Hallo,
Aber woran ich das jetzt genau erkenne, weiß ich irgendwie
immer noch nicht. Wenn ich jetzt im Differenzquotienten e^h
sehe, dann würden bei mir die Alarmglocken läuten.
Du must es nur richtig handeln, dann ist ja alles in Ordnung 
Ich denke, bis zum Term
e^x \lim \frac{(x^2 + 2 x h + h^2) e^h - x^2}{h}
ist die Sache klar. Solange nun das eh da steht, kannst Du nicht weiterrechnen. Du musst es also irgendwie aufgelöst kriegen. Dazu benötigst Du ein „minimales Wissen“ über die Funktion f(t) = et (jemand der garnichts über et weiss, müsste an dieser Stelle tatsächlich kapitulieren!) Dieses Minimalwissen ist die Kenntnis der Linearisierung an der Stelle Null. Für et lautet sie 1 + t. Daran ist nichts „geheimnisvoll“, sondern es bedeutet einfach, dass man den Funktionswert und die Steigung der e-Funktion an der Stelle 0 kennt (plus Stetigkeit): Funktionswert = 1 und Steigung auch = 1. Das ist alles.
Jetzt schau mal, was passiert, wenn Du eh nicht zu 1 + h linearisierst, sondern nur auf 1 setzt:
\begin{eqnarray}
\frac{(x^2 + 2 x h + h^2) \cdot 1 - x^2}{h}
&=& \frac{2 x h + h^2}{h}
\nonumber\
&=& 2 x + h
\nonumber\
&\rightarrow& 2 x
\nonumber
\end{eqnarray}
Es wird also falsch. Zum Vergleich mit Linearisierung:
\begin{eqnarray}
\frac{(…) (1 + h) - x^2}{h}
&=& \frac{x^2 + (2 x + x^2) h + (1 + 2 x) h^2 + h^3 - x^2}{h}
\nonumber\
&=& \frac{(2 x + x^2) h + (1 + 2 x) h^2 + h^3}{h}
\nonumber\
&=& 2 x + x^2 + (1 + 2 x) h + h^2
\nonumber\
&\rightarrow& 2 x + x^2
\nonumber
\end{eqnarray}
Und siehe da, es ist richtig.
Wenn Du mehr als linearisierst, bekommst Du auch immer das richtige Ergebnis, aber die Rechnung wird unnötig kompliziert. e^t bis zum quadratischen Glied wäre 1 + t + 1/2 t2:
\frac{(x + h)^2 (1 + h + \frac{1}{2} h^2) - x^2}{h}
= …
\rightarrow 2 x + x^2
Multiplizier (x + h)2 (1 + h + 1/2 h2) mal wirklich aus, subtrahier das x2 weg, führ die Division durch h durch und schau Dir den Term an. Dann wird Dir einleuchten, warum der obige Satz über „mehr als Linearisierung…“ stimmt.
Es gibt doch bestimmt auch andere Fälle, wo man diese Linearisierung
beim Differenzquotienten machen muss. Wie kann man das denn
allgemein sagen, wann ich diese Linearisierung zu erledigen habe?
Explizit immer dann, wenn „irgendeine Funktion von h“ im Zähler des Bruchs hinter limh→0 aufgetaucht ist. Also z. B. cos(h) oder arctan(h) oder eh oder etwas in der Art.
Es funktioniert sogar in voller Allgemeinheit: Niemand kann Dir verbieten, im Ausdruck
\lim \frac{f(x + h) - f(x)}{h}
das f(x + h) als Funktion von h zu interpretieren, und wenn Du das in h linearisierst, muss es zum richtigen Ergebnis f’(x) führen. Also ausprobieren: f hat an der Stelle x den Funktionswert f(x) und die Steigung f’(x). Folglich ist f(x) + h f’(x) die Linearisierung von f(x + h) an der Stelle x. Und Du die einsetzt kommt tatsächlich f’(x) heraus:
… = \lim \frac{f(x) + h f’(x) - f(x)}{h}
= \lim \frac{h f’(x)}{h}
= \lim f’(x)
= f’(x)
z.B. bei f(x) = 3x²-5x-1
brauchte ich so etwas nicht machen…
((3(1+h)²-5(1+h)-1-(3*1²-5*1-1))/h
Das kann ich wunderbar auflösen und kürzen… oder mache ich
hier auch schon indirekt eine „Linearisierung“?
Das weiß ich nicht. 1 + h ist natürlich schon mit seiner eigenen Linearisierung identisch. Aber nicht (1 + h)2. Hast Du (1 + h)2 zu 1 + 2 h + h2 expandiert? Wenn ja, hast Du nichts linearisiert. Kein Problem. Aber was würdest Du bei (1 + h)9 tun? Auch ausmultiplizieren? Das ergäbe einen Riesenterm: 1 + 9 h + 36 h2 + 84 h3 + 126 h4 + … Was würdest Du tun?
Gruß
Martin