen Verstand“.

Übersetzt bedeutet das wohl, dass man in jungen Jahren lediglich Mangels besseren Wissens Sozialist sein kann. Später, wenn man älter, reifer und klüger ist, erkennt man, dass der Sozialismus nichts taugt.

1.) In welchem Zusammenhang hat Churchill das gesagt?
2.) Hat er das wirklich geglaubt oder war dies lediglich eine rhetorische Aussage?
3.) Falls er dies wirklich geglaubt hat, muss es ja trotzdem nicht stimmen. Aber aufgrund welcher Umstände hat er dies geglaubt? Welche Erfahrungen/Beobachtungen hat Churchill gemacht, die ihn zu dieser Ansicht geführt haben?
4.) Ist diese Aussage objektiv verifizierbar, bzw. widerlegbar?

Vielen Dank für die Auskünfte!!!

lg Karl

Hallo Karl,

das Zitat wird hier (http://www.gutzitiert.de/zitat_autor_benedetto_croce…) Herrn Croce zugeschrieben.

Übersetzt bedeutet das wohl, dass man in jungen Jahren
lediglich Mangels besseren Wissens Sozialist sein kann.
Später, wenn man älter, reifer und klüger ist, erkennt man,
dass der Sozialismus nichts taugt.

Der Interpretation kann ich nicht folgen. Der steinige Weg nach Utopia ist für einen jungen Mann halt einfacher als für einen Alten, die Interessen, Möglichkeiten und Besitze werden andere. Dass der Kommunismus oder Sozialismus nicht taugt kann daraus nicht erkennen.

Gruß
achim

Hallo, Achim,

dass der Sozialismus nichts taugt, war von mir wohl etwas flapsig formuliert und ist keinesfalls meine Meinung, auch wenn ich mich selbst nicht als Sozialist bezeichnen würde.

Deine Interpretation finde ich interessant, wäre mir aber zu unspektakulär :smile:

Der Sozialismus ist am (eigentlich gesunden Egoismus) des Menschen gescheitert. Wer ist denn bereit, sich anzustrengen und Leistung zu bringen, wenn die Früchte seiner Arbeit nicht ihm selbst zukommen, sondern dem Kollektiv? Soweit ist die spirituelle Evolution des Menschen noch nicht entwickelt.

Außerdem liegt es auf der Hand, dass Macht, Wohlstand und Geld den Menschen korrumpieren.

Wer wollte denn in einer klassenlosen Gesellschaft leben, wenn er andernfalls selbst der Elite angehören würde und sich somit freiwillig schlechter stellen? Für denjenigen gibt es keinen Anreiz derart anzustreben.

Das Leben in einer klassenlosen Gesellschaft erscheint nur für denjenigen attraktiv, der ansonsten schlechter abschneiden würde.

Mein Prof hat mal gesagt (sicher selbst sehr konservativ):
„Geht mal mit nem Koffer mit 1 Mio. Euro in bar nach Berlin zum Bahnhof Zoo und bietet ihn den Punks an. Was meint ihr, wie viele der Punks den Koffer ablehnen würden? Keiner!“

Nun sind Punks nicht unbedingt Sozialisten, aber erst recht keine Kapitalisten oder Materialisten, insofern finde ich das Beispiel doch passend.

Ob der Prof Recht hatte, weiß ich nicht. War sicher sehr polemisch von ihm.

lg Karl

Zitat Winston Churchill
Hallo,

das Zitat wird hier
(http://www.gutzitiert.de/zitat_autor_benedetto_croce…)
Herrn Croce zugeschrieben.

Wieder eines der vielen Zitate, die viele Väter haben.

Hier wird es François Guizot zugeschrieben:
http://en.wikipedia.org/wiki/Fran%C3%A7ois_Guizot
http://listosaur.com/politics/10-famous-quotes-misat…

Dass es wohl ziemlich sicher nicht von Churchill ist, bestätigt die Churchill Seite:
http://www.winstonchurchill.org/
Unter „Churchill quotes and stories“

Gruß, Maresa

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Hallo.

Das Zitat ist von dem wohlbekannten Herrn Unbekannt. Ich habe es immer so gehört: Wer mit zwanzig kein Radikaler ist… , und mit vierzig kein Konservativer…

Diese Version erübrigt die (allzu tiefe) Diskussion über Sozialismus. Die Zahl vierzig kann auch fünfzig, sechzig sein.

