Brand zwischen Steckdose und Stecker

Hallo ihr lieben,
vieleicht kann mir hier jemand weiterhelfen. Wir hatten einen Wasserkocher in die Steckdose eingesteckt und nach kurzer Zeit (sind dann kurz aus dem Raum raus) haben wir komische Geräusche vernommen. Meine Freund rief dann laut „es brennt“ und hat den Stecker instiktiv irgendwie rausgezogen. Laut meiner Freundin waren vorher kleine Flammen zu sehen. Als ich es gesehen hatte, hatte es nur noch ein bisschen geglimmt. Die Sicherung ist nicht rausgeflogen. Weiß jemand was hier passiert sein könnte? Und, was muss jetzt gemacht werden. Sobald der Vermieter erreichbar ist, sagen wir dem natürlich Bescheid.

Anbei noch zwei Fotos davon:

Das ist, den Fotos nach zu urteilen, eine Folge von Materialermüdung im Kontaktbereich.

Die Dose ist von Fachpersonal zu tauschen. Konkret nicht nur der Deckel, sondern das komplette Innenleben.

Die Leitung mit Stecker des Wasserkochers ist, soweit wirtschaftlich oder aus anderem Grunde sinnvoll, zu tauschen.

Eine Prüfung nach BGV oder ähnlich geeignetem Verfahren ist dann obligatorisch, aber das sollten Fachbetriebe wissen.

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Moin,

Aus technischer Sicht:
In der linken Seite haben sich zu hohe Übergangswiderstände eingeschlichen. Jede Steckdose wird daher immer mehr oder weniger wärmer. Einfach, weil man das prinzipiell nicht verhindern kann.
Jeder Widerstand erzeugt eine Verlustleistung. Soweit, so gut.
Steigt der Widerstand jedoch aufgrund von Materialermüdung oder auch Korrosion zu sehr an, dann wird die Verlustleistung zu hoch, was zu einer deutlichen Temperaturerhöhung führt und in letzter Konsequenz zu einem Schmorbrand.

-Luno

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Ja krass… hatte ich tatsächlich noch nie von gehört. Ich werde auf jeden Fall versuchen einen Fachbetrieb zu erreichen - aber ich gehe fast davon aus, dass der Vermieter das ohnehin machen wird. Vielen Dank schon mal für die ersten schnellen Antworten.

Moin,

Noch eine Sache, die mir gerade einfiel. Das scheint eine Doppelsteckdose zu sein. Wenn ihr den Wasserkocher benutzt, ist dann zeitgleich gelegentlich noch ein anderes elektrisches Gerät mit hohem Verbrauch an der zweiten Dose in Betrieb?

-Luno

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@Lunochod Nein, an dieser Steckdose hängt für gewöhnlich immer nur bei Bedarf ein Gerät, ganz selten mal zwei gleichzeitig (heute nicht). Das einzige Großgerät was überhaupt noch am selben Strom/Sicherungkreis und an war, war der Kühlschrank.

Vermieter und Elektriker sind informiert und schaut. Ich halte euch dann mal noch auf dem Laufenden was bei der Sache raus kam. Bis dahin lasse ich mal alles so wie es ist. Ich denke nicht das jetzt eine Brandgefahr ausgeht, da ich nur ungerne die Sicherung (wegen Kühlschrank und Herd und Co.) rausnehmen würde. Die Steckdose fühlt sich oberflächlich kalt an.

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Moin,

Perfekt. Uns ist das nämlich passiert, Wasserkocher und Kaffeemaschine gleichzeitig, aber nur einmal am Tag, das jedoch systematisch über einige Monate. Die Sicherung löst dann noch nicht zwangsweise aus, aber die Steckdose gibt irgendwann Rauchzeichen von sich.

-Luno

Also der Elektriker war da und hatte dann auch im Wasserkocher selbst einen Schmorgeruch festgestellt. Er hatte alles durchgemessen und wir haben wohl Glück gehabt, dass wir das so frühzeitig gemerkt haben. Die Steckdosen hat er dennoch getauscht. Vermutlich lag es wohl am Wasserkocher. Vielen Dank auch hier für die Unterstützung!

