BR 03 - "Salondampfer"

Liebe Freunde von Stahl auf Stahl,

den „01“-Thread in der Technik möchte ich damit belasten, weil es nur ganz am Rand (eventuell) um konstruktive Details und vor allem nicht um die 01 geht, sondern um ihre kleine Schwester BR 03.

Weiß jemand, wie diese zu ihrem Spitznamen „Salondampfer“ gekommen ist?

Spekulativ sind mir einige Möglichkeiten eingefallen, die aber alle nicht richtig zünden:

  • Im Vergleich zur ziemlich massigen 01 elegantere Optik mit dem leichten Barrenrahmen und dem schlankeren Kessel? Wenig wahrscheinlich, weil der Spitzname wohl zu einer Zeit geprägt wurde, als noch solche Schönheiten wie die sächsische XX HV, die bayrische S 3/6 und die württembergische Klasse C auf deutschen Schienen unterwegs waren, gegen die auch die 03 im Vergleich sehr nach dem Pragmatismus der K.P.E.V. aussah, von dem die Einheitsbaureihen geprägt waren.

  • Komfortableres Führerhaus? Ziemlich unwahrscheinlich, dass die etwas kleiner dimensionierte Feuerbüchse für Lokführer und Heizer (im Vergleich zur 01) so viel mehr Raum schafften, dass man sie ob dieses „Luxus“ auf die Schippe nehmen konnte.

  • „Sonniger Lenz“?: Kann es sein, dass die Mannschaften, die mit 01ern unterwegs waren, den Spitznamen darauf gemünzt haben, dass die Kollegen auf 03ern mit kleineren Zuglasten, kleineren Treibrädern und geringerem Kohlehunger (rechts) beim Anfahren weniger Know-How an Regler und Handrad brauchten bzw, (links) etwas weniger angestrengt schippen mussten?

Über nützliche Hinweise zu dieser unnützen Frage freut sich

MM

Komposita mit „Salon“ haben ja häufig den Zweck, darauf hinzuweisen, dass jemand das, was er gerne wäre, eigentlich nicht wirklich ist - sei es nun der Salonrevolutionär oder der Salonmarxist. Mit Ausnahme der Salonmusik janen Komposita mit Salon fasst immer einen pejorativen Beigeschmack.

Könnte das bei der 03 ähnliche Gründe haben? Sie war ja doch etwas schwächer auf der Brust als ihre Schwester 01.

Gruß,
Max

Servus, Max,

der „Salondampfer“ war ein Bautyp, u.a. ist die bereits seit Längerem wieder auf dem Bodensee dampfende ‚Hohentwiel‘ einer, auch die von der Köln-Düsseldorfer zuerst mühselig restaurierte und dann nach ein paar Jahren durch Umrüstung auf den ‚rentableren‘ Dieselbetrieb völlig ruinierte „Goethe“.

Auf die Mutmaßung „Viel Platz im Führerhaus“ bin ich deswegen gekommen, weil ein Salondampfer die Hauptsache der Sitzplätze in geschlossenem Deck bietet.

Schöne Grüße

MM

  • noch vergessen: Maffeis S 3/6 mit ihrem „stromlinienförmig“ über die Mitte des Kessels nach vorne gezogenen Führerhaus, das auf diese Weise viel „unnützen“ Raum mit umschloss, hätte mit diesem Detail den Spitznamen „Salondampfer“ verdient, weil die Salondampfer sich eben auch mit relativ viel umschlossenen Raum auszeichneten, so ungefähr:

Schöne Grüße

MM

Die BR01 war für schwere Schnellzüge gedacht, die BR03 die „schwächere“ Schwester, konnte also nur ein paar Salonwagen ziehen, so der Volksmund.

Servus,

das glaube ich nicht.

Wie bereits erläutert, ist ein Salondampfer ein Salondampfer und ein Salonwagen ist was ganz anderes. Salonwagen waren beiläufig auf den Strecken, für die die 03er gebaut worden ist, eine höchst seltene Angelegenheit. Es ging dort vor allem um die C4i-30 und B4i-30, mit denen ich beiläufig die letzten Ulmer 03er auch noch erlebt habe. Fünfe davon plus einen Behelfs-Gepäckwagen (wahrscheinlich das Schwerste am ganzen Zug) MDyg haben die auch in ihren letzten Jahren in erbärmlichem Instandhaltungszustand locker über die Steige Essendorf - Wattenweiler oder in die andere Richtung durch den Schussentobel Mochenwangen - Aulendorf gebracht. Konstruiert ware sie für mehr Last am Haken - es war eine Freude, zu hören, wie sie mit den paar Wägelchen nach Wattenweiler hinaufrannten, übrigens mit Plänen, die sich von denen der bereits mit Diesel bespannten Eilzüge nicht unterschieden.

Die Leistung der 03er lag mit 1.450 kW deutlich oberhalb derjenigen der Länderbahn-Schnellzugmaschinen, die sie ablösten - übrigens auch über der der V 160, die die 03 bei der Umstellung auf Dieseltraktion ersetzte.

Diese Deutung des Spitznamens halte ich für sehr weit hergeholt und noch deutlich weniger passend als die von mir bereits verworfenen.

Schöne Grüße

MM

  • achjaübrigens: Wegen ihrer relativ hohen Vmax von 130 km/h wurden 03er Maschinen ganz gerne als Ersatz für den Fliegenden Hamburger eingesetzt, wenn einer der zu wenigen Dieseltriebwagen ausfiel. Mit zwei A4ü-23 am Haken beschleunigten sie ungefähr wie wenn sie alleine unterwegs wären, und wegen des hohen Anteils an Streckenabschnitten, die ohnehin nicht schneller als 130 km/h befahren werden konnten, fuhren sie den Fliegenden Hamburger ohne dramatische Verspätungen. Bei diesen Einsätzen könnte man von „Salonwagen“ sprechen - die Hechtwagen 1. Klasse waren schon „richtige“ erste Klasse, anders als heute. Aber ein Salondampfer ist eben kein Salonwagen - ich wiederhole mich, merke ich grade.

Schöne Grüße

MM

Hm. Ob der Spitzname der 03 wirklich etwas mit der Schiffsbezeichnung zu tun hatte, da bin ich etwas skeptisch. Könnte auch eine gleichlautende Parallelbildung sein.

Gruß,
Max

Ja schon. Aber dass der Spitzname irgendeine sichtbare Eigenschaft der Lok beschriebe, entspräche schon einer üblichen Bildung von solchen Namen: Bubikopf, Rollwagen, Jumbo, 50-Fuß-Container (so die ursprüngliche Form), Blutblase, Glaskastl; oder eben eine nicht sichtbare, die aber sonstwie charakteristisch für konkrete Eigenschaften ist: Steppenpferd, Ochsenlok, Tiefflieger. Damit könnte dann der ‚Salondampfer‘ etwa in dem Sinn, den Du umrissen hast, darauf gemünzt sein, dass die 03 einfacher zu fahren gewesen wäre als die 01, sozusagen mit den Glacéhandschuhen, mit denen angeblich die Lokführer der KPEV unterwegs waren.

Ob sich die 03 leichter fuhr, weiß ich nicht - ich schätze, dass man sie mit den kleineren Treibrädern weniger leicht ins Schleudern brachte, und dass auf der kleineren Rostfläche leichter ein gscheites Feuerbett ohne Löcher aufgebaut werden konnte, aber wissen tu ichs nicht.

Schöne Grüße

MM