Bilanz: Sonstige Verbindlichkeiten

Hallo,

werden unter dem Posten „Sonstige Verbindlichkeiten“ eigentlich brutto- oder netto-Beträge erfasst?

Also Aufwand (Netto-Betrag) an Sonstige Verbindlichkeiten?

Oder Aufwand (Brutto-Betrag) an Sonstige Verbindlichkeiten?

Ich war immer der Meinung, dass Sonst. Verb. „netto“ zu erfassen sind?

USt stellt ja eigentlich nur einen durchlaufenden Posten bei Bilanzierenden dar, oder?

Schönen Abend noch,

Gabriela

Servus Gabriela,

eine Verbindlichkeit ist das, was ich jemandem schulde.

Wenn der Betrag, den ich jemandem schulde, USt enthält, gehört sie zur Verbindlichkeit. Wenn nicht, dann nicht.

Die Behandlung der USt macht dabei keinen Unterschied. Beispiel: Verbindlichkeit 1.190 € einschließlich USt. Buchen: (1) 1.000 € per Aufwand an Verbindlichkeit und (2) 190 € per Abziehbare Vorsteuer an Verbindlichkeit. Wenn die Vorsteuer noch nicht abziehbar ist, wird sie auch noch nicht geschuldet. Dann heißt der Buchungssatz bloß wie unter (1).

Weil Vbl aus LuL und Sonstige Vbl zwei verschiedene Positionen sind, und sich „umsatzsteuerhaltige“ Vorgänge in aller Regel auf der Ebene Vbl aus LuL abspielen, wird man allerdings in den sonstigen Vbl so gut wie nie etwas finden, bei dem die beschriebene Behandlung der USt eine Rolle spielt.

Um was für eine Vbl handelt es sich denn konkret?

Schöne Grüße

MM

Um was für eine Vbl handelt es sich denn konkret?

Naja eigentlich ist es eine Verbindlichkeit aus Lieferung und Leistung, nämlich Schlussrechnung der Stadtwerke, die mit einer Nachzahlung schließt.

Rechnung ist Mitte Januar für das letzte Jahr eingegangen.

Das KOnto Verb. aLuL ist ein Sammelkonto. Das heißt auf dieses KOnto wird bei uns nichts direkt gebucht. Da bleibt nur das Konto Sonstige Verbindlichkeit übrig…In 2006 erfasse ich dann den Netto-Betrag auf Sonst.Verb.(Vorsteuer ist ja erst in 2006 abziehbar)und bei der Einbuchung der Rechnung in 2006 landet (bei Anwendung des Steuerschlüssels) durch kreditorische Buchung automatisch der Netto-Betrag auf Sonst. Verb. im Soll.

LG Gabriela

Servus Gabriela,

die Handhabung, die Du beschreibst, entspricht dem Üblichen.

Es ließen sich Argumente dafür finden, dass die Verbindlichkeit „netto“ auf den Kreditor Stadtwerke gebucht wird, und bei Vorliegen der Rechnung eine mögliche Differenz zum ermittelten Betrag und die USt/Vorsteuer ergänzt wird. Aber es ist völlig in Ordnung, hier „sonstige Verbindlichkeiten“ netto zu buchen, sozusagen als Merkposten, dass es dazu per Stichtag keinen Beleg gibt und dass die USt/Vorsteuer noch in die Hand genommen werden muss.

Hie und da werden derartige Dinge auch als „Rückstellungen“ behandelt, das ist aber streng genommen falsch, weil die Verbindlichkeit nach einem Blick auf den Zähler und in den Vertrag / die Preisliste keineswegs ungewiss ist, sondern auf den Cent beziffert werden kann.

Ein fleißiger Prüfungsassistent würde die Verbindlichkeit wohl in Vbl aus LuL umgliedern wollen, das kommt aber daher, dass die Buben von Hand in Excel buchen und jeder technischen Entwicklung der letzten fünfzig Jahre abhold sind: Man muss das nicht ernst nehmen.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

Aber es ist völlig in Ordnung, hier „sonstige
Verbindlichkeiten“ netto zu buchen, sozusagen als Merkposten,

Hie und da werden derartige Dinge auch als „Rückstellungen“
behandelt, das ist aber streng genommen falsch, weil die
Verbindlichkeit nach einem Blick auf den Zähler und in den
Vertrag / die Preisliste keineswegs ungewiss ist, sondern auf
den Cent beziffert werden kann.

