Wurde der Einfluss des SHBG bedacht? Es bindet beim Gesunden zusammen mit Albumin fast 98% des Testosterons.
Die restlichen 2%, das ist die Menge, die im Blut verfügbar ist und die bei der Messung bestimmt wird. Beim Mann, der zu wenig Testosteron produziert, könnte ein Großteil der Dosis zuerst diese „Speicher“ befüllen - eventuell bildet sich aber auch ein Gleichgewicht. SHBG-Spiegel sind ja auch veränderlich und werden vom Körper über verschiedene Systeme beeinflusst. Ein Großteil der Medikamentenabgabe verschwindet also in einem Bereich, dessen Verhalten (linear, nachgeregelt, mit oder ohne Sättigungseffekt,…) schlecht vorhersehbar ist (wir reden über Männer mit Testosteron-Mangel - also Männer, bei denen irgendetwas am Regelkreis nicht stimmt). Wie ist das eigentlich mit dem Abbau in der Leber? Erfolgt der nach der Methode „so lange etwas da ist, baue ich [Masse pro Zeiteinheit] konstant ab“, oder regelt die Leber, indem sie bei höherer Konzentration mehr abbaut? Wenn ja: Erfolgt der Mehrabbau proportional zur Konzentration, oder wird auch integrativ nachgeregelt (ein über längere Zeit höherer Spiegel führt zu einem stärkeren Abbau, „Lerneffekt“)?
Ich vermute, dass die genaue Testosteron-Dosis zur Erzielung eines gewünschten Spiegels am Ende ähnlich unberechenbar sein könnte, wie es die Marcumar-Dosierung ist.
Eine bereits in der Ausgangsfrage genannte Voraussetzung ist übrigens auch schon falsch. Übliche Testosteron-Ersatztherapien mit einer 250mg-Dosis sind Wirkstoffdepots eines Esthers in einem Öl. Von denen ist bekannt, dass in den ersten Tagen nach der Anwendung ein erhöhter, in den letzten Tagen vor der nächsten Behandlung ein erniedrigter Spiegel im Blut besteht. Es findet keine konstante Abgabe statt. Ob die Abgabe im mittleren Bereich eines zwei- bis dreiwöchigen Behandlungsintervall kontinuierlich erfolgt (und daher die gemessenen Spiegel recht konstant sind), oder ob die Abgabe kontinuierlich sinkt, aber von einem Regelkreis der Spiegel weigehend konstant gehalten wird (ein Regelkreis, für den vormals zu wenig Testosteron produziert worden war), konnte ich bislang nicht herausfinden. Eines ist aber klar: Die Dosisanpassung erfolgt stets unter Berücksichtigung klinischer und labordiagnistischer Untersuchungen, es wäre sicher schön, wenn es dazu nur einer (patienten-individuellen) Formel bedürfte, aber hätte man die nicht längst entwickelt und benutzt?