*räusper* Engeldefinitionen… aus der Forschung
Hallo zusammen,
ich will ja hier erst gar nicht in die eigentliche Diskussion um Inzucht und Geschlechterwahn eintreten. Es entzieht sich mir auch völlig, wie man die Engelsdiskussion auf eine feministische Ebene ziehen kann, aber es gibt ja nicht, was es nicht gibt…
Für jene die es interessieren mag (die Anderen können jetzt die Seite zumachen) folgt hier aus der Forschungswerkstatt zur Engelsdefinition (Schweizerisches Forschungsprojekt an der Uni Fribourg) im Mittelalter eine kleine Info: (nota bene: es geht hier nicht nur um die Engel, wie sie in der Bibel beschrieben sind, sondern wie sie im späteren, am bekanntesten bei Thomas, zum Bindeglied in der Kosmologie werden. )
Die Diskussion um die Engel und das Wissen, das sie vom Menschen und der Welt haben können, taucht schon in der Frühscholastik auf und wird dann vor allem mit dem wachsenden Aristotelismus ganz besonders wichtig und pertinent. Für mittelalterliche Denker unter aristotelischem Einfluss bestehen alle existierenden Dinge aus Form und Materie. Die Form ist beim Menschen die Seele, welche drei verschiedene Vermögen hat: nutritiv, sensitiv und intellektiv. Erkenntnisakte und Interaktion mit der Welt beginnt bei der Wahrnehmung. Was gilt nun für die Engel, da sie doch eigentlich nur Form sind und per definition keinen echten Bezug zur Realität? Können Engel, als Zwischenstufe zwischen Mensch und Gott (als forma absoluta), Kenntnis von Materiellem haben? Können sie verstehen was der Mensch versteht? Welche Sprache sprechen sie? etc.
Zurück zu den Engeln als solches. Ohne Materie und daher ohne Akzidenzien (folglich auch ohne Geschlecht…), werden die Engel grundlegend als Species definiert. Auf die etwas scherzhafte Frage bei Thomas, wieviele Engel denn auf dem Kopf einer Stecknadel Platz haben, lautet die Antwort: alle oder keiner. Jeder Engel ist seine eigene Species und jede dieser Species hat nur ein Individuum und zwar der respektive Engel. Das grösste Problem dabei ist, wie sich denn nun die Engel untereinander unterscheiden, wenn sie nicht wirklich Träger eines Individuationsprinzips (keine Materie) sein können…
Soweit der holzschnittartige Exkurs zu den Engeln und dem Grund warum sie kein Geschlecht haben können. Dass einige Künstler diesen Umstand nicht respektieren konnten, wäre eine nette Diskussion für die menschliche Verhaftung mit dem visuellen und den Wahrnehmungskategorien und würde nun wirklich zu weit gehen.
Einen schönen Abend allerseits…
Y.-
NB: Für die Engelsdiskussion im MA empfehle ich die beiden Bücher von Tiziana Suarez-Nani (Leiterin des oben erwähnten Forschungsprojektes) „Les anges et la philosophie“ und „Le langague et le savoir des anges“ bei Vrin in Paris erschienen und hoffentlich bald in der dtsch. Übersetzung erhältlich…