Bitte an Oranier

Unten wurde viel diskutiert über die Rede(n) von Ahmadijenad, mehrmals wurde verlangt ein Link mit der vollständiger Rede. Den habe ich jetzt verlinkt. Ich bin sehr interessiert an der Meinung aller Leser aber vor allem an der von Oranier, darf ich dich bitten?
Gruss und Dank
Jaro

http://www.oic-oci.org/ex-summit/english/speeches/ir…

Unten wurde viel diskutiert über die Rede(n) von Ahmadijenad,
mehrmals wurde verlangt ein Link mit der vollständiger Rede.
Den habe ich jetzt verlinkt. Ich bin sehr interessiert an der
Meinung aller Leser aber vor allem an der von Oranier, darf
ich dich bitten?

Hallo Jaro,
damit will ich mich gerne näher befassen, und, was mir dazu einfällt und auffällt, auch hier kundtun.
Darf ich aber vorab einmal fragen, wieso dich meine Auffassung hierzu besonders interessiert? Ich bin in dieser Frage nicht mehr, sondern eher weniger Experte als manch anderer der hier Diskutierenden.
Grüße
oranier

Hallo Jaro,

Ich bin sehr interessiert an der
Meinung aller Leser

na dann :wink:

http://www.oic-oci.org/ex-summit/english/speeches/ir…

eine überaus interessante Rede, der zu der es so unglaublich viel zu sagen gäbe …

Deshalb nur zwei Punkte:

  1. aufallend finde ich die totale Herausforderung des Westens, indem dessen Gedankenfiguren übernommen werden, und darin lediglich die Subjekte vertauscht werden.

„Muslim nations can play a central in role global developments, in promotion of justice and morality, in contributing to peace and freedom and in elevating human dignity.“

„cooperation and solidarity, faithfulness, helping the poor, respect for the elders, gentleness toward children, respect for the rights of women, respect for the parents, protection of human dignity and worth“

„Governments also need to respect the right of people, to place promotion of justice on the top of their agenda and fight corruption and discrimination“

„The global power of Islam is at the service of peace and stability. Islam wants peace, dignity and respect for the entire humanity“

klar wirst Du vielleicht denken: Das sind doch alles bloß Leerformel! Ja, genau deshalb ist aber deren Besetzung so entscheidend (man denke an die Stelle der Rede, an der Ahmadinejad zur „launching of an [international] Islamic radio and television network“ aufruft)

  1. auch dieser Text zeigt aus meiner Sicht wieder mal recht klar, wie wenig es eigentlich beim „Islamismus“ um Religion geht;

Religion ist ein Mittel zum Zweck, ein Mittel zur Integration, zur Bildung einer Ummah, einer klar abgrenzbaren Einheit.

der Zweck dieser Einheitsbildung wird meines Erachtens dann gut ersichtlich, wenn man den Text, die Thesen(!), „rückwärts“ liest, beginnend mit:

„We need to have full agreement among ourselves in confronting our common challenges.“

diese „challenges“ haben meines Erachtens mit Religion nichts zu tun, allein das unbedingte Bedürfnis nach „full agreement among ourselves“ braucht die Religion, braucht eine, mangels staatlicher Zentralgewalt, die einzige existierende Zentralgewalt der „ourselvses“.

Viele Grüße
franz

Hier isses sogar auf Deutsch:

http://www.memri.de/uebersetzungen_analysen/laender/…

memri kann ich nur empfehlen.

Gruß
dataf0x

anderer Text als der von Jaro verlinkte; owt
.

Darf ich aber vorab einmal fragen, wieso dich meine Auffassung
hierzu besonders interessiert?
Grüße
oranier

Hallo Oranier,
Es ist ganz einfach: weil mich deine Meinung interessiert. Ich lese sonst nur wenig von dem, was da „publiziert“ wird und wenn ja, dann sollte das durch die Fakten gestützt , logisch und vorurteilsfrei sein.

