CDU/CSU: 2Parteien, 1Fraktion...?

Hallöle,

wo finde ich denn FAKTEN darüber, inwiefern CDU/CSU gemeinsam oder einzeln zu bewerten sind? Schröders These, dass die SPD stärkste Einzelpartei ist, scheint ja doch nich gänzlich aus der Luft gegriffen zu sein.
Wo ist denn ausserdem genau nachzulesen, wer mit der Bildung der Regierung betraut ist? Schätze mal Grundgesetz oder sowas…
Danke für Tipps.
Zaphod

Hallo,

wo finde ich denn FAKTEN darüber, inwiefern CDU/CSU gemeinsam
oder einzeln zu bewerten sind?

CDU und CSU sind zwei verschiedene Parteien, deren Abgeordneten sich i.d.R. gemäß der Geschäftsordnung des Bundestages §10 (1) zu einer Fraktion zusammenschließen:

„Die Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens fünf vom
Hundert der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder
solchen Parteien angehören, die auf Grund gleichgerichteter politischer
Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen.
Schließen sich Mitglieder des Bundestages abweichend von Satz 1 zusammen,
bedarf die Anerkennung als Fraktion der Zustimmung des
Bundestages.“

Schröders These, dass die SPD stärkste Einzelpartei ist, scheint
ja doch nich gänzlich aus der Luft gegriffen zu sein.

Es ist schlicht korrekt. Im Gegensatz zur Presse ermittelt und veröffentlicht der Bundeswahlleiter die Ergebnisse von CDU und CSU stets getrennt: http://www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahl2005/pr…

Wenn CDU und CSU es für vorteilhaft erachten, getrennt aufzutreten, müssen sie auch mit den Nachteilen leben.

Wo ist denn ausserdem genau nachzulesen, wer mit der Bildung
der Regierung betraut ist? Schätze mal Grundgesetz oder
sowas…

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland:
„Artikel 62
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und aus den Bundesministern.
Artikel 63
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen.
[…]
Artikel 64
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.“

(vgl. auch http://www.wahlrecht.de/lexikon/bundeskanzlerwahl.ht…)


PHvL

Hallo!

Keine direkte Antwort auf Deine Frage (also keine Quellenverweise), sondern Vermutungen:

  1. Mit der Bildung der Regierung ist der gewählte Bundeskanzler betraut. Der muß aber erstmal gewählt werden.

  2. Über den Ablauf der Wahl des Bundeskanzlers gab es weiter unten bereits einen Link (hier nochmal: http://www.bundeskanzler.de/Navigatio… ). Für’s erste ist also über den Vorschlag des Bundespräsidenten abzustimmen. Köhler wird versuchen, sich vorher darüber mit den Parteien ins Einvernehmen zu setzen. Ob der Bundespräsident - grundsätzlich - hinsichtlich seines Vorschlags an Regeln gebunden ist, weiß ich nicht, ich bezweifle es aber. Theoretisch könnte er m.E. die Größe der Parteien/Fraktionen im Bundestag unberücksichtigt lassen und z.B. Guido vorschlagen oder einen Grünen oder Linken. Daraus ergäbe sich, daß die größte Partei oder Fraktion im Bundestag kein festgeschriebenes RECHT darauf besitzt, den Bundeskanzler zu stellen. Vermutlich sprechen aber schlicht Vernunftsgründe, die in „Gewohnheitsrecht“ übergegangen sind, dafür. Vor diesem Hintergrund läuft vermutlich die Diskussion darum, ob CDU/CSU als 2 Parteien oder 1 Fraktion zu betrachten sind, d.h. ob die zahlenstärkste PARTEI oder die zahlenstärkste FRAKTION im Bundestag dieses Gewohnheitsrecht in Anspruch nehmen darf. Da aber die CDU in Bayern gar nicht antritt, sondern sich dort von der CSU „vertreten“ läßt (die rechtliche Grundlage dieser Symbiose würde mich mal interessieren), erübrigt sich m.E. diese Diskussion.

Gruß,

Anvan

Hallöle,

wo finde ich denn FAKTEN darüber, inwiefern CDU/CSU gemeinsam
oder einzeln zu bewerten sind? Schröders These, dass die SPD
stärkste Einzelpartei ist, scheint ja doch nich gänzlich aus
der Luft gegriffen zu sein.
Wo ist denn ausserdem genau nachzulesen, wer mit der Bildung
der Regierung betraut ist? Schätze mal Grundgesetz oder
sowas…

Auf der offiziellen Seite des Bundestages werden sie einzel aufgeführt:

http://www.bundestag.de/wahl2005/

Entscheidend ist übrigens nicht, ob es einzelne Parteien sind, sondern ob sie in einer gemeinsamen Wahlliste antreten und das ist meines Wissens nicht der Fall.