Arrrrgggghhhh… Verbindlichkeiten Netto!!! NEIN!!! Entweder es ist eine Verbindlichkeit, dann aber bitte der Zahlbetrag und das ist Brutto ODER es ist ein Rückstellung, dann aber Netto. Im übrigen ist die Verbindlichkeit keineswegs gewiss, weil

a) die Abrechnung nicht zwingend nach Zähler geht
b) die Steuergesetze bis zum 31.12.200x um 23.59 Uhr „rückwirkend“ für das gesamte Jahr geändert werden könnten
c) der Energielieferant auch die Abrechnung vergessen kann

–> Wenn Abrechnung nach dem Stichtag, dann Rückstellung per 31.12.
–> Wenn Abrechnung vor dem Stichtag, dann Verbindlichkeit per 31.12.

Alles andere ist m.E. schlicht falsch.

Das Finanzamt wird es natürlich akzeptieren, aber als Buchhalter & Steuerberater sollten sich die Fingernägel biegen.

Mfg vom

showbee

Hallo Showbee,

Arrrrgggghhhh… Verbindlichkeiten Netto!!! NEIN!!!

Warum nicht? Die USt ist zwar bereits entstanden, aber das interessiert den Empfänger der Lieferung nicht. Aus seiner Sicht geht es um die Vorsteuer, und die geht ihn erst was an, wenn er den Zettel in der Hand hat.

Aber für die Frage, ob eine Verbindlichkeit besteht oder nicht, hat der Zettel keine Bedeutung.

Wirtschaftliche Vermögensbelastung - ja
Hinreichend konkretisiert und greifbar - ja, dafür braucht es keinen Zettel vom E-Werk
Quantifizierbar - auch ja. „Rückstellungen“ für Telefon, Strom und andere Monatsabrechnungen (UPS und so) werden zwar gerne genommen, aber man braucht in all diesen Fällen nichts schätzen, man kann die Höhe exakt bestimmen. Was ich bis Stichtag verbraucht habe und auch bezahlen muss, ist im Gegensatz zu dem, was im typischen Rückstellungsfall z.B. der WP kosten wird, der ja irgendwann nach Stichtag erst kommt, und wenn er plötzlich stirbt, hilft mir keine Honorarvereinbarung mit dem Verblichenen, ganz genau benennbar.

Zu den einzelnen Punkten:

a) die Abrechnung nicht zwingend nach Zähler geht

Sie kann auch nach irgendwas anderem gehen. Jedenfalls immer nach etwas, was dem Verbraucher auch ohne Rechnung schon zum Stichtag genau bekannt ist, denn er hat ja einen Vertrag in der Hand, an den der Stromversorger gebunden ist.

b) die Steuergesetze bis zum 31.12.200x um 23.59 Uhr
„rückwirkend“ für das gesamte Jahr geändert werden könnten

Das wäre aber ein Ereignis, was so oder so in der Bilanz berücksichtig t werden muss. Gut, es kann sein, dass der Rechner der Stadtwerke explodiert, bevor die Rechnung geschrieben ist, und keinerlei Backup da ist, das es erlauben würde, die Stromverbraucher zur Kasse zu bitten. Genausogut ist aber auch möglich, dass ein Kreditor verstirbt, bevor seine Rechnung vom 21.12. bezahlt worden ist, und dass seine Erben nicht mit den übernommenen Unterlagen klarkommen, so dass die richtig bilanzierte Verbindlichkeit schließlich nach Verjährung wegfällt.

c) der Energielieferant auch die Abrechnung vergessen kann

–> Wenn Abrechnung nach dem Stichtag, dann Rückstellung
per 31.12.
–> Wenn Abrechnung vor dem Stichtag, dann Verbindlichkeit
per 31.12.

Hier billigst Du der Abrechnung eine Bedeutung zu, die ihr nicht zukommt: Vom Rechnungenschreiben allein entsteht keine Vermögensmehrung oder -minderung, sie wird dadurch bloß dokumentiert. Auf der linken Seite kann man wegen der guten alten HGB-Imparität eher drüber streiten, ob ein Ertrag erst als realisiert betrachtet werden darf, wenn der Debitor von seinem Glück weiß.