Das sollte aber im Regelfall auch problemlos und ohne Rauchzeichen funktionieren, solange das nicht ein 3000-W-Monsterwasserkocher und eine 1000-W-Kaffeemaschine waren, die drei Stunden Dauerbetrieb machten. Und selbst dann würde es sehr lange bis ewig am durchschnittlich mit 16 A abgesichertem Stromkreis funktionieren, wenngleich bei leichter Überlastung.
Soll heißen: Da hatte entweder ein Stecker von Anfang an einen Produktionsfehler (findet man recht oft und merkt man daran, dass die unverhältnismäßig warm werden) und/oder eine Steckdose war um die Kontakte herum ausgeleiert.

Es schadet im Allgemeinen nie, wenn man bei elektrischen Geräten, die Heizelemente in sich haben, ab und zu nach dem Betrieb mal den Stecker berührt und auf Erwärmung prüft. Solch katastrophale Selbstzerstörungen kündigen sich nämlich in der Regel vorher allmählich an.

Gruß
Marius

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Schau dir die Stelle an, die am heißesten geworden ist:
Das ist an der Steckdose die linke Flanke, wo diese Führungsnut ist.
Am Stecker ist es auch links - in diesem Bereich ist der Übergang zwischem den linken Kontaktstift und der Ader der Zuleitung.

In der Steckdose befindet sich an dieser Stelle nichts, was den Strom führen müsste - somit auch nichts, was Hitze erzeugen kann.

Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist die Hitze im Stecker entstanden, genauer: An der Klemmstelle zwischen einer der beiden stromführenden Adern und dem Kontaktstift.

Das wird wohl ein Herstellungsfehler gewesen sein.

Wenn es in der Wohnung einen hochempfindlichen Fehlerstromschutzschalter gibt, der diese Steckdose absichert, dann hätte es noch länger kokeln müssen, bis durch den verkohlenden Kunststoff eine leitfähige Verbindung zum Schutzleiter entstanden wäre - dann hätte der FI abgeschaltet.

Der Leitungsschutzschalter bemerkt nur, wenn der Strom längere Zeit (weit) über 16A gewesen wäre.

Wenn es „brizzelnde / knisternde“ Geräusche gegeben hat, dann haben sich am abschmorenden Kontakt kleine Lichtbögen gebildet. Diese können von mordernen Fehlerlichtbogenschutzeinrichtungen (AFDD) erkannt werden. Diese sogenannten Brandschutzschalter würde dann noch viel früher als ein Fehlerstromschutzschalter abschalten, nämlich beim ersten Funken / Blitzen / Brutzeln - und nicht erst, wenn etwas verkokelt.

Wenn es dagegen nur Leitungsschutzschalter in der Wohnung gibt, würden die erst bei vollständig brennender Steckdose mit etwas Glück abschalten (nämlich dann, wenn sich Außenleiter und Neutral- oder Schutzleiter berühren).

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Moin,

Danke! Diese Ursache hatte ich nicht auf dem Schirm, sie passt aufgrund des Schadensbildes sehr gut.

-Luno

Was mich bei der Fehleranalyse nur stutzig macht, ist der dunkle Fleck auf dem linken Kontaktstift. Daher würde ich hier auch einen Folge-/Doppelfehler nicht ausschließen. Durch die Erhitzung im Stecker könnten auch die Steckdosenkontaktfedern so heiß geworden sein, dass deren Kontaktdruck nachließ und somit noch eine zusätzliche Wärmequelle entstand.

sieht für mich mehr aus wie geschmolzenes (und verkohltes) Plastik von der Steckdosenabdeckung, das beim hektischen Rausziehen abgestreift wurde.
Wenn die Hitze in der Steckdose entstanden wäre, hätte die Abdeckung mehr abbekommen.

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Wow! Ihr seid ja wirklich spitze!

