Bundesverfassungsgericht- Urteil- Zustimmung vom Bundestag?

Hallo,

folgende Frage:
im Februar letzten Jahres hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung zum „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ verfasst.

Im Radio wurde dazu gesagt, dass es noch nicht „anwendbar“ wäre, weil die Zustimmung fehlt- ich weiß leider nicht mehr, von wem- Bundestag oder wem auch immer.

Kann mir jemand sagen, welches Organ der Politik diesen letzten Schritt durchführen muss?
Und eine Quelle bitte dazu?

danke kitty

Hallo,
ohne das Urteil jetzt im Detail zu kennen:
Beschlüsse und Urteile des BVerfG haben keine unmittelbare Außenwirkung (es sei denn, ein Gesetz wird für ungültig erklärt). Üblicherweise wird der Gesetzgeber verpflichtet, etwas zu machen, also eine Regelung zu treffen - und die fehlt hier noch.

Gruß
HaWeThie

Was heißt hier „Gesetzgeber“? Welches Organ in der Politik betrifft das?

hier der Hintergrund zu meiner Frage:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-012.html

Hallo,

natürlich ist der Bundesgesetzgeber der Bundestag - wer denn sonst?

&tschüß
Wolfgang

Das BVerfG hat hier aber tatsächlich § 217 StGB für verfassungswidrig erklärt, und damit steht die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung nicht mehr unter Strafe.

Das BVerfG hat den Gesetzgeber hier auch nicht dazu aufgefordert eine neue/veränderte Regelung diesbezüglich zu treffen, sondern hat lediglich darauf hingewiesen, dass trotz des Wegfalls der grundsätzlichen Strafbarkeit des bisherigen § 217 StGB durchaus die Möglichkeit besteht an diversen Ecken der Gesetzgebung zu schrauben, um zu einer Regulierung der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung in der Form zu kommen, dass diese nicht vollkommen ausgeschlossen wird, sondern Sterbewillige eine begründete Aussicht haben, unter bestimmten Voraussetzungen ein entsprechendes Angebot finden und wahrnehmen zu können.

Entsprechende Regelungen sind aber bislang nicht erfolgt, und tatsächlich ist es trotz Wegfall der Strafbarkeit nach wie vor so, dass faktisch keine legalen und medizinisch vertretbaren Angebote existieren. D.h. man lässt z.B. Anträge auf Erwerb geeigneter Substanzen einfach liegen oder bescheidet sie unter Bezug auf aktuell geltendes Arzneimittelrecht abschlägig, …

Wohngemerkt: Der Gesetzgeber könnte entsprechende Regelungen treffen, ist hierzu aber vom BVerfG weder verpflichtet noch aufgefordert worden.

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Wie schon in meinem Beitrag an @hawethie geschrieben, wurde hier lediglich § 217 StGB für verfassungswidrig erklärt, wonach die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung bislang strafbar war. D.h. diese Strafbarkeit ist jetzt unmittelbar durch das Urteil entfallen. Da muss niemand mehr zustimmen. Wenn ich heute Sterbehilfe in meinem Schlafzimmer öffentlich anbiete, kann man mich dafür nicht mehr strafrechtlich belangen.

Insoweit musst Du da etwas missverstanden haben/hat der Reporter ggf. etwas missverstanden oder missverständlich ausgedrückt. Und hierfür gibt es auch durchaus einen Ansatz, da das BVerfG dem Gesetzgeber frei gestellt hat, die geschäftsmäßige Sterbehilfe zu regeln, der Gesetzgeber dies aber bislang noch nicht gemacht hat. Wobei allerdings ein „dem Gesetzgeber freigestellt“ gerade eben nicht bedeutet, dass der Gesetzgeber dies auch tun muss. Zudem hat das BVerfG den Gesetzgeber schon mal vorab mitgegeben, dass wenn er eine solche Regelung trifft, diese nicht so ausgestaltet werden darf, dass sie faktisch wieder zu einem Verbot führen würde. D.h. aber nicht, dass der Gesetzgeber es nicht trotzdem so tun könnte. Es heißt lediglich, dass das BVerfG eine solche Regelung dann wieder kassieren würde, wenn dagegen geklagt würde. Und das ist ein nicht gar so unübliches Spiel, dass Regelungen mehrfach vor dem BVerfG landen, das sich dann ggf. wieder an dem ein oder anderen Detail stört, bis der Gesetzgeber das von ihm gewünschte Maximum durchgesetzt hat, das nach Meinung des Gerichts noch mit der Verfassung vereinbar ist.

Im Übrigen sind solche ausgestaltenden Regelungen natürlich vollkommen üblich und sinnvoll. D.h. es gibt kaum eine Tätigkeit, die man in Deutschland ohne Rücksicht auf mehr oder weniger umfangreiche Regelungen einfach mal so von jetzt auf gleich aufnehmen könnte. Da gibt es Regelunge für eine notwendige Ausbildung, für Bildungsabschlüsse, für ggf. weitere notwendige Prüfungen, Anmeldungen, Einschränkungen der Tätigkeit, Nutzung bestimmter Verfahren, Werkzeuge und Materialien, Ausgestaltung der Betriebsstätte, …

D.h. es würde natürlich auch gerade hier Sinn machen, recht umfangreiche Regelungen zu erlassen, wer mit welchen Methoden unter welchen Voraussetzungen/Umständen in was für Räumlichkeiten entsprechend tätig werden darf, damit niemand ggf, letztendlich doch gegen seinen freien Willen und unter Qualen in unwürdigen Umständen getötet wird.

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Vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Ich wiederhole nochmal kurz zum Verständnis (für mich :wink: )- geschäftsmäßige Sterbehilfe hat das BVerfG nun zugelassen, aber jegliche Regelung dazu, offen gelassen. Das muss dann der Gesetzgeber entscheiden/festlegen.

Bedeutet das nun: Dass ein Gesunder Suizid begehen möchte und er dazu ein Mittel vom Arzt verschrieben bekommen könnte- ohne, dass der Arzt straffällig wird?
Dass ein Todkranker seinem Wunsch nach vorzeitigen Sterben- ebenso nachgehen könnte?

Wo läge jetzt hier der Haken?

lg kitty