Biologischer Schutzmechanismus zur Begrenzung der Schwangerschaften?

Ich würde gerne wissen, ob es keinen „Schutzmechanismus“ der Natur gibt, welcher die Anzahl der Schwangerschaften begrenzt?

Ich meine, wieso ist es möglich, jedes Jahr schwanger zu sein und deshalb völlig ausgelaugt jung dahinzusiechen? Müsste der Organismus sich nicht irgendwie selbst genug Zeit geben, sich wieder zu erholen? In den Zeiten vor der Verhütung war dies nun einmal so die Regel, nicht die Ausnahme. Mir ist klar, dass es da vermutlich noch keine eindeutige wissenschaftliche Meinung gibt, aber ich würde gerne ein paar Ideen dazu hören?

Meine einzige Erklärung wäre irgendwie evolutionär bedingt, Fortbestehen der eigenen Gene natürlich, aber macht das Sinn, dabei selbst einen frühen Tod hinzunehmen und sich infolgedessen kaum richtig um die Kinder kümmern zu können?

Beim googlen dieses Themas beziehen sich die Erklärungen jeweils nur darauf, wie viele Kinder eine Frau theoretisch bekommen kann: Natürlich von Beginn ihrer Periode an bis zu den Wechseljahren, und es soll Fälle von 69 Kindern etc gegeben haben, 20 Kinder sind generell so maximal auszuhalten etc…

Wenn man bedenkt, dass es natürliche Schwangerschaftsverhuetung gibt, die rein auf Basis
des zeitlichen Zusammentreffens zwischen Eizelle und Spermium aufbaut, wuerde ich
eigentlich denken: doch, der Koerper hat durchaus einen biologischen Schutzmechanismus.
Wie fast alle Mechanismen, ist er aber vom Menschen bewusst umgehbar.

Diese Verhuetungsmethode besagt, dass man mit Hilfe taeglicher Temperaturmessung zur
selben Stunde gleich nach dem Aufwachen erkennen kann, wann der weibliche Koerper den
Eisprung macht. Davor sei die Empfaengniswahrscheinlichkeit ca. 5%, an den 3-4 Tagen
um den Eisprung herum sei sie 100% und bis zur Regelblutung sinkt sie wieder auf 0%.
waehrend der Blutung soll man angeblich auch nicht schwanger werden koennen.

Nun gibt es aber sehr viele Aberglauben, die sich um die „Beruehrbarkeit“ von Frauen
drehen, waehrend sie menstruieren. In manchen Kulturen war die Frau in diese Zeit
regelrecht aus dem eigenen Haus verbannt, und durfte erst wieder zu ihrer Familie, wenn
sie „sauber“ war. Ob das indirekt/heimlich als Verhuetungsmethode genutzt wurde vermag
ich nicht eindeutig zu sagen. Aber angenommen, die Frau waere taeglichem Sex
ausgesetzt, warum auch immer, dann haette ihr Koerper wohl keine Chance, sich zu
erholen.

Was die Empfangnisfahigkeit der Frauen weltweit angeht, gibt es ja enorme Unterschiede.
Viele Umwelteinfluesse koennen zur Unfruchtbarkeit fuehren. Wenn man rein darwinistisch
denkt, kann man froh sein, wenn es einige Frauen gibt, die ueberdurchschnittlich fruchtbar
sind, denn Unfruchtbare gibt es ja auch viele. So wuerde das im systemischen
Zusammenhang Sinn machen, besonders wenn man bedenkt, dass Kinder ja nicht von der
Mutter alleine großgezogen werden, sondern im Austausch mit der Gemeinschaft um das
Kind herum.

Ich glaube, es rankt sich sehr viel Fragwuerdiges um dieses Thema - wie kommen Sie
darauf?

Vielen Dank für Ihre Antwort!!! Sie haben mir einige Denkanstöße gegeben!

Die Erklärung anhand des Zyklus und der damit unterschiedlichen Empfängniswahrscheinlichkeit ist natürlich ein Schutzmechanismus, das habe ich nicht bedacht.

Allerdings weisen Sie ja auch schon auf Probleme dabei hin: Im Falle von täglichem Geschlechtsverkehr wäre eine Schwangerschaft kaum zu umgehen --> d.h. es gibt keinen Mechanismus, der sozusagen die Zeitspanne zwischen Schwangerschaften und damit eben den Gesundheitszustand der Frau berücksichtigt.
Genau darauf wollte ich eigentlich hinaus, aber offensichtlich hat die Natur dies als nicht so wichtig erachtet :wink: .

Ich weiß nicht, ob dieser Vergleich überhaupt angebracht ist, aber bei Tieren gibt es schließlich zumindest jahrezeitlich bedingte Beschränkungen der Fortpflanzung (bzw. zumindest des Fortpflanzungsverhaltens) und ich habe mich gefragt, wieso es dies ausgerechnet beim Menschen nicht gibt?

