Bundesverfassungsgericht zu Sterbehilfe

Hallo zusammen,
das Bundesverfassungsgericht hat ja nun auf ein Recht aufselbstbestimmtes Sterben erkannt. Es sagt auch ausdrücklich, dass dieses Recht NICHT auf den Fall schwerer Krankheit reduziert ist.
So gut das nun für Schwerkranke sein mag… Aber bedeutet das auch, dass ein 18-jähriger mit Liebeskummer nun Sterbehilfe in Anspruch nehmen darf? Oder ein 35-jähriger Börsensspekulant, der Pleite gemacht hat?
Schon klar, so soll es nicht sein, aber auf welcher Gesetzgrundlage will man das nun regeln, wo doch klar ist: In jeder Phase seines Lebens hat der Mensch ein Recht Hilfe zum selbstbestimmten Sterben?

„Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ist nicht auf fremddefinierte Situationen wie schwere oder unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- und Krankheitsphasen beschränkt. Es besteht in jeder Phase menschlicher Existenz.“ Quelle: www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-012.html

Wird es keine Vorschriften geben, um zu sehen, ob einige von ihnen für aufselbstbestimmtes Sterben in Frage kommen?

Gegenfrage: Muss der Staat das denn regeln?

In meiner Weltsicht ist der Staat durchaus wichtig, um Dinge wie Verkehrsregeln, usw. zu etablieren und durchzusetzen, aber aus manchen privaten Bereichen (bspw. Sexualität und Tod) sollte er sich raushalten. StGB 175 wurde ja schon gestrichen, 217 ist eben jetzt dran.

Gruß,
Steve

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Gute Frage…
ich wäre schon schockiert, wenn ein junger Mensch mit Liebeskummer Hilfe bekommt, sich umzubringen… er sollte Hilfe zum Weiterleben bekommen.

Die Diskussion geht ja jetzt erst los. Spahn hat gestern schon gesagt, daß er eine Beratungslösung mit Fristen möchte. Wenn aber jemand, der dazu körperlich in der Lage ist, sich umbringen will, gibt es jetzt schon wenig Möglichkeiten, den davon abzuhalten. Daß es einfacher und schneller ist und mit niedrigerer Hemmschwelle verbunden ist, sich an einen Selbsttötungsverein zu wenden, anstatt kurzerhand von einer Brücke oder vor einen ICE zu springen, wage ich zu bezweifeln. Mit anderen Worten: für gesunde Menschen ändert sich nicht allzu viel.

Also will er wieder dazwischen grätschen um dfas heir:

wenn evtl. auch nicht für immer so doch zumindest zeitverzögert für die Betreffenden zu regeln.
Wie wär´s wenn der sich einfach mal dem Spruch des Verfassungsgerichtes beugen würde. ramses90

Ist es nicht eher eine Glaubenssache statt Politik?

Wie ich schon mehrfach schrieb, finde ich es sehr traurig, daß sich die Menschen heute so wenig Mühe machen, selbst in Primärquellen zu recherchieren, obwohl dies heute so leicht und in einem Umfang möglich ist wie nie zuvor.

Dies vorausgeschickt:

Die Verfassungsrichter haben Fristen- und Beratungslösungen selbst vorgeschlagen:

Daraus folgt nicht, dass der Gesetzgeber die Suizidhilfe nicht regulieren darf. Eine solche Regelung muss sich aber an der Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen ausrichten, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten. Zum Schutz der Selbstbestimmung über das eigene Leben steht dem Gesetzgeber in Bezug auf organisierte Suizidhilfe ein breites Spektrum an Möglichkeiten offen. Sie reichen von prozeduralen Sicherungsmechanismen, etwa gesetzlich festgeschriebener Aufklärungs- und Wartepflichten, über Erlaubnisvorbehalte, die die Zuverlässigkeit von Suizidhilfeangeboten sichern, bis zu Verboten besonders gefahrträchtiger Erscheinungsformen der Suizidhilfe. Diese können auch im Strafrecht verankert oder jedenfalls durch strafrechtliche Sanktionierung von Verstößen abgesichert werden.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-012.html, Hervorhebung von mir.

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Danke!
Aha, dann beugt er sich ja dem Verfassungsgericht indem er, wie schon angekündigt, die Suizidhilfe regulieren wird. ramses90

Er wird voraussichtlich (die Diskussionen beginnen ja gerade erst) die Spielräume nutzen, die das BVerfG ihm läßt. Groß beugen muß sich da niemand. Die alte Regelung ist nichtig und für eine neue hat das Gericht Rahmenbedingungen gesetzt.

Die Antwort findest Du auf der Seite, die Du selbt verlinkt hast:

„Die Anerkennung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben versagt dem Gesetzgeber demnach nicht, allgemeine Suizidprävention zu betreiben und insbesondere krankheitsbedingten Selbsttötungswünschen durch Ausbau und Stärkung palliativmedizinischer Behandlungsangebote entgegenzuwirken. Er muss auch denjenigen Gefahren für die Autonomie und das Leben entgegentreten, die in den gegenwärtigen und absehbaren realen Lebensverhältnissen begründet liegen und eine Entscheidung des Einzelnen für die Selbsttötung und gegen das Leben beeinflussen können. Dieser sozialpolitischen Verpflichtung darf der Gesetzgeber sich aber nicht dadurch entziehen, dass er das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Selbstbestimmung außer Kraft setzt.“

und

„Daraus folgt nicht, dass der Gesetzgeber die Suizidhilfe nicht regulieren darf. Eine solche Regelung muss sich aber an der Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen ausrichten, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten. Zum Schutz der Selbstbestimmung über das eigene Leben steht dem Gesetzgeber in Bezug auf organisierte Suizidhilfe ein breites Spektrum an Möglichkeiten offen. Sie reichen von prozeduralen Sicherungsmechanismen, etwa gesetzlich festgeschriebener Aufklärungs- und Wartepflichten, über Erlaubnisvorbehalte, die die Zuverlässigkeit von Suizidhilfeangeboten sichern, bis zu Verboten besonders gefahrträchtiger Erscheinungsformen der Suizidhilfe. Diese können auch im Strafrecht verankert oder jedenfalls durch strafrechtliche Sanktionierung von Verstößen abgesichert werden. Das Recht auf Selbsttötung verbietet es aber, die Zulässigkeit einer Hilfe zur Selbsttötung materiellen Kriterien zu unterwerfen, sie etwa vom Vorliegen einer unheilbaren Krankheit abhängig zu machen. Dennoch können je nach Lebenssituation unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis der Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit eines Selbsttötungswillens gestellt werden.“