Beste Grüsse,
TR

Hallo Karl,

Churchill soll angeblich einmal gesagt haben „Wer mit 20 kein
Sozialist ist, hat kein Herz, wer mit 40 immer noch einer ist,
hat keinen Verstand“.

Das Zitat wird mehreren Autoren zugeschrieben. Andererseits wird fast schon jedes Zitat Churchill zugeschrieben. Seine Autorenschaft ist daher mehr als zweifelhaft und die Fragen 1 bis 3 damit eigentlich obsolet.

Übersetzt bedeutet das wohl, dass man in jungen Jahren
lediglich Mangels besseren Wissens Sozialist sein kann.
Später, wenn man älter, reifer und klüger ist, erkennt man,
dass der Sozialismus nichts taugt.

Ich habe das immer anders interpretiert (egal, von wem es stammt): In jungen Jahren rührt einen die Ungerechtigkeit in der Welt, man lässt sein Herz sprechen und will allen Menschen, denen es nicht gut geht, helfen. Da dies das Grundversprechen des Sozialismus ist, sind junge Menschen oft Sozialisten oder stehen dem sozialistischen Gedankengut nahe. Wenn man dann älter geworden ist und selbst erfahren hat, wie es in der Welt so läuft, ändert man seine Ansichten. Entweder, weil man die Welt kennen gelernt hat und glaubt, dass da nicht mal mehr der Sozialismus helfen kann oder weil man den Sozialismus kennengelernt hat und nun glaubt, das sei die falsche Lösung oder weil man sich im Alter mit den bestehenden Verhältnissen besser arrangieren kann, sie gar für richtig hält. Damit will ich nichts über den Wahrheitsgehalt bestimmter Ansichten ausgesagt haben. Aber ich bemerke auch in meinem Umfeld, dass viele Leute mit zunehmendem Alter konservativer werden.

3.) Falls er dies wirklich geglaubt hat, muss es ja trotzdem
nicht stimmen. Aber aufgrund welcher Umstände hat er dies
geglaubt? Welche Erfahrungen/Beobachtungen hat Churchill
gemacht, die ihn zu dieser Ansicht geführt haben?
4.) Ist diese Aussage objektiv verifizierbar, bzw.
widerlegbar?

Ohne speziell auf Churchill eingehen zu wollen, glaube ich, dass Menschen mit zunehmendem Alter konservativer werden (sich vom Sozialismus abwenden): Man hatte 20 Jahre Zeit, Geld und Güter anzuhäufen und wer das getan hat, hat natürlich was zu verlieren und wird sich entsprechend äußern. Und wer das nicht geschafft hat, dessen Aussprüche verhallen oft ungehört und untradiert. Und wer es zu was gebracht hat, hat das nur geschafft, wenn er sich an die herrschenden Spielregeln angepasst und sie akzeptiert hat. Und wer in seiner Jugend den Sozialismus sehr ernst genommen hat, hat sich vielleicht nicht angepasst und ist eine gescheiterte Existenz geworden und dient dann wiederum dem anderen als schlechtes Beispiel, was dessen Grundhaltung noch verstärkt, weil der Mensch anhand von Beispielen lernt. Vielleicht kennst Du ja die Sparkassenwerbung für Bausparverträge, die mit der Umkehrung dieses Effektes spielt: wenn das Kind am Ende sagt, dass es auch mal Spießer werden will.

Küchenpsychologie. Daher glaube ich auch nicht, dass diese Aussage beweisbar ist. Es sei denn, Du fragst heute 1000 Leute nach ihren Ansichten und misst ihren IQ und EQ und wiederholst das Ganze in 20 Jahren.

Grüße, Thomas

Hallo,

ich finde es auch sehr interessant, warum Menschen glauben, was sie glauben, warum sie welche Ansichten haben und frage mich ob diese letztlich nicht beliebig sind, weil diese Menschen unter anderen Umständen genau vom Gegenteil überzeugt wären. Aber das ist ein anderes Thema und gehört eher ins Psychologie-Brett.

Ich glaube auch (warum auch immer), dass Menschen, sobald sie von einem (auch ungerechten) System profitieren, auf die Ungerechtigkeit pfeifen.
Wobei die Diskussion, ob z. B. der Kapitalismus ungerecht ist erst geführt werden müsste. Es würde Jahre dauern. Ein Hartz IV-Empfänger würde diese Frage sicher anders beantworten, als ein Wirtschaftskapitän. Hätte der Sozialhilfeempfänger allerdings die Möglichkeit selbst ein Großindustrieller zu werden, würde er diese Option sehr wahrscheinlich wählen, ohne sich an den vermeintlichen Ungerechtigkeiten des Kapitalismus zu stören.

