- Was sind die gravierendsten Unterschiede der
Bibelübersetzungen für die beiden großen christlichen Kirchen?
Zunächst ist zu beachten, daß es mit der Einheitsübersetzung zwar „die katholische“ Bibel gibt, aber keine „die Evanglische“ als Gegenstück. In den lutherischen Kirchen ist naheliegender Weise die Lutherbibel gängig, bei Unierten und Reformierten z.T. auch bzw. nur die Züricher Bibel. Daneben gibt es u.a. Elberfelder, die „Gute Nachricht“, „Hoffnung für alle“ oder auch die „Bibel in gerechter Sprache“.
Die Unterschiede lassen sich in Form und Inhalt unterteilen.
Formal liegt der katholischen Bibel die lateinische Übersetzung der Texte des Alten und Neuen Testamentes zu Grunde, während die evangelischen Bibeln sich auf die jeweiligen Urtexte stützen. Außerdem beansprucht der Vatikan die letztendliche Genehmigungshoheit für die katholische Übersetzung, was beispielsweise dazu geführt hat, daß die neue Ausgabe der Einheitsübersetzung nun doch ohne evanglische Beteiligung stattfindet (sie hätte eine ökumenische Ausgabe werden sollen, doch die katholische Auslegungshoheit war für die Protestanten nicht hinnehmbar).
Aus den formalen ergeben sich inhaltlich e Unterschiede: So fehlen die sogenannten „Apokryphen“ in den evanglischen Ausgaben, da sie nicht zum Umfang der „hebräischen Bibel“, also des Tenach gehören. Davon abgesehen unterscheiden sich die Ausgaben inhaltlich kaum - sieht man mal von Luthers berühmten „allein“ in Römer 3,28 ab: Das steht nicht im griechischen Urtext. Für Luther gehört es aber dem Sinn nach dazu, drum schreibt er es auch: Allein der Glaube macht den Menschen vor Gott gerecht (und keine Werke wir Ablaß und Co.).
Damit wären wir bei der Gretchenfrage aller Übersetzungen : Sollen sie möglichst wortgetreu sein, oder den Sinn verständlich wiedergeben? Jede Übersetzung wandert auf diesem Grat, da einfach vieles nicht wörtlich übersetzbar ist: „Blau“ zu sein hat im Deutschen eine ganz andere Bedeutung als im Englischen (wo es „Kummer haben“ bedeutet). Die hebräische Sprache kennt beispielsweise keine Steigerung (groß, größer…), sondern gibt diese durch Wiederholung wieder: Heilig, heilig, heilig…
Vor allem die Übersetzungen „Hoffnung für alle“, „Gute Nachricht“ und „Bibel in gerechter Sprache“ werden deshalb häufig kritisiert, weil sie der besseren Verständlichkeit wegen (oder auf Grund inhaltlicher Vorbestimmungen) die Texte sehr frei wiedergeben. So sind sie oftmals keine Übersetzung mehr sondern bereits eine Interpretation (wenn z.B. von „Jüngern und Jüngerinnen“ die Rede ist, wo es im Urtext eindeutig „Jünger“ heißt). Die Elberfelder Bibel dagegen hält sich recht genau an den Urtext, ist dafür aber manchmal schwer verständlich. Luther hat sich bemüht, die hebräische Sprachvielfalt im Deutschen wiederzugeben, was ihn gelegentlich auch an den Rande des Verstehbaren rückt - und gleichzeitig aber auch für schöne, einprägsame Texte sorgt.
Der katholischen Einheitsübersetzung wird aus protestantischer Sicht vorgeworfen, nicht den Urtext sondern eine Übersetzung des Urtextes zu übersetzen und außerdem der Theologie des Vatikans gehorsam zu sein.
Gruß, Martinus…