Hallo!
„Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für
längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf
die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der
Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem
Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der
tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und
Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder
und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine
ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung
bieten.“
Das Parteiengesetz ist hier nicht einschägig, sonder die Bestimmungen zur Wahl des Bundeskanzlers, die im Art. 64 geregelt ist.
Und dort ist mit keinem Wort die Rede von Parteien oder Fraktionen.
Erst in den Kommentaren zu Art. 64 wird die gängige und langjährige Praxis beschrieben. Dazu noch einmal:
_Vorschlagsrecht des Bundespräsidenten
Das Grundgesetz äußert sich zur Wahl des Bundeskanzlers in Artikel 63, Absatz 1: „Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.”
Kein Wort dazu, ob er den Kandidaten der stärksten Fraktion (wie die Union) oder den der stärksten Partei (wie die SPD, die stärker ist als die CDU ohne die CSU, argumentiert) mit der Regierungsbildung zu beauftragen hat.
Grundgesetzkommentatoren verweisen darauf, daß es - abgesehen vom Vorschlags- und Ernennungsrecht des Bundespräsidenten - anders als in der Weimarer Reichsverfassung keine Mitspracherechte anderer Verfassungsorgane bei der Kanzlerwahl durch den Bundestag gibt. Diskutiert wird, wie frei der Bundespräsident bei seinem Vorschlagsrecht ist.
Sein Ermessen wird allgemein dadurch eingeschränkt, daß es ihm und seinem Amte schaden würde, wenn sein Wahlvorschlag im Bundestag scheiterte. In der Verfassungspraxis überprüft der Bundespräsident durch Gespräche mit den Fraktionsführungen die Chancen möglicher Kandidaten. Kriterium dafür ist der Rückhalt für den ausgehandelten sogenannten Koalitionsvertrag in den potentiellen Regierungsfraktionen.
Präzedenzfälle in der Geschichte
In der Verfassungsgeschichte der Bundesrepublik gab es während der sozial-liberalen Koalition zwischen 1969 und 1982 - mit Ausnahme der Legislaturperiode 1972 bis 1976 - Präzedenzfälle dafür, daß Bundespräsidenten - 1969 Gustav Heinemann, 1976 Walter Scheel - nicht die Kandidaten der stärksten Kraft im Parlament mit der Regierungsbildung beauftragten.
Beim „Machtwechsel” 1969 hatten der SPD-Vorsitzende Willy Brandt und der FDP-Vorsitzende Scheel noch am Wahlabend beschlossen, eine Koalition anzustreben. 1976 war Bundeskanzler Helmut Schmidt schon mit diesem Bündnis in die Wahl gezogen._
Gruß Fritz