Und der Sozialismus? Letztlich waren Breschnew oder Chruschtschow selbst auch Bonzen. Von klassenloser Gesellschaft weit und breit keine Spur.

Auch bei uns haben Gewerkschaftsführer statusmäßig mit einem Minister mehr gemeinsam, als mit einem Arbeitnehmer, dessen Interessen sie vertreten sollen. Aber das liegt vielleicht in der Natur der Sache.

lg Karl

Hallo, Thomas,

muss noch ein paar Zeilen loswerden. Du hast einige für mich sehr interessante und wichtige Dinge angesprochen. Jetzt hab ich mehr Zeit.

Ohne speziell auf Churchill eingehen zu wollen, glaube ich,
dass Menschen mit zunehmendem Alter konservativer werden (sich
vom Sozialismus abwenden): Man hatte 20 Jahre Zeit, Geld und
Güter anzuhäufen und wer das getan hat, hat natürlich was zu
verlieren und wird sich entsprechend äußern. Und wer das nicht
geschafft hat, dessen Aussprüche verhallen oft ungehört und
untradiert. Und wer es zu was gebracht hat, hat das nur
geschafft, wenn er sich an die herrschenden Spielregeln
angepasst und sie akzeptiert hat. Und wer in seiner Jugend den
Sozialismus sehr ernst genommen hat, hat sich vielleicht nicht
angepasst und ist eine gescheiterte Existenz geworden und
dient dann wiederum dem anderen als schlechtes Beispiel, was
dessen Grundhaltung noch verstärkt, weil der Mensch anhand von
Beispielen lernt. Vielleicht kennst Du ja die
Sparkassenwerbung für Bausparverträge, die mit der Umkehrung
dieses Effektes spielt: wenn das Kind am Ende sagt, dass es
auch mal Spießer werden will.

Zuerst: Die Werbung kenne ich. Schlimm genug, dass man mit solchen Dingen Werbung machen kann und die Leute vor dem Fernseher dazu noch schmunzeln müssen.
Dass man eine gescheiterte Existenz ist, wenn man quasi mit 80 keine Million auf dem Konto hat, ist auch eine typische Ansicht, die belegt, wie sehr uns das System vereinnahmt hat.
Es gibt praktisch nur zwei Möglichkeiten: Das System anerkennen und es dann zu etwas bringen können (vielleicht) oder das System ablehnen und als gescheiterte Existenz enden. Ist das eigentlich durch unsere Verfassung gedeckt? Was ist mit der Würde des Menschen? Wie ist diese definiert? Wann lebt der Mensch in Würde? Wenn er Karriere gemacht hat und viel verdient oder auch wenn er es zu nix gebracht hat?

Anderes Beispiel, dass auch sehr schön zeigt, wie perfide das System ist. Nimm doch mal den Werdegang der Toten Hosen. Eine Punkband (ursprünglich). Mit Geld und materiellen Dingen ursprünglich nix am Hut - eher im Gegenteil-gegen das System und das Establishment gesungen, etc.
Später dann populär und berühmt geworden und (ganz wichtig!!!) damit unweigerlich auch reich geworden, um nicht zu sagen - steinreich. Das System hat seine Kritiker quasi vereinnahmt, indem es sie am Kapitalismus teilhaben hat lassen. Sehr elegant und effektiv gelöst wie ich finde.

So wie ein Drogenfahnder der Kripo, der von einem Dealer abhängig gemacht wird und am Ende selbst ein Junkie wird und kein Fahnder mehr ist. Von dem hat der Dealer nix mehr zu befürchten, er verdient jetzt sogar Geld mit ihm.

Die Geschichte der kapitalistischen Konsumgesellschaft ist ohne die Geschichte unserer Gesinnung nicht denkbar. Wir sind alle Nutznießer des Systems und wenn nicht, dann hoffen wir zumindest, es noch zu werden. Warum spielen Menschen Lotto? Weil sie gerne reich wären! Wenn nicht durch Karriere, dann wenigstens durch einen Lottogewinn.

Das hört sich jetzt so an, als wäre ich der größte Kommunist. Ist aber eigentlich gar nicht so.

