Braucht ein Landrat beim Abschluss eines Kaufvertrages für einen Kunstgegenstand zur Deko zb den Beschluss des Kreistages?

Zu welcher Befugnis zählt das? Wie lässt sich das unter seine Vertretungsmacht subsumieren?

Angenommen, diesen Kaufvertrag kündigt der Kunsthändler per Mail, was wenn die im Spam Ordner landet? Gilt sie dann als zugegangen?

Welche Rechtsfolge hat es wenn beim Rücktritt Fehler gemacht werden? Zum Beispiel falsches Datum des Vertrages genannt, muss es Begründung geben?

Und welche Auswirkungen hat es, wenn bei einer WE eines Prokuristen der Name der Firma nicht zu erkennen ist?

Danke fürs lesen und eventuell für Antworten.

Das kann man so nicht beantworten!

Ein Kunstdruck für 50 Euro ist sicher noch kein Problem, aber bei einem Picasso für 17 Mio. sieht dies ganz anders aus.
Oft gibt es ein Budget für die Raumausstattung inkl. Deko. Da kann der Landrat dann frei über diese Summe verfügen. Eigentümer ist dann aber der Staat und nicht der Landrat. Meistens gibt es auch noch einen Fundus, da kann er sich z.B. ein Bild holen und an die Wand hängen

Ohne Firma, weiss man gar nicht ob der Herr Prokura hat, also ist der Vertrag u.U. gar nicht rechtskräftig. Prokura bedeutet, dass der Herr im Namen der Firma unterschreiben und Rechtsgeschäfte tätigen kann. Allerdings kann er überall auch als Privatperson unterschreiben, wenn das in diesem im Rahmen zulässig ist.

Der Kreistag beschließt einen Haushalt. Aus den dort für „Kunstkauf“ bestimmten Mitteln dürfte sich der Landrat bedienen, wobei es hier oft „Kunstkommisionen“ gibt, die entscheiden. Sicher wird es eine Bagatellgrenze geben, bis zu der Landrate und Ressortleiter selber entscheiden dürfen. Das sollte aber alles schriftlich geregelt sein.

Zunächst mal: Seit wann darf man Kaufverträge einfach so kündigen? Vertrag ist Vertrag.
Wenn man kündigt und dazu auch das Recht hatte, sollte man es schriftlich machen.
Per E-Mail hat man immer das Problem, dass sie zwar ein wirksamer Weg für Willenserklärungen ist (ebenso wie Anrufe, Faxe, Handschläge, zustimmendes Nicken,…), wenn keine Schriftform vorgeschrieben ist, aber vor Gericht schlecht beweisbar ist.

Falsa demonstratio non nocet. Offensichtliche Irrtümer machen eine Willenserklärung nicht unwirksam, wenn beiden Parteien klar sein musste, was eigentlich gemeint ist. Ist der angefochtene Vertrag an Hand anderer Kriterien klar definiert, so ist ein falsch angegebenes Datum nicht schädlich.

Wenn ein Prokurist eine Willenserklärung (WE?) verfasst, dann macht er das im Namen der Firma. Wenn nicht erkannt werden kann, welche Firma das ist, ist das ein Problem. Wir reden jetzt aber nicht über verschmierte Buchstaben, sondern wirklich um ein Schriftstück, aus dem nicht ersichtlich ist, im Namen welcher Firma dort „ppa. Müller“ unterschrieben hat?

Sinnvolle Antworten kannst Du nur erwarten, wenn Du die ganze Geschichte erzählst. Die hast Du aber komplett verschwiegen. Mit den einzelnen Bröckchen kann man nichts anfangen. Es kann so sein wie schon geantwortet, aber es kann in Deinem Fall auch ganz anderes gelten.

