vor einiger Zeit ergab es sich, daß ich mit einigen Musikern zusammensaß und die ihre Witze über die diversen Musiker abließen. Besonders schlecht kamen (neben den Perkussionisten) die Bratschisten (Bratscher?!) weg.
Warum sind die Bratschisten die Ostfriesen des Orchesters?
Besagte Musiker konnten (wollten?) mir keinen vernünftigen Grund nennen.
Zur „Bestätigung“. Es gibt einen Uralt-Sketch der originalen Münchner Lach- und Schießgesellschaft (Hildebrandt, Diedrich, Strietzel, Havenstein et. al.) „Das Streichquartett“. Kurz gefaßt: Sie können alle nicht spielen, jeder versucht sich irgendwie zu drücken, aber immer wieder heißt es: „Ja eigentlich beginnt das Stück … mit einem Bratschensolo…“. Also wieder der Bratschist, der sich als erster die Watsch’n abholen darf.
Zur „Vermutung“: Vielleicht liegt es daran, daß die Bratsche eine Art „Zwitterstellung“ einnimmt. Die Violine ragt heraus (Man spielt die „erste Geige“, der erste Geiger ist der Konzertmeister etc.). Cello und Baß sind wiederum musikalisch wie auch optisch weiter abgehoben, daß sie „Eigenständigkeit“ beweisen. Die Bratsche ist keine „richtige“ Geige und doch auch nicht so „groß“ wie Cello oder Baß.
Möglicherweise dadurch auch „Rückschlüsse“ auf den Instrumentalisten.
Hallo Gandalf,
meine Vermutung: Bratscher haben in der klassischen/romantischen Orchester- und z.T. auch Streichquartettliteratur häufig den eher anspruchslosen Part von seitenlang gebrochenen Terzen zu spielen.
Hinzu kommt, daß sie dadurch erheblichen Einfluß auf die Stabilität des Tempos haben und es mühelos schaffen, das ganze Stück um mehrere Metronomstriche zu verlangsamen, wenn sie nicht diszipliniert das Tempo halten. Aus dieser leidvollen Erfahrung jedes Solisten/Dirigenten kommt wahrscheinlich das Image, Bratscher seien zu langsam.
Nebenbei: ich war immer erstaunt, wie genau die instrumentenspezifischen Klischees in meinem Freundeskreis an der Musikhochschule zutrafen (ausgenommen natürlich bei mir selbst)
lg F.
Bescheidenheit
Ein Mensch möcht erste Geige spielen -
Jedoch das ist der Wunsch von vielen,
So dass sie gar nicht jedermann,
Selbst wenn ers könnte, spielen kann:
Auch Bratsche ist für den, ders kennt,
Ein wunderschönes Instrument.
(Eugen Roth)