Hallo Showbee,
Arrrrgggghhhh… Verbindlichkeiten Netto!!! NEIN!!!
Warum nicht? Die USt ist zwar bereits entstanden, aber das interessiert den Empfänger der Lieferung nicht. Aus seiner Sicht geht es um die Vorsteuer, und die geht ihn erst was an, wenn er den Zettel in der Hand hat.
Aber für die Frage, ob eine Verbindlichkeit besteht oder nicht, hat der Zettel keine Bedeutung.
Wirtschaftliche Vermögensbelastung - ja
Hinreichend konkretisiert und greifbar - ja, dafür braucht es keinen Zettel vom E-Werk
Quantifizierbar - auch ja. „Rückstellungen“ für Telefon, Strom und andere Monatsabrechnungen (UPS und so) werden zwar gerne genommen, aber man braucht in all diesen Fällen nichts schätzen, man kann die Höhe exakt bestimmen. Was ich bis Stichtag verbraucht habe und auch bezahlen muss, ist im Gegensatz zu dem, was im typischen Rückstellungsfall z.B. der WP kosten wird, der ja irgendwann nach Stichtag erst kommt, und wenn er plötzlich stirbt, hilft mir keine Honorarvereinbarung mit dem Verblichenen, ganz genau benennbar.
Zu den einzelnen Punkten:
a) die Abrechnung nicht zwingend nach Zähler geht
Sie kann auch nach irgendwas anderem gehen. Jedenfalls immer nach etwas, was dem Verbraucher auch ohne Rechnung schon zum Stichtag genau bekannt ist, denn er hat ja einen Vertrag in der Hand, an den der Stromversorger gebunden ist.
b) die Steuergesetze bis zum 31.12.200x um 23.59 Uhr
„rückwirkend“ für das gesamte Jahr geändert werden könnten
Das wäre aber ein Ereignis, was so oder so in der Bilanz berücksichtig t werden muss. Gut, es kann sein, dass der Rechner der Stadtwerke explodiert, bevor die Rechnung geschrieben ist, und keinerlei Backup da ist, das es erlauben würde, die Stromverbraucher zur Kasse zu bitten. Genausogut ist aber auch möglich, dass ein Kreditor verstirbt, bevor seine Rechnung vom 21.12. bezahlt worden ist, und dass seine Erben nicht mit den übernommenen Unterlagen klarkommen, so dass die richtig bilanzierte Verbindlichkeit schließlich nach Verjährung wegfällt.
c) der Energielieferant auch die Abrechnung vergessen kann
–> Wenn Abrechnung nach dem Stichtag, dann Rückstellung
per 31.12.
–> Wenn Abrechnung vor dem Stichtag, dann Verbindlichkeit
per 31.12.
Hier billigst Du der Abrechnung eine Bedeutung zu, die ihr nicht zukommt: Vom Rechnungenschreiben allein entsteht keine Vermögensmehrung oder -minderung, sie wird dadurch bloß dokumentiert. Auf der linken Seite kann man wegen der guten alten HGB-Imparität eher drüber streiten, ob ein Ertrag erst als realisiert betrachtet werden darf, wenn der Debitor von seinem Glück weiß.
Zur Unterscheidung Rückstellung/Verbindlichkeit gibt R 5.7 IV EStR eine nützliche Formulierung an die Hand: Die Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt voraus, dass der Tatbestand, an den (…) der Vertrag die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist. Im vorliegenden Fall - Stromlieferung - ist der Tatbestand zum Stichtag bereits zur Gänze verwirklicht: Der Charakter der Rückstellung als „beinahe eine Verbindlichkeit“ ist hier nicht mehr gegeben.
Pragmatisch ist es natürlich nützlich, wenn man ausstehende Rechnungen nicht in die Vbl aus LuL reinmengt. Aber man braucht sie deswegen nicht in den Rückstellungen zu parken, es gibt bessere Plätze dafür.
Schöne Grüße
MM