Es stellt sich natürlich auch die Frage, inwiefern diese Möglichkeit der Verhütung früher bekannt war bzw. ob dies überhaupt gewünscht wurde (zB. aus religiösen Überzeugungen). Aber Sie haben natürlich Recht, es gibt einige fragwürdige Praktiken und Ansichten - und dieses Thema scheint ja auch seit Menschengedenken unglaubliche Bedeutung gehabt zu haben, was ja schon an frühsten Fruchtbarkeitsriten etc offensichtlich wird.

Nun, ich bin einfach bei historischer Lektüre immer wieder darauf gestoßen, dass viele Frauen eine sehr hohe Kinderzahl hatten und entsprechend jung starben.
(zB. war das reale Vorbild der Lotte aus dem „Werther“ war eines von 16 Kindern und versorgte ihre jüngeren Geschwister nach dem frühen Tod der Mutter)
Allerdings wird bereits auch aus diesem Beispiel deutlich worauf Sie hingewiesen haben: Kinder werden schließlich von einer Gemeinschaft aufgezogen. d.h. auch in evolutionärer Sichtweise macht die in manchen Fällen eben sehr ausgeprägte Fruchtbarkeit Sinn.
Außerdem ist Evolution nicht gerade fair :wink: .

Hallo,

leider kann ich hierzu keine wirklich durchdachte Meinung wieder geben. Nur so
viel, dass das Bild von Familie und Kindern unserer heutigen Gesellschaft
sicherlich nicht dem entspricht, wie es vor Zeiten war. Allein die Lebenserwartung
ist gestiegen, gleichzeitig sind die Kinder aber nicht mehr relevant für die
Altersversorgung zudem ist in der westlichen Welt die Kindersterblichkeit auch
dank der medizinischen Versorgung sehr gering. Zudem kommt noch hinzu, dass
nicht jede Eizelle, die befruchtet wird auch zu einem überlebensfähigen Embryo
wird bzw. ein gesundes Kind zur Welt kommt.
Hinzu kommt, dass Frauen noch vor 100 oder 150 Jahren deutliche später
geschlechtsreif wurden (um das 16. Lebensjahr).
Wenn nun der Mensch sich vermehren soll, wäre es also äußerst ungeschickt,
wenn die Frau nur einmal im Jahr Schwanger werden könnte, denn würde dies
nicht funktionieren, müsste man eben ein Jahr warten, bis es wieder möglich wäre
und wenn von der Anzahl der Kinder das eigene Überleben im Alter abhängt wäre
das äußerst ungünstig. Ein Schutzmechanismus dieser Art wäre also nicht tauglich
für das Überleben der Menschheit.
Allerdings gibt es dennoch einen kleinen Schutz. In der Zeit vor Hipp, Alete und
Allnatura gab es für Säuglinge nur eine Nahrungsquelle, nämlich die Mutterbrust.
Noch vor wenigen hundert Jahren war es normal, dass Kinder bis zum 2. oder 3.
Lebensjahr gestillt wurden. Beim Stillen wird im weiblichen Körper nun ein
Hormon freigesetzt, das oft (nicht immer) die Bildung neuer Eizellen verhindert, so
dass Frauen, die intensiv stillen einen höheren Schutz vor einer all zu schnellen
erneuten Schwangerschaft haben - wie gesagt, nicht immer. Die praktische
Erfahrung als Ehemann und Vater an dieser Stelle - bei unserem ersten Kind
setzte der Zyklus meiner Frau erst nach 9 Monaten wieder ein, so dass inkl. der
davor liegenden Schwangerschaft immerhin nahezu 19 Monate eine
Schwangerschaft unmöglich gewesen wäre, was die Zahl der Kinder dann doch
deutlich gegenüber der theoretischen Möglichkeit reduziert. Wenn man hier
stringent durchgehen würde, müsste für 10 Kinder (und 10 Kinder kann eine Frau
zur Welt bringen - zumindest ist das in weiten teilen dieser Erde so) die erste
Schwangerschaft mit 16 erfolgen und die letzte wäre mit 36. Wenn man nun
davon ausgeht, dass es auch mal mit dem Schwangerwerden nicht klappt und die
Wechseljahre in die Mitte der 40er ansetzt würde ich sagen, dass es gar nicht so
schlecht aussieht, was die menschliche Fortpflanzung angeht.