Gute Nacht, Karl

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Hallo Karl,

ein Kommunist bin ich auch nicht - dafür ist der Kommunismus zu dogmatisch und ich bin zu individualistisch. Das muss aber nicht heißen, dass ich mit den bestehenden Verhältnissen zufrieden bin. Mit das Schlimmste an der Dialektik ist meiner Meinung nach die Reduktion einer komplexen Situation auf zwei Alternativen.

Zu den Toten Hosen möchte ich noch ergänzen: In Diktaturen ist und war die Veröffentlichung der eigenen Meinung nie erwünscht und unterdrückt. Im Kapitalismus kannst Du sagen und schreiben was Du willst, am im riesigen Markt der Meinungen hört Dir keiner zu - eine viel elegantere Lösung als die Zensur und auch noch systemstabilisierend. Wie bei den Toten Hosen: man vereinnahmt die Kritiker. Und wo früher Spitzel umhergehen, an der Wand hochspringen und sich mit dem Ohr daran festsaugen oder gar Geständnisse durch Folter erzwingen mussten, erzählt man den Leuten heute, es sei in, ständig ein mobiles Dateneingabegerät der Sicherheitsbehörden mitzuführen und dort seine geheimsten Daten einzugeben. Und die Leute tun es!

Grüße, Thomas

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Hallo, Thomas,

Ihre Meinung ist nicht gerade Mainstream und wird in Staatskundelehrbüchern so nicht dargestellt (warum eigentlich nicht - wir leben doch in einer freiheitlichen Demokratie, da sind doch alle zu allen total fair und liebenswert, da müsste man solche Zusammenhänge doch nicht unter den Tisch kehren), trotzdem sehe ich das ganz genau so.

Kenne aber sehr wenige Menschen, die das so sehen, obwohl es auf der Hand liegt. Was würde sich aber ändern, wenn viele oder fast alle Menschen das so sehen würden? Wahrscheinlich nichts!

Noch ein Beispiel:

Theoretisch hätte zwar jeder das Recht und die Möglichkeit seinen Job zu kündigen, sein Hab und Gut zu verkaufen und als Aussteiger oder Landstreicher sein Leben zu fristen. In einem freiheitlichen System wie dem unseren darf man sich so entscheiden. Hört sich im ersten Moment gut an. Der Punkt ist aber, dass das die allermeisten Menschen gar nicht wollen!!! Und warum nicht? Weil es kein Sozialprestige verspricht, bzw. sogar gesellschaftlich geächtet ist. Also studiert man lieber BWL, Jura oder Medizin um später mal viel Geld zu verdienen und es zu etwas zu bringen, damit man angesehen und geachtet ist. Man kann ja steuern, was Menschen wollen, bzw. was sie glauben zu wollen. Menschen wollen meistens das, was ihnen einen Vorteil bringt oder von dem sie glauben, dass es ihnen einen Vorteil bringt (ist im Ergebnis das Gleiche).
In der Schule werden Kinder ausgegrenzt, weil sie Klamotten von KIK oder C&A tragen, anstatt teure Markenkleidung. Eltern wollen aber nicht, dass ihre Kinder ausgegrenzt werden, also müssen Markenklamotten her. Dazu braucht man Geld. Geld bekommt man aber nur, wenn man mit dem System kollaboriert, etc. Ein Teufelskreis, der übrigens sehr unmenschlich ist und der Würde des Menschen total entgegenläuft. Wird in einem Jura-Studium so aber natürlich auch nicht gelehrt.

Der eigentlich richtige und preisgünstigere Ansatz wäre, dass Kinder von ihren Altersgenossen erst gar nicht ausgegrenzt werden, wenn sie billige Kleidung tragen.

Aber wie will man das erreichen? Wie will man alle Altersgenossen eines Kindes so beeinflussen, dass sie darauf verzichten dieses Kind auszugrenzen? Man müsste erreichen, dass sie es gar nicht wollen, weil sie Billigkleidung völlig in Ordnung finden, es vielleicht sogar für klug erachten, wenn jemand sparsam lebt und nicht so viel Geld für unnötig teure Kleidung ausgibt. Dazu müsste man den Zeitgeist verändern. Aber wie??? Es wäre ein völlig aussichtsloses Unterfangen…

Wir sind formal alle total frei, es nutzt faktisch aber nichts!!! Es wirkt sich nicht aus. Und vieles sind auch Scheinfreiheiten. Was nutzen 200 Fernsehkanäle und 15 verschiedene Supermarktketten? Auch das Wahlrecht ist m. E. solch eine Scheinfreiheit, bzw. ein Scheinrecht. Es ist doch total egal, welche Partei man wählt.

