Biegemoment und Scherkraftberechnungsproblem

Hallo,
ich habe ein Berechnungsproblem. Ich möchte gerne die Scherkräfte und Biegemomente an einer Kielaufnahme an einem Segelboot berechnen, damit ich die Dimensionierung der Gewebelagen ausreichend ausführen kann.

Die Kielbombe hat ab der Rumpfunterkante eine Länge von 1450mm. Die Befestigung im Rumpfbereich soll mit Hilfe von 12 M10 Schrauben erfolgen. Diese haben einen jeweiligen Abstand zueinander zu der Längsachse des Bootes von 175mm und von 125mm in der Längsachse. Also zwei Reihen a sechs Schrauben, die sich in der Längsachse des Rumpfes auf 625mm verteilen.

Nun kommt meine Berechnung, an deren Anschluß ich scheitere.

Die Kielbombe hat ein Gewicht von etwas unter 500Kg in der kompletten Ausfertigung. Also samt Aufnahme, Finne und Kielbombe. Ich möchte also nun die maximale Belastung auf den Rumpf ausrechnen. Aus Sicherheitsgründen möchte ich mit einem Hebel von 2m bei 1.000Kg rechnen. Also ein Gesamtmoment von 2m x 10.000N. Macht nach meiner Kalkulation 20.000Nm. Aus Sicherheitgründen möchte ich das hier noch einmal auf 25.000Nm aufrunden. Dieses Moment verteilt sich also auf 12 Schrauben. Jede M10 Schraube wird also in dieser Rechnung mit 2.084Nm belastet.
Da die Schrauben mit Unterlegscheiben am Rumpf befestigt werden, die einen Durchmesser von 40mm haben sollen, so ergibt sich eine punktuelle Rumpfbelastung von rund 2N/qmm. Da die Schrauben aber einen Abstand von 175mm haben, entsteht auf der oberen Schraubenebene (in Betrachtungsweise der 90 Grad Ansicht) eine Zugbelastung und auf der unteren Schraubenebene eine Druckbelastung. In der praktischen Anwendung, also wenn das Boot „Lage“ schiebt, steht der Kiel in einem Winkel. Die Kräfte oberhalb des Drehpunktes der Längsachse des Bootes, erzeugen eine Zugkraft, die das Laminat dehnt. Der Schraubenanordnung unterhalb des Drehpunktes, erzeugt Druckkräfte und staucht den Rumpf.

Und genau hier besteht mein Problem. Diese Differenz ist für mich sehr wichtig, denn ich möchte das Laminat so auslegen, dass es dieser immer wechselnden Belastung auf Dauer Stand hält und nicht beginnt zu delaminieren.

Meine derzeitige, noch theoretische, GFK-Laminatkonstellation verträgt 0-360Grad zwischen 11 und 12.1Mpa im Elastizitätsmodul, 4.1 - 4.8Mpa im Schubmodul und 0.28 - 0.35 in der Querdehnungszahl.

Wie kann ich diese Scherkräfte und Biegemomente berechnen, die auf das Laminat wirken?

So, für die Erste Frage hier im Forum genug. ich würde mich freuen, einen Lösungsansatz zu finden.

Ich danke Euch für Eure Bemühungen und viele Grüße aus Bremen

Alexander

Hallo Alexander,

ich kann Dir vielleicht bei der Mechanik helfen, habe aber vom Segeln keine Ahnung. Daher sind Deine Überlegungen zu den Lastannahmen für mich nicht verständlich.

Zum einen verstehe ich die Annahme mit Gewicht und Biegung nicht. Spielt da nicht Geschwindigkeit eine Rolle, Wasserdruck, dynamische Faktoren ??? Oder geht es Dir wirklich nur darum, dass die Kielbombe nicht unter ihrem Eigengewicht kollabiert, wenn das Boot auf der Seite liegt? Auch hier wäre das Moment nur Gewichtskraft mal Entfernung vom Schwerpunkt zur Anbindungsstelle.