Zur Unterscheidung Rückstellung/Verbindlichkeit gibt R 5.7 IV EStR eine nützliche Formulierung an die Hand: Die Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt voraus, dass der Tatbestand, an den (…) der Vertrag die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist. Im vorliegenden Fall - Stromlieferung - ist der Tatbestand zum Stichtag bereits zur Gänze verwirklicht: Der Charakter der Rückstellung als „beinahe eine Verbindlichkeit“ ist hier nicht mehr gegeben.

Pragmatisch ist es natürlich nützlich, wenn man ausstehende Rechnungen nicht in die Vbl aus LuL reinmengt. Aber man braucht sie deswegen nicht in den Rückstellungen zu parken, es gibt bessere Plätze dafür.

Schöne Grüße

MM

Hier billigst Du der Abrechnung eine Bedeutung zu, die ihr
nicht zukommt: Vom Rechnungenschreiben allein entsteht keine
Vermögensmehrung oder -minderung, sie wird dadurch bloß
dokumentiert.

Zur Unterscheidung Rückstellung/Verbindlichkeit gibt R 5.7 IV
EStR eine nützliche Formulierung an die Hand: Die Rückstellung
für ungewisse Verbindlichkeiten setzt voraus, dass der
Tatbestand, an den (…) der Vertrag die Verpflichtung knüpft,
im Wesentlichen verwirklicht ist.

Hallo!

nun gut, ich denke man kann das so auch sehen. Ich gedenke hier der Rechnungslegung (also die Abrechnung) keine herausragende Stellung zu, aber eine konkretisierende. Ohne die Rechnung vom Dienstleister konkretisiert sich die Zahlungspflicht nicht. Abstrakt habe ich eine Pflicht nach dem Vertrag und Verbrauch, konkret wird die Pflicht erst per Abrechnung.

Und im Ernst: selbst wenn man Zähler abliest bzw. Minuten am Telefon notiert, man wird es nie exakt vorhersagen können, was auf der Rechnung stehen wird. Also wohl zumindest der Höhe nach ungewiss. Genauso könnte man ja bei der StB-JA Rückstellung analog einer GewSt Rückstellung vorgehen. Man bucht als StB erst alles, ermittelt dann die Bilanzsumme und GuV, schreibt eine Rechnung und bucht dann die Rückstellung. Da die Tabelle auch einige Sprünge in den Werten verzeichnet, dürfte selbst nach Einbuchung einer Rückstellung, dann die Rng. gleich hoch bleiben. Also müsste der StB nach deinem Diktum sich selbst als Nettoverbindlichkeit einbuchen…

Naja, eine pragmatische Lösung: Wenn schon Verbindlichkeit, dann bitte Brutto indem man den passenden Vorsteuerbetrag auf „VoSt im Folgejahr abziehbar“ bucht (Aktivposten). Führt zwar zu einer Bilanzverlängerung, aber dürfte ja dann nach deiner Annahme auch nicht falsch sein.

Zum Ausgangsposting: Verbindl. LuL gibt es übrigens auch Konten, die nicht zwingend Sammelkonten sind (also direkt bebuchbar sind). Obwohl ich bspw. bei der Stromrechnung eher nicht zu LuL tendiere. LuL würde ich nur das buchen, was in den Wareneinsatz geht (was somit den Rohertrag bedingt). Kosten sind sonstige Verbindl., was man bspw. an den besonderen Konten für Lohn/Gehalt-Verbindl. erkennt. Diese sind als eindeutige Kostenkonten auch unter „sonst.“ eingereiht obwohl mitunter Personalkosten im Dienstleistungsgewerbe den größten Kostenfaktor ausmachen.

Gruß vom

showbee

p.s. Martin, warum bist du nicht 24/7 online und gibts adhoc Antworten auf LuF Fragen? :smile:

p.s. Martin, warum bist du nicht 24/7 online und gibts adhoc
Antworten auf LuF Fragen? :smile:

Hallo ihr Zwei,

ich glaube, Martin ist 24/7 online und hat die LuF Frage nur so vermeintlich „spät“ beantwortet, damit es keiner merkt.

Ich grüße

Berta