Was genau sind Charakterstärken?
Wer hat sich in der Psychologie damit beschäftigt?
Vielen Dank
[…]
Was genau sind Charakterstärken?
Wer hat sich in der Psychologie damit beschäftigt?
Vielen Dank
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Hi […],
ich bin zwar kein Psychologe wie mein VorPoster, dem ich in vielen Punkten spontan widersprechen würde und vor allem Pauschalurteile vorwerfen würde (und eigentlich ja auch hiermit tue), trotzdem antworte ich Dir mal… Nur: möchtest Du Charakterstärken hören oder möchtest Du wissen, was einen „starken Charakter“, sprich einen sog. charakterstarken Menschen ausmacht? In der Vermischung liegt m.E. schon ein Problem meines VorPosters.
Meine nächsten Aussagen stelle ich mal zur Diskussion.
Charakterstärken
Charakterstärken unterliegen m.E. dem Wandel der Zeit. Zum Einen dem Älterwerden des Einzelnen (richtig erkannt: Was als Kind gut oder schlecht ist als Erwachsener schlecht oder gut), zum Anderen aber auch der Menschheitsgeschichte.
Was zur Zeit Charakterstärken sind - ehrlich gesagt - keine Ahnung - da schwimme ich auch etwas. Ist es z.B. praktizierter Humanismus?
Starke Charakter
Starke Charakter sind m.E. gefestigte Charakter, sprich Personen mit stabiler Persönlichkeitsstruktur. Dies völlig wertneutral und nur personenbezogen. Insofern kann nicht nur einen „unbeirrbaren Haudrauf“ als starken Charakter bezeichnen sondern ebenso den stets stellen, passiven Menschen.
Kurz:
Starker Charakter im Gegensatz zur labilen Persönlichkeit
Gruß
Ernie
PS: Kein Fachmann, wie man merkt, doch die Welt besteht ja fast nur aus Nicht-Fachmännern (und -frauen selbstverständlich!)
Lieber Herr […],
Ich habe Ihre Artikel auch im Brett Medizin gesehen und denke mir dazu, Sie beschäftigen sich im Augenblick sehr mit Disziplin, mit allem, was funktionieren soll und vielleicht doch nicht so 100%-ig klappt. Das macht vielen Menschen Sorgen, gelegentlich auch Panik.
Hier geht es dann oft nur an der Oberfläche um gewisse Begriffe. Im Inneren geht es um die Sorge: bleibe ich gesund, letztlich ist das der Beginn einer Auseinandersetzung mit dem, was wir alle gemeinsam haben: das irgendwann bevorstehende Sterben.
Zu Ihrer Frage nach „Charakterstärken“ darf ich anmerken, daß es sich um einen Begriff aus der Umgangssprache handelt, der einer Zeit entstammt, die meine Eltern und ich noch erlebt haben: Disziplin bis zum Kinderkriegen. Da stand - in einer Zeit des mechanischen Technikverständnisses - das Funktionieren des Körpers im Vordergrund. Auch das Funktionieren von „Charakter“, das heißt: von Wesenszügen, die einer gesellschaftlichen Norm möglichst genau und allen Widrigkeiten zum Trotz entsprachen. Dann nannte man einen Charakter „stark“. Das ist eine Idolisierung. In gleichem Maße „starke“ Kinder nannte man „schwierig“, „anstrendgend“ und „schlimm“. Daraus ergaben sich oft Komplikationen, weil derselbe Wesenszug einmal als vorbildlich, ein andermal als verwerflich galt.
Wir sehen an der Generation, die nun um die 30 ist - eine erfrischend rotznasige Generation übrigens, deshalb auch ein wenig nervend - daß diese starren Ansichten und ebenso starren Erziehungskonzepte in ihr Gegenteil umgeschlagen sind: nicht sofort nach der 68-er Jugendrevolte: nein: in der darauf folgenden Generation.
Daß diese Stimmungsänderung (jeder sagt Du und tschüß und hat keinerlei Achtung vor akademischen Graden, spottet sogar darüber, wenn sie einer nennt, ist „in“ oder „out“ etc.) für viele Menschen belastend sein kann, ist klar: Anders denkende Menschen werden ignoriert, gelten als „gestrig“, sind absolut „uncool“. Das kann schon mal zu der Frage nach Charakter und -Stärken (aber auch -Schwächen) führen. Dort geht es um die Orientierungslosigkeit derer, deren Normen mit einem Lacher verworfen werden.
Auch „die Psychologie“ gibt es unserer Eminung nach eingentlich nicht. Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Ansätzen zum Konzept Mensch. Ich z.B. vertrete eine Richtung, die man Tiefenpsychologie nennen kann, und habe irgendwie sehr, sehr wenig mit Test-Psychologie am Hut. Psychosomatik ist auch so ein Wort, das eigentlich nur sagen will: Der Mensch ist eine Einheit, da gibt es im Grunde nicht etwas, das „seele“ und etwas anderes, das „Körper“ ist, es wird nur so getrennt besehen, um sich vereinfachte Vorstellungsmodelle machen zu können.
Wenn Sie also im Brett Medizin zum Blutdruck fragen und im Brett Psychologie zu „Charakterstärke“, so hängt das ursächlich zusammen im Begriff: „Kontrolle über Körperfunktionen“. Und weil jeder mögliche Funktionsverlust auch als Kontrollverlust erlebt werden kann, so gibt es auch den Begriff für die entsprechende Angst: „Kontrollverlustangst“.
Ohne psychologisieren zu wollen: Wenn Ihr Blutdruck stark schwankt, kann das neben organisch nachweisbaren Ursachen (auf die ich jetzt nicht eingehen will) eben auch psychische Einstellungen zur Grundlage haben, z.B. die Angst vor Schwäche. Also würde ich dazu neigen, von beiden Seiten her nachzuforschen, was bei Ihnen los ist, dann können Sie zu einem guten Ziel kommen.
Alles Gute.
V.E.
Institut für Persönlichkeitsbildung, Beratung und Supervision
Mail to: [email protected]
URL:
http://members.magnet.at/dr.ellmauthaler/
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