Und für die Schraubenkräfte kannst Du nicht einfach das Moment durch die Zahl der Schrauben teilen, denn die Schraubenkräfte hängen vom Abstand zur neutralen Faser ab. In Deinem Beispiel wäre Kraft in jeder Schraube 25000Nm/0,175m/12 = 11900N

Jetzt bringst Du die Dauerfestigkeit des Laminats ins Spiel, die von der statischen abweicht, auch wenn GFK in Punkto Ermüdung sehr gutmütig ist. Dann gibst Du noch sehr merkwürdige Festigkeiten an, was bedeutet z.B. „GFK-Laminatkonstellation verträgt 0-360Grad zwischen … 0.28 - 0.35 in der Querdehnungszahl“? Es gibt keine der Querkontraktion assoziierte Festigkeit. Insgesamt ist die Festigkeit für faserverstärkte Verbundwerkstoffe bei mehrachsiger Belastung nicht so ganz einfach zu berechnen. Es ist durch die unterschiedlichen Orientierungen im Laminat jede Lage einzeln zu untersuchen, Zug und Druck müssen unterschieden werden, Faser- und Zwischenfaserbrüche, die Zusammenhänge sind hochgradig nichtlinear, etc.

Wenn Du noch ein paar Informationen lieferst, dann können wir uns vielleicht gemeinsam einer Lösung nähern.

Insgesamt jedenfalls eine recht kernige Aufgabe!

Gruß und schönes Wochenende

Ted

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Hallo Ted,

ersteinmal herzlichen Dank für Deine Anregungen und Dein Angebot, mir bei der Lösung des Problemes behilflich zu sein.

Zu Deinen aufgeführten Punkten:
1.) Ich bin bei meiner Annahme des Gesamtmomentes davon ausgegangen, dass die Kielbombe ein Moment erzeugt, welches nie vorkommen kann. Da das Gewicht der Kielbombe sich ja auf Aufnahme, Finne und die Bombe verteilt, ist der „natürliche“ Schwerpunkt, erheblich näher am Rumpf. Meine Kalkulationen ergeben einen Gesamthebel von ca. 1.15m. Die Annahmen zur Sicherheit habe ich für mich erwogen und haben keinen Anspruch auf ein ausreichen. Aber ich denke, wenn das „reale“ Moment ca. 6.000Nm beträgt, sollte eine Ausführung die 25.000Nm aushalten wird, alle dynamischen Belastungen aushalten. Hierzu zählen z.B. das „Stampfen“ des Bootes. Hierbei wird das Boot durch Wellengang angehoben und fällt anschliessend ins Wellental. Ich hoffe, dass die Annahme einer fünf-fachen Sicherheit hier ausreicht.

2.) Ich habe mich, ausgehend von Deiner Beispielrechnung zur Schraubenbelastung, falsch Ausgedrückt. Die Schrauben haben einen Abstand zueinander von 175mm Quer zur Längsachse und 125mm in der Längsachse. Daher verteilen sich die 12 Schrauben, auf eine Fläche von 175mm x 625mm. Der Abstand zur „neutralen Faser“ beträgt also nur 87,5mm. Was in diesem Fall die Belastung auf die Schrauben nochmals verdoppelt.

3.) Die dynamischen Belastungen, die auf den Rumpf wirken, werden durch Spanten aufgenommen, daher ist die Rumpfkonstellation insgesamt recht Steif. Womit ich zu Punkt

4.) komme. Die Laminatberechnung habe ich mit Hilfe einer Exceltabelle vorgenommen. Diese kann man bei R&G herunterladen und gibt anhaltswerte. Diese Werte müssen natürlich noch exakt durchgerechnet werden und auch verifiziert werden. Jedoch dachte ich mir, dass ich somit wenigstens „Anhaltswerte“ habe, denn in der Laminatsverarbeitung gilt es viele Faktoren zu beachten. Das Ergebnis der Festigkeit hängt also stark von der Ausführung ab. Ich habe also eine Matrix verwendet, die nicht so haltbar ist, wie die, die ich beim Finish verwenden würde. Die Berechneten Werte beziehen sich auf die Festigkeit innerhalb der Matrix. Meine Laminatkonstellation besteht zur Zeit aus sieben Lagen Biaxialem GFK Gewebe. Jede Lage hat ein Gewicht von 408g/qm. Begonnen mit der ersten Lage die mit 0 Grad ausgerichtet ist. Jede weitere Lage ist 15 Grad gedreht. Die siebte Lage endet mit 90 Grad. Daraus ergibt sich der Belastungskreis. Je nach Ausrichtung der Fasern, ensteht somit eine Festigkeit die je nach Winkel verschieden gross ist. Demzufolge ist auch das Schubmodul unterschiedlich ebenso wie der Querdehnungswert.

