Hallo Michael,
dass man bei Haydn noch eine Cembalobegletung findet, hängt mit einermusikgeschichtlichen Entwicklung zusammen, die noch aus der vorigen Epoche, der Barockzeit stammt. Da diente das Cembalo als „Generalbassinstrument“. Will sagen, das ist die Auswirkung eines bestimmten satztechnischen Denkens im Barock. Schwerpunkte waren die Außenstimmen (Melodie und Bass), während die Mittelstimmen, die recht individuell (man könnte von einer „eingeengten Improvisation“ sprechen) vom jeweiligen Spieler gestaltet werden konnten und die als eine Art „Füllung“ die Akkorde vervollständigten. Die wiederum wurden weitgehend typisiert, so ähnlich, wie man in der Popmusik heute in Gitarrenakkorden „denkt“.
In der folgenden Epoche, der Klassik, zu der Haydn zählt, entwickelten sich Sinfonie und Oper auf einer anderen satztechnischen Denkweise. Das Klavier (bzw. Cembalo) verschwindet allmählich aus der Orchestermusik, da es überflüssig wird. Die Begleitung wird zunehmend den Mittelstimmen zugeordnet und nach und nach motivisch ausgestaltet. Jetzt ist für die improvisierende Freiheit eines Spielers kein Platz mehr. Mit dem Fortfall des Generalbassinstruments bildet sich bei Haydn (und schon bei seinen Vorgängern) die „klassische“ Orchesterbesetzung aus.
Wenn du in einer sinfonischen Musik also ein Cembalo hörst, ist das ein Hinweis darauf, dass es sich um barocke oder frühklassische Musik handelt.
Gruß,
lynndinn