Brenzfläschchenen

Guten Abend.

In Ulrich Bräkers „Der arme Mann im Tockenburg“ (1789) findet sich:

„Die geleerten Berenzfläschchen, wie jeder Soldat eines hat, flogen unter den Kugeln durch die Lüfte, die meisten soffen ihren kleinen Vorrat bis auf den Grund aus, denn da hieß es: Heute braucht es Courage und morgen vielleicht keinen Fusel mehr!“

Es scheint ja nun so, dass jeder Soldat damals anscheinend Alkohol in einer kleinen Flasche dabei hatte, um sich Mut anzutrinken.

Damals gängige Paxis?
Offizieller Uniformteil, oder eher so etwas wie ein Flachmann?
Brenzfläschchen leitet sich von was ab?

Hallo

Damals gängige Paxis?

Bis in den 1. Weltkrieg verabreichte man den Soldaten vor einem Gefecht Hochprozentiges. Mit „Mut antrinken“ hatte das nichts zu tun (obwohl es sicherlich manchem auch in der Hinsicht geholfen haben wird), sondern damit, dass man damals bei einem Bauchschuss überhaupt nur dann eine Überlebenschance hatte, wenn der Verdauungstrakt zuvor möglichst keimfrei gehalten worden war. Und mit Schnaps war das eher möglich als mit Apfelsaft. Erst die Entwicklung der Sulfonamide machte dem Schreckgespenst „Bauchschuss“ ein Ende.

Gruß
s.

Brenz = Branntwein
Hallo,

ein paar Belege findet man mit Google-Buchsuche:
http://books.google.de/books?id=jf28cVXCAnUC&pg=PA55… (S. 552)

Schreibweise Branz/Bränz
http://books.google.de/books?id=R9NSAAAAcAAJ&pg=PA62…
(S.672, mit der Anmerkung süddeutsch)

Der Vogt stand eine Weile stumm und sprachlos da. rollte seine Augen umher, schäumte zum Munde aus, zitterte, stampfte, und rief dann: Frau, gib mir Brenz (Branntwein)!
http://gutenberg.spiegel.de/buch/506/74

Falls Du selbst mehr Belege suchen willst:
http://www.google.de/search?hl=de&tbo=p&tbm=bks&q=Br…

Gute Nacht!
Pit

Danke owT
.

Rausch- und Aufputschmittel (bzw. „mutsteigernde“ Mittel) gehör(t)en seit jeher zum „Soldatentum“; so wurde etwa in den beiden Weltkriegen durchaus Kokain (gelegentlich auch Heroin) an Soldaten verabreicht (der Name „Heroin“ --> von griech. Held spricht für sich), auch die Verabreichung von starkem Alkohol („Sonderration“ vor der Schlacht) war durchaus üblich, da dieser die Hemmschwelle senkt (Selbsterhaltungstrieb, etc.).

Gruß
nicolai

… bekam in den letzten Wochen einen - nicht abgerissenen! - Abreißkalender von 1941 der „Temmler Werke Berlin“ (einst ein bekannter Pharmaproduzent) - in meine Hände: auf jeder Seite ein Witz und eine Werbung für die eigenen Produkte - ich lese jeden Tag natürlich die (gespiegelte) Seite von damals, und finde bisher ca. 10x die Werbung für PERVITIN … wer mag, kann gerne mal dazu googeln, und wird überrascht sein, was einst mal legal und korrekt bewerbbar war:

„Pervitin - zur Prophylaxe postoperativer und hypostatischer Pneumonien durch langanhaltende Vertiefung und Anregung der Atmung“
(O-Zitat)

Grüße

Stefan

… bekam in den letzten Wochen einen - nicht abgerissenen! -
Abreißkalender von 1941 der „Temmler Werke Berlin“ (einst ein
bekannter Pharmaproduzent) - in meine Hände: auf jeder Seite
ein Witz und eine Werbung für die eigenen Produkte - ich lese
jeden Tag natürlich die (gespiegelte) Seite von damals, und
finde bisher ca. 10x die Werbung für PERVITIN … wer
mag, kann gerne mal dazu googeln, und wird überrascht sein,
was einst mal legal und korrekt bewerbbar war:

„Pervitin - zur Prophylaxe postoperativer und hypostatischer
Pneumonien durch langanhaltende Vertiefung und Anregung der
Atmung“

Ja, das hat auch Heinrich Böll seinen Eltern aus dem Feld geschrieben, dass sie ihm Pervitin schicken sollen.

Und bei der Westoffensive 1940, als es „in drei Tagen an die Maas, am vierten Tag über die Maas“ gehen musste, führte die Panzergruppe Guderian hunderttausende Rationen Aufputschmittel mit sich, damit die Truppe Tag und Nacht einsatzfähig war. Am Abend des 13. Mai sind nach dem Maasübergang ganze Bataillone in totenähnlichen Schlaf gesunken, wo sie gerade standen und lagen.

Gruß
smalbop