5.) Ich hatte mir vorgestellt, ein theoretisches Konstrukt anzunehmen. Eine GFK Wand, mit oben angenommenen Eigenschaften, an der in einem 90 Grad Winkel, der Kiel befestigt wird. Das Laminat soll also so stabil ausgelegt werden, damit der Kiel das Laminat nicht zerreisst. Und hier dachte ich, ist die theoretische Belastung am grössten, denn der Rumpf ist ja gebogen und kann also Zugkräfte nach oben hin gehend eher ableiten und invers gesehen, dass Laminat nach unten die Stauchkräfte aufnehmen.

Ich hoffe, dass ich mich klarer ausgedrückt habe und mein Problem etwas deutlicher geworden ist. Ich würde mich über weitere Infos freuen.

Viele Grüße aus Bremen

Alexander

Hallo noch einmal,

ich denke, wir können so versuchen, der Sache langsam näher zu kommen.

Zu den dynamischen Belastungen: Diese lassen, so sie einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, keine Delaminationen entstehen, können aber bereits vorhandene (z.B. durch Impact entstandene) Schäden wachsen lassen, bis diese eine kritische Größe erreichen, sodass keine ausreichende Restfestigkeit mehr gewährleistet ist. Das Verhalten von GFK ist hier aber, wie bereits oben erwähnt, relativ gutmütig, sodass eine Berücksichtigung durch einen pauschalen Sicherheitsfaktor durchaus möglich ist.

Damit kommen wir auch gleich zur Festlegung eines solchen Sicherheitsfaktors: Machst Du das alles nur für Dich, für die Badewanne, etc? Oder gibt es so eine Art TÜV oder Seefahrtbundesamt, etc? Wie gesagt, ich habe von Schiffen wenig Ahnung. Wenn Du einen offiziellen Festigkeitsnachweis irgendwo erbringen musst, dann brauchst Du natürlich eine zitierfähige Quelle. Das einzige, was mir in dem Zusammenhang einfällt, sind die AD-Merkblätter (Arbeitsgemeinschaft Druckbehälter). Da wirst Du aber auf ziemlich hohe Sicherheitsfaktoren kommen, wenn Du neben Wechselbelastung auch Orthotropie etc. berücksichtigst.

Kleine Anmerkung: Du wirst es nie schaffen, dass die dynamischen Belastungen nur von den Spanten aufgenommen werden, da diese keine Kräfte in Längsrichtung aufnehmen können. Hierfür sind allein die Beplankung und (falls vorhanden) die Stringer zuständig.

Dein Laminataufbau ist nicht so geschickt gewählt, weil Du durch den unsymmetrischen Aufbau strukturmechanische Kopplungen erzeugst. Besser ist, wenn Du 0°/+45°/-45°/90°/-45°/+45°/0° für die Lagen wählst. Versuche dies einmal in Dein Rechenprogramm einzugeben.

Für das Interface Rumpf/Kielbombe solltest Du über Metalleinsätze nachdenken, etwa in Form einer einfachen oder doppelten Bundbuchse. GFK und GFK einfach zu verschrauben ist schwierig, weil Du über die Vorspannungen der Schrauben einen entsprechenden Reibschluss sicherstellen musst. Dabei leitest Du in das Material hohe Druckkräfte in der Richtung ein, in der die Festigkeit nicht eben optimal ist. Buchse und dann Bolzen bzw. Passschraube ist hier sicherlich die bessere Wahl.

Gruß

Ted

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