Ok dann gern ausführlicher

Louise Leiter (L), Landrätin des sächsischen Landkreises Hoyerswerdaer Seenlandschaft (H), hat am 25. Februar 2017 im Namen des H bei Kaufmann Heinrich Schliemann (S), der mit Kunstgegenständen handelt, zur Verschönerung des Foyers des Kreishauses für 4.000 € die Bronzeplastik „Der Grübler“ gekauft. Der Kaufvertrag über die Plastik wurde schriftlich geschlossen und von L und S handschriftlich am 25. Februar 2017 unterzeichnet.
Als die Plastik nicht, wie vereinbart, am 15. März 2017 an H geliefert wird, weist L am 22. März 2017 den Verwaltungsangestellten Willem van Voorde (V) an, S anzuschreiben und ihn nach den Gründen für die Verspätung zu fragen. V verfasst daraufhin an S eine E-Mail, in der er S auffordert, seinen Verpflichtungen aus dem mit H geschlossenen Kaufvertrag nachzukommen und darzulegen, warum er bis heute nicht geliefert habe. Die E-Mail erreicht S am 23. März 2017. S antwortet mit E-Mail vom 24. März 2017:
„Sehr geehrter Herr van Voorde,
ich bin, wie sie eigentlich wissen müssten, am 13. März 2017 per E-Mail vom Kaufvertrag zurückgetreten. Die Gründe habe ich dargelegt. Ich bin dem Kreis daher aus dem Vertrag zu nichts mehr verpflichtet.
Mit freundlichen Grüßen S“
Nach der Lektüre dieser E-Mail mit der Absendeadresse „[email protected]“ forscht V nach der von S erwähnten E-Mail. Am 24. März 2017 findet er im Spam-Ordner der kreiseigenen E-Mail-Adresse eine am 13. März 2017 um 10:15 Uhr empfangene E-Mail von Paul Paulsen §. Dieser schreibt unter der Absenderadresse „[email protected]“:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit treten wir von dem mit Ihnen am 25. Januar 2017 geschlossenen Kaufvertrag zurück. Die Plastik möchte ein Kunstverein in Ratzeburg erwerben. In Ratzeburg liegt der Bildhauer der Plastik begraben. Bitte haben Sie Verständnis für unsere Entscheidung; sie ist uns nicht leichtgefallen.
Freundliche Grüße ppa. P“
V legt am 24. März 2017 L einen Ausdruck der E-Mail vor. L berät sich daraufhin mit dem Beigeordneten Benno Berat (B). B ist der Meinung, man solle nach Lage der Dinge auf einer Lieferung der Plastik bestehen. Die in der E-Mail enthaltene Erklärung sei zum einen fehlerhaft, weil sie auf einen am „25. Januar 2017“ geschlossenen Vertrag Bezug nehme, den es tatsächlich nicht gebe. Zum anderen sei die Erklärung des P nicht formgerecht, da für eine Rücktrittserklärung Schriftform vorgeschrieben sei, die E-Mail aber nur reinen Text und keine handschriftliche Unterschrift enthalte. Ferner habe die E-Mail den Landkreis auch verspätet, nämlich erst am 24. März 2017 erreicht, da es nicht üblich sei, den Spam-Ordner täglich auf wichtige E-Mails durchzusehen. Selbst wenn man von einem Zugang am 13. März 2017 ausginge, sei der Rücktritt verspätet erklärt, da auch dann die 14-Tages-Frist nicht eingehalten sei. Darüber hinaus sei ein Rücktritt vom Vertrag mit der von P vorgetragenen Begründung sowieso nicht möglich. Und schließlich habe P den Kunsthändler gar nicht wirksam vertreten, da die Prokura des P im Zeitpunkt des Kaufs nicht in das Handelsregister eingetragen gewesen sei und P darüber hinaus weder im Namen noch unter Nennung der Firma des S gehandelt habe.
L überzeugen die Überlegungen des Beigeordneten und telefoniert sofort mit S. S macht im Telefonat deutlich, dass er den Vertrag nicht erfüllen werde. Er weist L darauf hin, dass der Vertrag im Übrigen unabhängig von seinem Rücktritt schon deshalb keine Wirkung haben dürfte, weil dieser, wie er Anfang März 2017 erfahren habe, weder vom Kreistag noch vom Kreisauschuss beschlossen worden sei. Ein solcher Beschluss sei immer notwendig; das wisse er von seinem Sohn, der im Jahre 1998 Teile seines Referendariats am Bayerischen Obersten Landesgerichts absolviert habe. Das Telefonat wird beendet, ohne dass die beiden zu einem einvernehmlichen Ergebnis gekommen sind.
L bittet nach dem Gespräch die Kreisinspektoranwärterin Katja Klug (K) zu sich ins Büro und informiert sie umfassend über den Kauf der Plastik sowie die anschließenden Ereignisse. Sie weist sie an, unter besonderer Berücksichtigung der von B und S vorgetragenen Argumente ein schriftliches Gutachten zu der Frage zu fertigen, ob H von S Übereignung und Übergabe der Bronzeplastik „Der Grübler“ Zug um Zug gegen Zahlung von 4.000 € verlangen kann.

