Beziehung mit Borderline möglich?

Re^8: Nachfrage :smile:
Hallo!

Aber ich steh bei der Unterscheidung total auf der Leitung.
Ich finde in der Klassifikation nur die Anorexia nervosa.

Ich meinte schlicht die ICD-Klassifikation:

http://www.icd-code.de/icd/code/F50.0.html

AN (F50.0): „… die Krankheit ist mit einer spezifischen Psychopathologie verbunden, wobei die Angst vor einem dicken Körper und einer schlaffen Körperform als eine tiefverwurzelte überwertige Idee besteht …“

Atypische AN (F50.1): „Es handelt sich um Störungen, die einige Kriterien der Anorexia nervosa erfüllen, das gesamte klinische Bild rechtfertigt die Diagnose jedoch nicht. Zum Beispiel können die Schlüsselsymptome wie deutliche Angst vor dem zu Dicksein [damit ist v.a. diese ‚tiefverwurzelte überwertige Idee‘ gemeint] … fehlen“

Mein Gedanke war, dass bei Caro diese „tiefverwurzelte überwertige Idee“, das ist eine Wahn-ähnliche Überzeugung, zumindest zum Zeitpunkt ihres öffentlichen Auftretens, vermutlich nicht gegeben war, weil sie ja offenbar recht frei über die Häßlichkeit ihres abgemagerten Körpers, über ihre Behandlungsbedürftigkeit usw. sprechen konnte.
Und deshalb erfüllte sie (zumindest zu diesem Zeitpunkt) aus meiner Sicht vermutlich nicht das Vollbild der AN (F.50.0).

Das ist jetzt zwar nur Diagnostik-Spielerei, aber ich finde es unglücklich, dass Caro in der öffentlichen Diskussion -als ein „atypischer Fall“- so sehr zum Gesicht der Anorexie wurde.
Das verharmlost die Anorexie aus meiner Sicht zu sehr, weil ich die Unfähigkeit, Hilfe annehmen zu können, für den fatalen Kern der AN halte.
Das hört sich natürlich blöd an angesichts der Tatsache, dass die AN auch für Caro tödlich war, aber du verstehst, was ich damit sagen wollte.

Wie muß ich mir die Symptomatik ohne Körperschemastörung
vorstellen?

GANZ OHNE Körperschemastörung ist wahrscheinlich keine Form der Magersucht zu haben, aber ohne die Körperschemastörung als „überwertiger Idee“.
Die Symptomatik ohne diesen Punkt ist eben v.a. die angesprochene „Krankheitseinsicht“ und die Fähigkeit, von sich aus Hilfe suchen und annehmen zu können. Die ganze therapeutische Beziehung ist dadurch eine vollkommene andersartige.

Btw. kann ich mir so auch die Aussagen besser erklären, die den Medien eine Mitschuld an Caros Tod zuweisen, denn diese Aussagen ergeben bei einer AN im Vollbild wenig Sinn;
bei einer Patientin aber, die sich von sich aus durchaus von der Krankheit lösen könnte, liegt der Gedanke schon nahe, dass die enorme mediale Aufmerksamkeit fatal war unter dem Gesichtspunkt „sekundärer Krankheitsgewinn“. Wer will schon gesund sein, wenn der ganze Ruhm daran hängt, dass man krank ist.

Gruß
Tyll

Hallo,

AN (F50.0): „… die Krankheit ist mit einer spezifischen
Psychopathologie verbunden, wobei die Angst vor einem dicken
Körper und einer schlaffen Körperform als eine tiefverwurzelte
überwertige Idee besteht …“

Atypische AN (F50.1): „Es handelt sich um Störungen, die
einige Kriterien der Anorexia nervosa erfüllen, das gesamte
klinische Bild rechtfertigt die Diagnose jedoch nicht. Zum
Beispiel können die Schlüsselsymptome wie deutliche Angst vor
dem zu Dicksein [damit ist v.a. diese ‚tiefverwurzelte
überwertige Idee‘ gemeint] … fehlen“

Ganz klar wirds nicht,aber da fehlen mir einfach Erfahrung und Vergleiche.Ist schon ok soweit.

Mein Gedanke war, dass bei Caro diese „tiefverwurzelte
überwertige Idee“, das ist eine Wahn-ähnliche Überzeugung,
zumindest zum Zeitpunkt ihres öffentlichen Auftretens,
vermutlich nicht gegeben war, weil sie ja offenbar recht frei
über die Häßlichkeit ihres abgemagerten Körpers, über ihre
Behandlungsbedürftigkeit usw. sprechen konnte.
Und deshalb erfüllte sie (zumindest zu diesem Zeitpunkt) aus
meiner Sicht vermutlich nicht das Vollbild der AN (F.50.0).