Ich bin ja nicht vom Fach, aber technisch nicht uninteressiert und so wie @X_Strom und @Otsegolectric das hier beschreiben, habe ich es mir laienhaft auch gedacht gehabt. Das war für mich ein plausible Erklärung, weil ich mir überlegt hatte, das die Ursache ja im Grunde vermutlich da zu suchen ist, wo es am längsten heiß war und demzufolge am meisten verschmort ist. Das wäre auf der linken Seite des vergossenen Steckers. Da ich solche Stecker auch von früher kenne, die man sogar selbst aufschrauben konnte, war mir ungefähr klar, das dort ja das eigentliche Kabel irgendwo mit dem Stecker verbunden sein muss. @X_Strom: So wie ich dich verstanden habe, ist dies auch deine Analyse. Da der Elektriker zudem einen Schmorgeruch innerhalb des Wasserkochers festgestellt hat, geht ich davon aus, dass hier der Wasserkocher schlicht nach 12 Jahren kaputt gegangen ist, und (ggf. auf Grund eines Herstellungsfehlers) die schwächste Stelle innerhalb des Steckers war. Das schwarze im Steckdosenkontakt denke ich auch, ist am ehesten ein Doppelfehler, weil diese Kontaktefedern ja auch ein sehr „schwacher“ Punkt sind, wenn ich das richtig verstanden habe. Vieleicht hat der „schwächste Punkt“ ja im Verlauf des Brandes auch gewechselt.

Aber ich möchte mich hier echt bei euch bedanken! War ja mein erster Post hier, und ich bin begeistert, wieviele hier offenbar gerne helfen möchten und wie toll ihr das macht! Danke und Chapeau!

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Kurze Zwischenfrage an die Experten @X_Strom, @Otsegolectric und Co (die Nichtgenannten mögen bitte nicht beleidigt sein, hab nur zwei mir in der Vergangenheit aufgefallenen „Kabelbeißer“ genannt):
Ist „Stecker rausziehen“ eigentlich die erste Lösung?

Aus rationeller Sicht hätte ich eher auf ein laienhaftes „Sicherung runter“ getippt, bevor ich mich der Gefahr eines Stromschlages aussetze (würde aber wohl in so einer Situation panikartig genaus den Stecker sofort ziehen)

Moin,

Aus Sicht eines Angehörigen einer Freiwilligen Feuerwehr ist das genau richtig, zuerst wird die mögliche Zuführung weiterer Energie gestoppt, so den Umständen nach möglich. In der Praxis jedoch kann es anders ablaufen, wenn der Weg zur nächsten Sicherung zu lang ist und man dem Problem alleine gegenüber steht.

Jain. Das wäre die andere Lösung, die jeder für sich vor Ort und ad hoc entscheiden muss. Dazu aus https://www.ergo.de/de/Ratgeber/zuhause/brandschutz/wohnungsbrand

Elektrogeräte richtig löschen

Elektrogeräte können durch unsachgemäßen Gebrauch überhitzen und in Brand geraten. Daher zählen sie zu den häufigsten Brandursachen. So gehen Sie beim Löschen vor:

  • Trennen Sie das Gerät vom Stromnetz. Kippen Sie dazu am besten die Hauptsicherung oder ziehen Sie den Stecker.
  • Nutzen Sie einen Feuerlöscher zur Brandeindämmung. Löschen Sie brennende Elektrogeräte nie mit Wasser. Sie riskieren sonst einen Stromschlag.
  • Ist die Stromzufuhr unterbrochen, können Sie einen Feuerlöscher der Brandklasse A nutzen (Wasser- oder Schaumlöscher). Lässt sich der Strom nicht abschalten, brauchen Sie einen Pulverlöscher der Brandklasse C.

Allgemein eben: vom Netz trennen, aber das hängt von den Umständen selber ab. Machen Geräte lassen sich nicht trennen (Herd), manche schlecht (Waschmaschinen wäre so ein Fall für mich), daher hängt das ein wenig vom Zustand der Steckverbindung ab. Wahrscheinlich wirst du instinktiv den Stecker meiden, wenn da schon Flammen herausschlagen. Dann muss es die Sicherung sein, auch wenn der Stecker an sich schneller griffbereit wäre.
Wenn der Herd brennen sollte, dann musst du eben notfalls die 3 Stockwerke runter zur passenden Sicherung. Und dann musst du noch den richtigen Verteilerkasten für dich finden.