Die Frage nach dem Sinn selbst einen frühen Tod in Kauf zu nehmen oder sich
nicht richtig um die Kinder kümmern zu können entspringt an dieser Stelle einer
westlich geprägten Denkweise, die sich noch vor 100 Jahren niemand hätte stellen
müssen - dort starben die Kinder selbst oft genug vor der Mutter und auch der
„kümmern“-Gedanke entstammt der 2 bis max. 4 Kind-Familie, denn bereits ab 5
Kindern kann man sich nicht mehr um alle kümmern.

Ich hoffe geholfen zu haben

MfG
Markus Wandres

Hallo,
also ich halte die sexuelle Reproduktivität durchaus als sinnvoll eingestellt im Sinne der Evolution, sonst hätte sich der Homo sapiens auch gar nicht soweit entwickeln können.
Aber sicherlich spielen da auch noch soziobiologische Aspekte eine Rolle.

Gruß
Peter

Vielen vielen Dank für ihre Antwort!!!

"Beim Stillen wird im weiblichen Körper nun ein
Hormon freigesetzt, das oft (nicht immer) die Bildung neuer Eizellen verhindert, so
dass Frauen, die intensiv stillen einen höheren Schutz vor einer all zu schnellen
erneuten Schwangerschaft haben - wie gesagt, nicht immer.

–> genau so etwas hatte ich mir vorgestellt bzw. erhofft. Sie haben mir ein großes Stück weitergeholfen!!!

Hier nochmals ein Text, der das ganze etwas genauer ausführt.

Während des Stillens wird das Hormon Prolaktin ausgeschüttet, wodurch die
Produktion jener Hormone gehemmt wird, die den Eisprung verursachen. Stillt
eine Frau ihr Kind, ohne weitere Nahrung zuzufüttern, und hatte sie nach der
Geburt noch keine Menstruation, ist die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden,
gering. Voraussetzung für eine relative Verhütungszuverlässigkeit ist fünf- bis
sechsmal tägliches Stillen. Bei Zufütterung und Stillabständen von über vier
Stunden, setzt meist die Menstruation wieder ein, und der relative Schutz fällt
weg.

Wichtig ist, dass das Stillen keinen 100%igen Schutz darstellt sondern eben einen
relativen.

MfG
M.Wandres

Eine sehr interessante Fragestellung, intim verknüpft mit dem Problem der galoppierenden Zunahme der Weltbevölkerung.
Was mir meine Mutter noch erzählt hat, nämlich, dass Frauen, solange sie stillten, nicht wieder schwanger wurden, wäre so eine von der Natur geplante Ruhepause. Die heutige Antwort aber kommt aus der Medizin : die Frau kann/möge die Pille schlucken. Dies hat aber den natürlichen Zyklus, die natürlichen Ruhepausen, von denen du sprichst, völlig in einen von außen kommenden Mechanismus verdreht, wo der Körper nur noch wie im Reagenzglas reagiert. Der Akt der „Fruchtbarwerdung“ wird dadurch von dem der „Lust“ getrennt. Für jeden dieser beiden Pole gibt es natürlich Rechtfertigungen, abhängig vom Alter der Personen, mehr aber noch vom Lebensweg, wo die Ansicht der Frauen und die der Männer mehr und mehr auseinander laufen. Wir wurden also zerebral, wollen uns von der Natur nicht mehr gängeln lassen, prallen hart auf hart aneinander, konsumieren Lust und alles was Spaß macht. Tut mir leid, ich glaube, wir sind selber schuld, wenn wir der Natur kein „Gehör“ mehr schenken wollen, die uns, wie eigentlich in der Tierwelt, stärker noch in der Pflanzenwelt, Zyklen gönnt - Zyklen des Aufkeimens, Aussäens (Ernte, Geburt), der Ruhe.
Die zweite Antwort kommt aus den von Menschen institutionalisierten Kulten/“Kulturen“ : der patriarchalischen Dominanz : Natur wurde umgekrempelt und dem Zweck untergeordnet. Davon ausgehend, Frauen wären während der Menstruation unrein, schafft jene pervertierte Denkweise, und dass Frauen während dieser Periode (mit Recht) unfruchtbar, also für das patriarchalische Gesetz der Vermehrung ihrer eigenen Samen unverwertbar sind.
Ergo : Frauen sind Mittel zum Zweck, der gesamte von der (weiblichen) Natur geschaffene autogene Zyklus wird der Räson der Dominanz untergeordnet.
Fazit : die (gewollten, aber besonders ungewollten) Geburten schwellen an gleich einem Tsunami, die Welt platzt aus den Nähten.
PS : im Buch „1000 weiße Frauen“ (über den Tausch weißer Frauen gegen ebenso viele indianische Pferde im Nordamerika des XIX. Jahrhunderts) ist das Empfängnisritual der damaligen Indianerstämme beschrieben - absolut kein tägliches „crac-crac“ im „Ehebett“, ganz im Gegenteil !