Ergänzende Informationen zum Sachverhalt:

  1. In § 3 des zwischen H und S geschlossenen Kaufvertrages heißt es:
    „Der Verkäufer kann innerhalb von 14 Tagen von diesem Vertrag schriftlich zurücktreten.“
  2. S ist seit dem Jahr 2014 im Handelsregister mit der Firma „Kunsthandel Heinrich Schliemann e.K.“ eingetragen.
  3. Die Prokura des P ist seit dem 10. März 2017 in das Handelsregister eingetragen.

Ist das ein Fallbeispiel aus dem Jurastudium?

Also:

  1. Privatrechtlich vereinbarte Schriftform kann nach §127 BGB auch elektronisch erfüllt werden.
  2. Die Frist für den Rücktritt ist auf jeden Fall verstrichen gewesen, egal ob man das Lesen oder die Zustellung als Datum zu Grunde legt.
  3. Das falsche Datum schadet nicht, weil es keinen Vertrag vom 25.01. gab und zudem eindeutig der Kaufvertrag einer Plastik eines in Ratzeburg beerdigten Künstlers gemeint war. Dadurch dürfte der Vertrag eindeutig erkannt werden und der Irrtum beim Datum blieb folgenlos.

Da aber die Verspätung für sich alleine schon ausreicht, den Rücktritt unwirksam werden zu lassen - wozu soll man weiter diskutieren?

Danke, aber das eben ist wohl ein strittiger Punkt, ob die Frist für den Rücktritt bereits verstrichen ist, oder?

Der 13.03. liegt mehr als 14 Tage hinter dem 25.02. - somit ist die vertragliche Frist vorbei.
Den Rücktritt muss man also nicht weiter beachten, er kam zu spät. Es entfällt die Bewertung von Schriftform, Vertretungsvollmacht, Fristen bei E-Mail.

Nun hängt es an der angeblich fehlenden Zustimmung des Kreistags, also ob der Vertrag überhaupt zustande gekommen ist.
Ich würde zuerst mal prüfen, ob das überhaupt relevant ist.
Mein Ansatz wäre:
Ob der Landrat hätte bestellen dürfen oder nicht - ist das nicht nur relevant für die verwaltungsinterne Bewertung und für das Außenverhältnis zum Kunsthändler egal?
Wenn ein Beamter eine LKW Ladung Papier bestellt, muss dann der Lieferant prüfen, ob das innerhalb des vom Rat genehmigten Budgets liegt?
Ehrlich: Ich weiß es nicht…

Wie sieht es denn mit ‚Werktag‘, ‚Wochenende‘, Feiertag’ und ‚Fristende‘ und ‚Fristbeginn‘ aus? Der 25.2. war ein Samstag, der 13.3. ein Montag.

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Soweit im Vertrag nur „14 Tage“ stehen, müssten wohl Kalendertage gemeint sein.
Nach §187 BGB zählt der 25.02. nicht mit, da an dem Tag das Ereignis „Vertragsschluss“ statt fand.
Somit - OH MIST! - ist das Fristende der 11,03.17.
Jawoll, der Februar hat ja ein paar Tage weniger als andere Monate.
Jetzt haben wir den Salat:
§192 BGB zieht. Der letzte Tag ist ein Sonnabend, somit reicht es, wenn der Rücktritt am nächsten Werktag zugestellt wird.

Weiter geht der Spaß.
Hossa, das ist ein echt gemeiner Fall, den sich der Prof. da ausgedacht hat.