Hallöle,

diese Frage ist IMHO letztlich nicht relevant. Es ist völlig wurscht ob CDU/CSU als Einheit zu betrachten sind oder nicht. Im aktuellen Fall möchte man daraus ja nur ableiten wer die stärkste Gruppierung darstellt und folglich die Koalitionsbildung beginnen dürfe.

De facto darf aber jeder auf jeden zugehen und probieren eine regierungsfähige Mehrheit zu bilden, es steht nirgendwo geschrieben daß dieses nur die stärkste Gruppierung tun darf.

Insofern ist das letztlich eine müßige Diskussion…

Gruß,

MecFleih

Es handelt sich bei der gesamten Diskusiion um heiße Luft. Selbstverständlich ist die SPD die stärkste im Bundestag vertretene Partei; ohne Zweifel stellt die CDU/CSU die stärkste Fraktion. Aus dem einen wie dem anderen Fakt leitet sich kein verfassungsmäßiger Anspruch auf irgendetwas ab. Den Kanzler wird diejenige Partei stellen, die in Gesprächen mit anderen Parteien eine Mehrheit für jemanden aushandeln kann.

Natürlich mutet es befremdlich an, dass CDU und CSU sich gleichsam alle Vorteile von zwei Parteien sichern - etwa, wenn es darum geht, in TV-Diskussionen eingeladen zu werden, bei Wahlkampfkostenerstattungen, in Ausschüssen, bei der Besetzung von Parlamentsposten, gleichzeitig aber dann die Gemeinsamkeit der Fraktion betonen will, wenn dies Vorteile verspricht, wie bei der Frage, wer den Kanzler stellt. Diese Diskussion ist Jahrzehnte alt. Die Gliederung der deutschen Konservativen in zwei einzelne Parteien ist inzwischen aber als historisch gewachsen zu bewerten. Es würde auch niemand die SPD daran hindern, die bayrische SPD abzuspalten, sie in „Bayrische Sozialdemokratische Partei“ umzunennen und mit dieser BSP eine Fraktionsgemeinsachaft im Bundestag einzugehen. Abgesehen von allen weiteren (überflüssigen, in jenem Fall aber anstehenden) Überlegungen über die Sinnhaftigkeit einer solchen Aktion (BSP bundesweit über 5%? Ist die Schwesterpartei BSP vom Willi-Brandt-Haus aus steuerbar? All solche Überleghungen und Probleme, wie sie auch die CDU hat - abgesehen also davon ist dies Vorgehen weder ungesetzlich noch verwerflich.

Es hätte nur in _dieser_ Diskussion keinerlei Einfluß.

Es steht nirgendwo geschrieben, dass die nominell stärkste Partei den Kanzler stellen muß, so wie es kein Gesetz gibt, dass dieses Recht der stärksten Fraktion zustehen würde. Dieser Punkt ist Verhandlungssache der an einer anstehenden Koalition beteiligten Parteien.

Beispiel.

Partei A bekommt bei einer Wahl die meisten Stimmen und stellt die größte Fraktion

Partei B bekommt weniger Stimmen und stellt 20 Abgeordnete weniger als Partei A

Bartei C erringt in einem Drei-Parteien-System 25 Abgeordnete.

Denkbar wird eine Koalition aus B und C. Üblich wäre ein Kanzler von der B. In einer Verhandlung würde gleichzeitig nichts gegen einen Kanzler von Partei C sprechen.

Wenn mich nicht alles täuscht, gab es mal diesen Fall in Deutschland - eine koalition der zweitstärksten Fraktion SPD mit der FDP unter Schmidt (sicher bin ich mir aber nicht, und nachzugucken bin ich grad zu faul)

Fazit.

Diese Diskussion ist rein taktisch von allen Seiten geführt, es gibt weder gesetzliche Ansprüche noch faktische Zwänge für das eine oder das andere. Theoretisch könnte auch eine große Koalition einen Parteilosen zum Kanzlerkandidaten machen. Es handelt sich um reines Machtgeplänkel von allen Seiten, da eine Kanzlerin Merkel für die SPD genau wie ein KAnzler Schroeder für die CDU je ein Symbol für eine verlorene Wahl (und verlorene Verhandlungen) wären, ein Zeichen von Schwäche. Der Bundespräsident wird denjenigen Kandidaten vorschlagen, die die größte Chance haben wird, gewählt zu werden; üblicherweise den, auf den sich die Parteien in ihren Verhandlungen geeinigt haben.

Die Vorgehensweise wird nicht durch einen tradierten, üblichen „guten parlamentarischen Brauch“ entschieden werden, sondern durch die gut- oder schlachtgeführte Verhandlungsweise der beteiligten Parteien. Und wenn dabei am Ende herauskommt, dass ein aus der FDP ausgetretener Westerwelle als Parteiloser Kanzler einer von der Linkspartei geduldeten Regierung aus CDU und Grünen vorsteht, weil dies in Verhandlungen der Beteiligten so herauskommt, dann wird das so.