Uns geht es gut (den meisten) und auch das ist wiederum ein Trick. „Voller Bauch rebelliert nicht gern“, fällt mir dazu ein

lg Karl

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Hallo Karl,

ich weiß nicht, ob das eine Frage des Sozialprestiges ist. Der Mensch weiß, was morgen mit ihm passiert, wenn er heute nichts fängt: er stirbt hungers. Und der Mensch hat das Bedürfnis, seinen Nachwuchs zu schützen und ihm ein möglichst gutes Leben zu ermöglichen. Es gibt kein Bedürfnis, Markenklamotten zu tragen. Aber wenn Du den Leuten klar machst, dass ihre Kinder gemobbt werden, wenn sie keine tragen, dann kaufst Du halt welche. Und wenn Du keinen Job hast, musst Du und muss Deine Familie hungers sterben. Und wenn Du keine Lebensversicherung abschließt, muss Deine Familie hungers sterben, wenn Du umkommst. Und wenn Du keinen SUV fährst, dann werden Du und Deine Familie bei einem Autobahnunfall eben von einem SUV platt gemacht. In diesem biblischen Stil könnte man weitermachen.

Und wenn man biblisch bleibt, könnte man gleichen den Markt mit dem goldenen Kalb gleichsetzen. Aber wir sind eh schon so off Topic…

Grüße, Thomas

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Guten Abend, Thomas,

nur noch kurz zur Erläuterung:

Landstreicher zu werden, ist vielleicht eine etwas krasse Methode, um der Konsumgesellschaft mit all ihren Zwängen etwas entgegenzusetzen. Trotzdem würde man als Landstreicher wahrscheinlich nicht verhungern müssen.

Die Konsumgesellschaft hat theoretisch einen großen Feind und der heißt Konsumverzicht (kein absoluter Verzicht, denn Nahrung, Kleidung, etc. braucht man, aber 3 Handys, 2 Notebooks, 100 PC Spiele, 50 verschiedene Klingeltöne fürs Handy, etc. braucht man sicher nicht, dennoch gibt es große Nachfrage nach solchen Dingen. Warum? Weil die Leute diese Dinge haben wollen. Und warum? Weil sie glauben, dass diese Dinge in sind und cool und dass man besser damit lebt. Ob das objektiv stimmt oder nicht, spielt dabei überhaupt keine Rolle.

Die gesamte Marketing-Branche beschäftigt sich letztlich nur mit einer einzigen Frage: Wie kann ich Leute dazu veranlassen, sich von ihrem Geld zu trennen und Produkt xy zu erwerben. Wie kann man erreichen, dass Leute das Produkt xy haben wollen? Denn dann kaufen sie es auch, notfalls und allzu oft auf Pump.

Diese Branche handelt m. E. in höchstem Maße unmoralisch, weil sie Menschen in Abhängigkeiten treibt (Kaufsucht) und quälende Begierden weckt und damit den Menschen letztlich ihren Seelenfrieden raubt.

Die Theorie sagt „Man muss ja das und jenes nicht kaufen, nur weil dafür Werbung gemacht wird“, aber die Wahrheit ist, dass Werbung ja nur deshalb gemacht wird, weil man weiß, dass sie wirksam ist und nicht weil man hofft, dass ihr möglichst viele Menschen widerstehen können.

Gruß, Karl

Hallo Karl,

um nicht in Defätismus zu verfallen zum guten Schluss auch mal was Positives: Damit der Rubel rollt, muss das Geld wieder unter die Leute gebracht werden. Nicht meine Regel, aber DIE Regel. Und dann sind mir Klingeltöne und PC-Spiele lieber als irgend ein anderer Scheiß, weil hier das Verhältnis von Umsatz zu Umweltverschwendung relativ hoch ist. Zumindest vermute ich das. Vielleicht sollte jemand, der sich mit sowas auskennt, man Umsatz, Gewinn und Ressourcenverbrauch für einen Klingelton und ein SUV vergleichen. Das würde mich mal interessieren. Dann könnte ich, wenn nach der nächsten Bundestagswahl das Gesetz zur Unterstützung der Wirtschaft durch Konsumzwang kommt (weil die Werbung allein nicht mehr reicht), meinen Konsum wenigstens ökologisch bewerten und entsprechend steuern.