Im Einzelfall können solche pauschalen Anweisungen also dann doch recht kompliziert werden.
-Luno

In dieser konkreten Situation hätte es vermutlich schon geholfen, einfach den Wasserkocher auszuschalten oder von seinem Sockel herunterzunehmen. Damit wäre kein weiterer Strom geflossen, die Hitzequelle beseitigt, anschließend zur Sicherheit Stromzufuhr übergeordnet unterbrechen, also Leitungsschutzschalter/Sicherung/FI-Schutzeinrichtung (her)aus und dann erst den Stecker anfassen, aus pragmatischen Gründen am besten nicht mit der bloßen Hand.

Aber natürlich ist jede Situation individuell und so unterschiedlich sind auch die Maßnahmen (und deren Reihenfolge), die man am besten ergreifen sollte.

Luno hat es soweit schon gut zusammengefasst.

Viel Spaß beim „Kippen“:
IMG_0479-500

Oder ist der SH-Schalter unter dem Zähler gemeint?
Oder der Hauptschalter in Zähleschrank oder Unterverteilung?
Oder waren es doch eher die FI-Schalter in der Verteilung?

Ich hätte vermutlich - weil schnell erreichbar und offensichtlich die Gefahrenquelle darstellend - den Stecker abgezogen. Aber nicht mit der bloßen Hand, sondern mit einem dicken, trockenen Lappen.

Alternativ „alle Sicherungen sofort ausschalten“ - wäre OK, wenn es dann nicht dunkel ist. Mit gebrochenem Genick auf dem Treppenabsatz liegend ist auch doof.

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Was, da? Nee, bitte in der Trafostation die Hauptstrangsicherungen! Oder sicherheitshalber gleich den ganzen Trafo oberspannungsseitig freischalten, erden und kurzschließen. Die anderen drei Sicherheitsregeln am besten auch nicht vernachlässigen. :wink:

Ein ähnliches Problem hatte ich auch mal mit einer Spülmaschine. Mir ist das so erklärt worden:

Der Fehler entsteht folgendermaßen, und zwar bei Geräten, die viel Strom brauchen (Wasserkocher, Spülmaschine, Waschmaschine, Trockner, Radiatoren):

Die Kontaktstelle in der Steckdose ist meist ziemlich punktförmig, und wenn die Geräte Strom verbrauchen, erwärmen sich die Kontaktteile (Stifte des Steckers und Gegenstücke in der Steckdose) etwas.

Das ist in der Kostruktion berücksichtigt und solange kein Problem, wie die Kontakte sauber („blankes Metall“) sind - dann ist der Übergangswiderstand klein und die Wärmebildung gering.

Durch die Wärme oxidiert das Metall aber mit der Zeit, und der Übergangswiderstand wird größer - zwar nicht so groß, dass er die Funktion des Verbrauchers stört, aber das führt zu einer etwas höheren Wärmeentwicklung. Damit bildet sich schneller mehr Oxid, damit steigt der Widerstand weiter und die Wärmeentwicklung nimmt zu und (…). Am Ende ist die Wärmeentwicklung so stark, dass die Steckdose verkokelt oder gar brennt - das ist gerade dann übel, wenn sie z.B. in einer Holzverkleidung sitzt.

Man kann den Effekt aber vermeiden, indem man nach der Verwendung des Wasserkochers (oder bei Waschmaschine, Trockner oder Radiator immer mal wieder) den Stecker zieht und vor der Verwendung wieder steckt - das mindert auch die Risiken bei defekten Geräten.

Durch das Ziehen und Stecken reiben Stecker und Dosenkontakte feste aneinander, und dadurch wird die Oxidschicht zerstört - der Kontakt ist wieder „niederohmig“ und die Wärmeentwicklung überschaubar und ungefährlich. Natürlich schadet es auch nicht, bei Großgeräten gelegentlich mal am Stecker zu fühlen, ob der ungewöhnlich warm wird wenn das Gerät heizt.

Die Alternative, und noch besser um sowas zu vermeiden, ist bei Großgeräten ein Festanschluss des Geräts - die Steckdose wird durch eine Anschlussdose (wie beim Herd) ersetzt, der Stecker am Gerät kommt ab, und das Kabel wird Ader für Ader fest verschraubt. Dann ist der Kontakt an der Anschußstelle großflächig und es entsteht keine nennenswerte Wärme.

Die Erklärungen erfolgen ohne Gewähr. Lassen Sie nur Fachleute an die Elektroinstallation.

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