Ach so: Und ich bin raus.
Irgendwo hab ich mal gelesen, dass der, der im Geschäftsverkehr E-Mails benutzt, dafür verantwortlich ist, diese auch zu lesen. Und dass eine E-Mail dann als zugestellt gilt, wenn sie beim Empfänger angekommen ist - auch wenn er sie nicht liest.
http://www.iww.de/quellenmaterial/id/105737

Der Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass die Email vom 23.05.2011 angeblich nicht in seinem Email-Postfach einging, sondern durch den Spam-Filter aussortiert wurde. Der Beklagte hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet, weil er seinen Spam-Filter nicht täglich kontrolliert hat. Die Emailadresse ####@##.## führt der Beklagte auf seinem Briefkopf auf und stellt sie dadurch als Kontaktmöglichkeit zur Verfügung. Es liegt im Verantwortungsbereich des Beklagten, wenn er eine Emailadresse zum Empfang von Emails zur Verfügung stellt, dass ihn die ihm zugesandten Emails erreichen. Bei der Unterhaltung eines geschäftlichen Email-Kontos mit aktiviertem Spam-Filter muss der Email-Kontoinhaber seinen Spam-Ordner täglich durchsehen, um versehentlich als Werbung aussortierte Emails zurück zu holen.

Nun wird man prüfen, ob die Grundsätze dieses Urteils auch hier anwendbar sind.
Ich vermute mal, dass hier noch weitere Fallen im Fall ausgelegt wurden.

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DAS sind mir immer die liebsten - ich kenne jemanden, der einen kennt der meint jemanden zu kennen der angibt sich auszukennen.

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Nö.,
hört sich eher an wie eine Klausur an einer FH für den ÖD.
Und dank der bayerischen Entwicklungshilfe, die nach dem Mauerfall Bayern der sächsischen Verwaltung angedeihen lies anno dazumal, auch ein typischer Klausursachverhalt der wahrscheinlich so 1:1 aus Hof a. d. S. übernommen wurde

Grüße
miamei

Ja der Prof. traut sich echt was ^^

Was wenn denn nun der Rücktritt wegen der Schriftform unwirksam wäre (weil Unterschrift fehlt Bzw eben Email nicht anerkannt wird)?
Gleichzeitig aber die Gemeinde ihre Sorgfaltspflicht verletzt hat, weil nicht den Spamordner kontrolliert? Kann dass das irgendwie für den Gegner begünstigend zur Seite stehen? (Hätte die Gemeinde die Mail rechtzeitig gelesen, hätte sie S auf die falsche Form aufmerksam gemacht und dieser hätte fax/Brief oä innerhalb der Frist nachgeholt) oder ist das jetzt zu naiv gedacht?

Hallo Conny2010,
für mich hört bzw. liest sich das eher wie die ziemlich verzweifelte Fehlersuche beim Landrat bzw. Beteiligten an diesem nicht glatt geglückten Kauf einer Bronzeplastik im Wert von 4.000 €. Das ist für eine einigermaßen gut sichtbare (also größere) Plastik extrem günstig.
Unabhängig von irgendwelchen Befugnissen stellt sich mir die Frage, ob da der Aufwand (auch meiner) aller an der Aufklärung Beteiligten noch in einem gesunden Verhältnis zu den 4.000 € steht.
Oder gibt es geldunabhängige Interessen? Die müssten dann aber schon benannt werden.
LG

Hallo,

wenn gesetzlich die Schriftform verlangt worden wäre, wäre eine E-Mail untauglich.
Ist es hier aber nicht.
Hier wurde in einem Vetrag die Schriftform verlangt, es gilt der §127 BGB (schrieb ich schon), demnach erfüllt die E-Mail die Schriftform.

Ich bin mir aber fast sicher, dass da auch eine Falle aufgestellt wurde…

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Moin,

ist es aber nicht. Ist eine ziemlich verzwickte Aufgabe aus dem Jurastudium o.ä.

Data

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Na dann viel Geduld und Recherche in unterschiedlichen Gesetzen des Bundes, des Landes und der Satzung des Landkreisen sowie dessen Geschäftsordnung.Unten beginnen und peu a peu evtl. bis auf evtl. Bundesgesetz hocharbeiten. Fehler dürfte aber vorher zu finden sein. Muss dann aber noch auf höher stehendes Recht überprüft werden.

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Danke für eure Antworten.

Habe Satzungen KV BGB HGB samt Kommentare und diverse Urteile durchgelesen.
Das meiste ist klar. Aber mir fällt schwer zu erkennen bzw priorisieren wo nun der eigentliche große Streitfall steckt. Wo man also tatsächlich mit Auslegungsmethoden ansetzt, um die verschiedenen Ansichten zu beurteilen. Bzw wo man dann sich dann einfach für eine Variante entscheidet ohne großes Trara.

In diesem Fall stecken so viele kleine Gemeinheiten und Eventualitäten…happig.