Grüße, Thomas

MOD: Hüstel
Ähem:
ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Teilthread das Gebiet der „Geschichte“ verlassen hat… würde es euch etwas ausmachen, wieder zum Thema dieses Brettes zurückzukehren.

Vielen Dank
Mike
[MOD dahier]

Der eigentlich richtige und preisgünstigere Ansatz wäre, dass
Kinder von ihren Altersgenossen erst gar nicht ausgegrenzt
werden, wenn sie billige Kleidung tragen.

Aber wie will man das erreichen? Wie will man alle
Altersgenossen eines Kindes so beeinflussen, dass sie darauf
verzichten dieses Kind auszugrenzen? Man müsste erreichen,
dass sie es gar nicht wollen, weil sie Billigkleidung völlig
in Ordnung finden, es vielleicht sogar für klug erachten, wenn
jemand sparsam lebt und nicht so viel Geld für unnötig teure
Kleidung ausgibt. Dazu müsste man den Zeitgeist verändern.
Aber wie??? Es wäre ein völlig aussichtsloses Unterfangen…

Die längst vorhandene Lösung dieses angeblichen Riesenproblems ist so simpel und nachhaltig zu bewerkstelligen, dass jeder, der sie nach langer vergeblicher Suche zum erstenmal bewusst wahrnimmt, sich mit der flachen Hand gegen die Stirn klatscht…

Das Problem ist weniger die Lösung als das Land, in dem man sie umsetzen müsste.

s.

Hallo,

das Thema gehört ja wohl eher in den Bereich Innen- evtl. auch Europapolitik.
Davon abgesehen, ist Deine bipolaren Geselschaftstheorie anhand der Realität ad absurdum geführt.

Dass man eine gescheiterte Existenz ist, wenn man quasi mit 80
keine Million auf dem Konto hat, ist auch eine tyische Ansicht

Wer behauptet diesen Nonsens? Ich kenne keinen.

die belegt, wie sehr uns das System vereinnahmt hat.

Da die unterstellte Prämisse Nonsens ist, ist es diese Schlußfolgerung auch.

Es gibt praktisch nur zwei Möglichkeiten: Das System
anerkennen und es dann zu etwas bringen können (vielleicht)
oder das System ablehnen und als gescheiterte Existenz enden.

Eine irreale Schlußfolgerung. Es gibt Millionen in D, die es zwar „zu nichts gebracht“ haben (im Sinne eines Vermögens), dennoch keinesfalls eine „gescheiterte Existenz“ sind.

Wann lebt
der Mensch in Würde? Wenn er Karriere gemacht hat und viel
verdient oder auch wenn er es zu nix gebracht hat?

Auch im zweiten Fall. Näheres zum Begriff "Würde des Menschen" hier.

Das System hat seine Kritiker quasi vereinnahmt,
indem es sie am Kapitalismus teilhaben hat lassen. Sehr
elegant und effektiv gelöst wie ich finde.

Ganz schlimm. Das böse System hat mit zielgerichteter Aktion die guten Systemkritiker korrumpiert. Niemand hat sie gezwungen. Sie hätten das ganze Geld auch spenden können und wären damit frei von ihrer Bürde gewesen.

So wie ein Drogenfahnder der Kripo, der von einem Dealer
abhängig gemacht wird und am Ende selbst ein Junkie wird und
kein Fahnder mehr ist. Von dem hat der Dealer nix mehr zu
befürchten, er verdient jetzt sogar Geld mit ihm.

Sehr bildhaft und polemisch.

Die Geschichte der kapitalistischen Konsumgesellschaft ist
ohne die Geschichte unserer Gesinnung nicht denkbar.

So wie jeder andere, einmal existente -ismus ebenfalls.

Wir sind
alle Nutznießer des Systems und wenn nicht, dann hoffen wir
zumindest, es noch zu werden. Warum spielen Menschen Lotto?
Weil sie gerne reich wären! Wenn nicht durch Karriere, dann
wenigstens durch einen Lottogewinn.

Und? Ein erheblicher Teil der Spieleinnahmen kommt der Gesellschaft zugute.

Du scheinst einfach zu ignorieren, dass wir gar nicht in einem kapitalistischen System leben. Unser Wirtschaftssystem ist das einer sozialen Marktwirtschaft. Unser politisches System ist eine repräsentative, parlamentarische Demokratie.