Jetzt verstehe ich.Das heißt,jemand mit ausgeprägter Körperschemastörung könnte die eigene Häßlichkeit gar nicht sehen,
würde sich als schön empfinden.
Ein seltsamer Widerspruch.Nein,als schön empfand sie sich nie,sie hat ihren Körper verachtet.
Zugleich drängte sie ja an die Öffentlichkeit,besuchte die Schauspielschule,die Krankheitseinsicht kam,als sie zu schwach wurde auf die Bühne zu gehen.
Vielleicht hat die Berühmtwerdung ja ihr enormes narzisstisches Defizit freigesetzt.Ihre Kampagne hatte viel mit Selbstdarstellung zu tun.Was sie sich da als Fahne in den Kopf gesetzt hatte war aber von Anfang an völlig daneben.Der Zug ist unkontrolliert mit ihr abgefahren.Ich hatte beim Lesen den stillen Eindruck,dass sie mit dieser irrwitzigen Plakataktion den Gipfel selbstverletzenden Handelns überschritten hat,und damit nicht mehr wirklich fertiggeworden ist.Die Pseudo-Offenheit vor den Medien erschien mir nur noch als der krampfhafte Versuch,sich das als Missionschön zu reden.Dies und

die enorme mediale Aufmerksamkeit fatal war unter dem
Gesichtspunkt „sekundärer Krankheitsgewinn“. Wer will schon
gesund sein, wenn der ganze Ruhm daran hängt, dass man krank
ist.

ihre Abhängigkeit von der Aufmerksamkeit der Medien haben ihr wohl den Heilungsweg abgeschnitten.

Das ist jetzt zwar nur Diagnostik-Spielerei, aber ich finde es
unglücklich, dass Caro in der öffentlichen Diskussion -als ein
„atypischer Fall“- so sehr zum Gesicht der Anorexie wurde.
Das verharmlost die Anorexie aus meiner Sicht zu sehr, weil
ich die Unfähigkeit, Hilfe annehmen zu können, für den fatalen
Kern der AN halte

Ich habe keine Ahnung ob ihr Aktionismus irgend eine Betroffene bewogen hat,Hilfe anzunehmen.Ihr Tod vielleicht.

GANZ OHNE Körperschemastörung ist wahrscheinlich keine Form
der Magersucht zu haben, aber ohne die Körperschemastörung als
„überwertiger Idee“.
Die Symptomatik ohne diesen Punkt ist eben v.a. die
angesprochene „Krankheitseinsicht“ und die Fähigkeit, von sich
aus Hilfe suchen und annehmen zu können. Die ganze
therapeutische Beziehung ist dadurch eine vollkommene
andersartige.

Das habe ich jetzt begriffen :smile:

Schönen Sonntag noch
Heidi

Re^10: Nachfrage :smile:
Hallo!

Mein Gedanke war, dass bei Caro diese „tiefverwurzelte
überwertige Idee“, das ist eine Wahn-ähnliche Überzeugung,
zumindest zum Zeitpunkt ihres öffentlichen Auftretens,
vermutlich nicht gegeben war, weil sie ja offenbar recht frei
über die Häßlichkeit ihres abgemagerten Körpers, über ihre
Behandlungsbedürftigkeit usw. sprechen konnte.
Und deshalb erfüllte sie (zumindest zu diesem Zeitpunkt) aus
meiner Sicht vermutlich nicht das Vollbild der AN (F.50.0).

Jetzt verstehe ich.Das heißt,jemand mit ausgeprägter
Körperschemastörung könnte die eigene Häßlichkeit gar nicht
sehen,
würde sich als schön empfinden.
Ein seltsamer Widerspruch.

Es ist noch viel widersprüchlicher, denn wirklich als „schön“ empfinden sich vollbildhafte Anorektiker(innen) in aller Regel keineswegs, sondern als „unschön, weil zu noch immer zu dicklich“, und nicht als „unschön, weil zu mager“.

Solche Illustration kennst du wahrscheinlich:
http://affleap.com/wp-content/uploads/2010/10/anorex…

Ein seltsamer Widerspruch.Nein,als schön empfand sie sich
nie,sie hat ihren Körper verachtet.
Zugleich drängte sie ja an die Öffentlichkeit,besuchte die
Schauspielschule,die Krankheitseinsicht kam,als sie zu schwach
wurde auf die Bühne zu gehen.
Vielleicht hat die Berühmtwerdung ja ihr enormes
narzisstisches Defizit freigesetzt.Ihre Kampagne hatte viel
mit Selbstdarstellung zu tun.Was sie sich da als Fahne in den
Kopf gesetzt hatte war aber von Anfang an völlig daneben.Der
Zug ist unkontrolliert mit ihr abgefahren.Ich hatte beim Lesen
den stillen Eindruck,dass sie mit dieser irrwitzigen
Plakataktion den Gipfel selbstverletzenden Handelns
überschritten hat,und damit nicht mehr wirklich fertiggeworden
ist.Die Pseudo-Offenheit vor den Medien erschien mir nur noch
als der krampfhafte Versuch,sich das als Missionschön zu
reden.Dies und
ihre Abhängigkeit von der Aufmerksamkeit der Medien haben ihr
wohl den Heilungsweg abgeschnitten.

Hab Dank dafür, dass du mir Isabelle Caro ein bißchen näher gebracht hast. Sehr interessant!

Gruß
Tyll