(Nein. Ich halte das nicht für wahrscheinlich)

Es ist schlicht korrekt. Im Gegensatz zur Presse ermittelt und
veröffentlicht der Bundeswahlleiter die Ergebnisse von CDU und
CSU stets getrennt:

hi,

wenn du schon die GO-BT zitierst, dann sollte aber auch klar sein, dass die GO immer nur von fraktionen spricht und nicht von parteien. die teilnehmer in der laufenden tagespolitik sind MdB, Fraktion, Gruppe, nie eine partei.

ergo: für die wahl ist es egal ob partei oder nicht partei (in manchen fraktionen sitzen auch parteilose), es geht um die fraktionen und koalitionen von denen.

gruss vom

showbee

Zu Erhellung dient auch folgender Auszug aus einem Artikel der SZ (http://www.sueddeutsche.de/,tt4m3/deutschland/specia… ). Da der Text sicherlich irgendwann nicht mehr online sein wird, zitiere ich aus ihm:

Nach Schröders überraschend erklärtem Anspruch auf Fortsetzung seiner Kanzlerschaft hat möglicherweise

_bald ein Akteur das Sagen, der schon die Neuwahl angeordnet hatte: Bundespräsident Horst Köhler. Nur er kann zunächst vorschlagen, wen der Bundestag – ohne Aussprache – zum Kanzler oder zur Kanzlerin wählen darf. Köhler hat dabei, rein rechtlich, freie Hand. Er kann jeden wählbaren Deutschen vorschlagen, ist also keineswegs auf Abgeordnete wie Angela Merkel oder Gerhard Schröder beschränkt.

So wurde 1966 der baden-württembergische Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger zum Kanzler vorgeschlagen und gewählt. Erst recht nicht ist Köhler an die Führung der stärksten Fraktion oder der stärksten Partei gebunden. Er wird freilich für seinen Vorschlag im Interesse des Staates, seines eigenen Ansehens und der oder des Vorgeschlagenen erst einmal den Verlauf der Gespräche zwischen den Parteien abwarten.

So hieß es denn auch am Montag aus dem Bundespräsidialamt, Köhler wolle sich vorerst nicht einschalten. Aus heutiger Sicht ist offen, ob er CDU-Chefin Merkel oder Kanzler Schröder oder eine dritte Person vorschlagen wird.

Das Grundgesetz schreibt lediglich vor, wann das Amt des Kanzlers „endigt“ – nämlich mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages, was spätestens am 30. Tag nach der Wahl geschehen muss. Diese Frist beginnt nach Meinung von Experten am 18. September, dem Tag der „Hauptwahl“, und nicht erst am 2. Oktober, dem Tag der Nachwahl in Dresden.

Scheitert Mitte Oktober im neuen Parlament die Wahl eines neuen Kanzlers mangels absoluter Mehrheit, bleibt Schröder auf „Ersuchen“ des Bundespräsidenten bis auf weiteres kommissarisch im Amt.

Zugleich beginnt dann eine von der Verfassung auf 14 Tage befristete zweite Wahlphase. So lange hat der Bundestag Zeit, um ohne Hilfe des Bundespräsidenten aus mehreren Kandidaten einen Kanzler oder eine Kanzlerin zu suchen. Auch in dieser Phase ist die „Kanzlermehrheit“, also die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags erforderlich._

Gruß,

Anvan

Es ist völlig
wurscht ob CDU/CSU als Einheit zu betrachten sind oder nicht.

Zumindest solange beide die 5%-Hürde schaffen.

Stimmt. Und umgekehrt …
Genauso ist es.
Es ist eine Spitzfindigkeit von Herrn Schröder, die vielleicht mehr taktische Hintergründe hat, um den Anspruch auf die Kanzlerschaft aufrechtzuerhalten, egal ob in einer großen Koalition oder in einer anderen Konstellation (obwohl es ohnehin, wie der Vorredner ja bereits ausgeführt hat, keine verfassungsrechtliche Bedeutung hat, wer stärkste Partei oder Fraktion ist).
Insofern kann man das als etwas befremdend empfinden. - Das gilt aber nach meinem Empfinden nicht weniger für die Arroganz der CDU, die sich gerne schon viel zu früh als Siegerin ausruft; zu einem Zeitpunkt, als das endgültige Ergebnis noch lange nicht klar war (und das Ergebnis aus Dresden auch noch ausstand).

Entscheidend ist übrigens nicht, ob es einzelne Parteien sind,
sondern ob sie in einer gemeinsamen Wahlliste antreten und das
ist meines Wissens nicht der Fall.

Wie auch: Die Listen werden länderweise aufgestellt und da die CDU nicht in Bayern und die CSU nicht im rectlichen Bundesgebiet antritt, gibt’s auch keine gemeinsame Liste.

Gruß,
Christian