Nähereshier.
Genaugenommen ist der Ur-Sozialismus und der Ur-Kapitalismus in diesem System sehr weitgehend harmonisiert worden.

Gruß
vdmaster

Der auch weit, weit entfernt vom Millionär ist.

Ja, da stimme ich Dir auf alle Fälle zu.

Aber die Sache mit der Ausgrenzung von Kindern in der Schule war ja nur ein kleines Beispiel dafür, wie die Vorgaben des Systems die Menschen prägen und wie die Menschen ohne es zu bemerken, den Eliten nach dem Mund reden.

Wenn es Schuluniformen gäbe, dann würden Kinder, die Billigklamotten tragen immer noch in ihrer Freizeit, also außerhalb der Schule, ausgegrenzt.

@MOD: Fällt im Zweifel unter die Geschichte der menschlichen Gesellschaften :smile:

Gruß, Karl

Hallo,

Du magst recht haben, dass ich hier etwas übertreibe und vieles zu extrem und polemisch dargelegt habe. Aber nur aus rhetorischen Gründen, um meine Argumente besser auf den Punkt bringen zu können.

Du scheinst einfach zu ignorieren, dass wir gar nicht in einem
kapitalistischen System leben. Unser Wirtschaftssystem ist das
einer sozialen Marktwirtschaft. Unser politisches System ist
eine repräsentative, parlamentarische Demokratie.

Das ist Lehrbuchwissen. Formal stimmt das zwar, faktisch aber nicht, zumindest meiner Meinung nach.

Wie sozial ist denn ein Wirtschaftssystem, das es zulässt, dass Menschen 40 STd in der Woche arbeiten und 800 € brutto im Monat verdienen? Jetzt sagst Du bestimmt: Die sind ja selbst dran schuld, sie hätten ja was Anständiges lernen können, dann wären sie jetzt vielleicht selbst Unternehmer und kämen ihrerseits in den Genuss, ihren Arbeitnehmern nur einen Hungerlohn zahlen zu müssen. (das wäre übrigens FDP-Doktrin)

Es wird ja immer argumentiert, dass Unternehmer solche niedrigen Löhne zahlen, weil sie ansonsten pleite gehen würden. Das mag im Einzelfall tatsächlich so sein, meistens ist es aber wohl so, dass die Unternehmen einfach nur größere Gewinne machen, als ohnehin schon.

Nur soviel zur Geschichte der Eliten…

Gruß, Karl

Wenn es Schuluniformen gäbe, dann würden Kinder, die
Billigklamotten tragen immer noch in ihrer Freizeit, also
außerhalb der Schule, ausgegrenzt.

In dem Land, in dem jene Aufnahmen entstanden, sind die Schüler nicht von morgens bis mittags, sondern von morgens bis abends zusammen in der Schule.

Und was das Wochenende angeht, da gibt es selbst aus dem Vorkriegsdeutschland Geschichten, dass Schüler bestraft wurden, wenn sie sonntags irgendwo außerhalb der Schule von einem Lehrer ohne ihre Schulmütze auf dem Kopf erwischt wurden.

Wie gesagt, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, die durchaus vorhandene Lösung ist nicht das Problem, sondern das Land, in dem sie zur Anwendung kommen müsste, das aber beim Anblick einer Schuluniform sofort in hysterisches Nazigekeife ausbrechen würde.

s.

Hallo smalbop,

In dem Land, in dem jene Aufnahmen entstanden, sind die
Schüler nicht von morgens bis mittags, sondern von morgens bis
abends zusammen in der Schule.

die Kinder der Cousine meiner Frau (doch, ehrlich!) gehen in England auf die Schule. Und weil ich mit meiner Frau, die ihres Zeichens Lehrerin ist, mal eine Diskussion zum Thema Schuluniform hatte (mit ähnlichem Hintergrund wie hier), haben wir die beiden Mädels mal dazu befragt. Und die meinten, dass man trotz der Regeln an ihrer Schule Unterschiede sähe:

  • maßgefertigt,
  • von der Stange, neu
  • von der Stange, vom älteren Geschwister
  • von der Stange, gebraucht gekauft
  • aus dem Fundus, gespendet

Und das würde auch diskutiert. Also auch das ist keine Lösung. Unterschiede brechen sich Bahn.

Grüße, Thomas

@Michael: ich hör jetzt auf, versprochen. Immerhin war Churchill auch Engländer. Also nicht ganz o.t.