Noch ein paar Worte zu dem Thema:
Die fast hysterische Reaktion der Medien und der Weltpolitiker auf die Rede(n) des Ahmadinejad kann ich mir nicht erklären, ich sehe darin keinen Sinn. Der umstrittene Teil seiner politischen Linie beinhaltet nämlich überhaupt nichts neues und stammt nicht mal von ihm, er wurde schon vor Jahren von dem Think Tank der arabischen Liga (Zayed Center in Abu Dhabi) formuliert, die Mythos-Gedanken sind aus dem älteren Roger Garaudy’s Buch „Les Mythes fondateurs de la politique israeliénne“. Vor ihm haben viele andere arabische Politiker (incl.Khomeini) diese oder ähnliche Ideen in ihren Reden verwendet, wozu und wieso auf einmal das Geschrei? Nebenbei, in seinen 2 Reden die im Net sind, ist weder das Wort Holocaust oder Mythos gefallen. Ahm. ist in seinen Reden sicher nicht israel- und USA- freundlich, aber was soll’s, so ist es in Iran seit 1979 und in der übrigen arabischen Welt noch 20 Jahre früher.
Gruss
Jaro

Hallo Franz,

  1. aufallend finde ich die totale Herausforderung des Westens,
    indem dessen Gedankenfiguren übernommen werden, und darin
    lediglich die Subjekte vertauscht werden.

Kannst du mir das besser erklären? Worin siehst du die Herausforderung?
Die Islamisten/Fundamentalisten können zwar die westlichen (wie du sagst) Gedankenfiguren übernehmen und diese noch erweitern,besser definieren,optimieren, etc, aber bei der Realisation, im Wettbewerb mit dem Westen, haben sie wenig Chancen auf Erfolg, dauerhaften Erfolg. Wegen dem Zwang, wegen der Gewalt,die ihre Methode ist.
Oder habe ich dich falsch verstanden?

  1. auch dieser Text zeigt aus meiner Sicht wieder mal recht
    klar, wie wenig es eigentlich beim „Islamismus“ um Religion
    geht;
    Religion ist ein Mittel zum Zweck, ein Mittel zur Integration,
    zur Bildung einer Ummah, einer klar abgrenzbaren Einheit.

Perfekt, dazu kann man nichts mehr sagen.
Gruss
Jaro

Hallo Jaro,

  1. aufallend finde ich die totale Herausforderung des Westens,
    indem dessen Gedankenfiguren übernommen werden, und darin
    lediglich die Subjekte vertauscht werden.

Kannst du mir das besser erklären?

Da müsste ich (zu) weit ausholen.

Worin siehst du die
Herausforderung?

sehr abstrakt:
die Herausforderung besteht darin, dem Westen auf gleicher Höhe begegnen zu wollen, nicht mehr immer noch vergeblich versuchen, westliches Zivilisationsniveau zu erreichen, oder sich immer noch zu beklagen, dieses könne gar nicht erreicht werden, weil dieses Niveau von vorneherein nur vom Westen selbst erreicht werden könne (das war ja der Diskurs des sog. „Orientalismus“ von Said, Homi Baba, etc.), sondern eben die Konfrontation dieses Niveaus selbst, und zwar mit Mittel, die je plumper, umso wirksamer sind: reine Propaganda, fundamentalistische Dogmatik;

ich glaube, nur auf einer solchen Ebene kann man den Westen total herausfordern, weil nur so die Mittel ebenbürtig sind.

Die Islamisten/Fundamentalisten können zwar die westlichen
(wie du sagst) Gedankenfiguren übernehmen und diese noch
erweitern,besser definieren,optimieren,

nicht verbessern, sondern verschieben, auf seine Seite ziehen!

Es geht nicht darum, Begriffen wie „Menschenrecht“ oder „Freiheit“, einen noch besseren Inhalt zu geben, sondern darum, ihnen ein gänzlich anderen zu geben; entscheidend dabei aber ist, dass die Form der Begriffe gewahrt bleiben muss.

etc, aber bei der
Realisation, im Wettbewerb mit dem Westen, haben sie wenig
Chancen auf Erfolg, dauerhaften Erfolg. Wegen dem Zwang, wegen
der Gewalt,die ihre Methode ist.

Nein, es ist ja gerade nicht ein Wettbewerb (der müsste, so wie der globale ökonomische Wettbewerb etwa, Regeln haben, „westliche“ Regeln), sondern ein Kampf um die Regeln; darum sprach ich von „totaler Herausforderung“.

Erfolgschancen sehe ich persönlich in der Tat aber keine.

Viele Grüße
franz