Charisius Familienname

Hallo,

weiß jemand woher dieser Name kommt?
Wir vermutetn es kommt irgenwo aus Dänemark aber ob es eine Bedeutung/ Geschichte o.ä dazu gibt wissen wir nicht.
Vielleicht ist es sogar ein altes Adelsgeschlecht :smile:)
Vielen Dank

Hallo,

meine Nachforschungen ergaben Folgendes:

Charisius klingt zuerst nach einem Humanistennamen.

In der frühen Neuzeit benutzten Gelehrte häufig latinisierte Formen ihres Familiennamens. Dazu wurde dazu der deutsche Name übersetzt (Sagittarius aus Schütz, Praetorius aus Schulz oder Schultheiß, Agricola aus Bauer, Mercator aus Kaufmann). Meist wurden Berufsbezeichnungen dazu verwendet.

Nun ging ich daran eine Entsprechung für Charisius zu finden.

Fündig wurde ich in der Altgriechieschen Bibelübersetzung.
Der Wortstamm Charis bedeutet:
charis (gr. χάρις)
Wohlwollen, Gefälligkeit, Gnade, Geschenk, Lieblichkeit, Dank.

Nun, dies ist nicht gerade eine Berufsbezeichnung, es sei denn, wir gehen beim Namensgeber von einem Förderer oder Gönner, heute könnte man wohl sagen Sponsor aus.

Nun zog ich die Fremdsprachenexperten von „wer-weiß-was“ zu Rate.
Das Adjektiv heißt „charieis“ und bedeutet anmutig, reizend. „charis“ wbl. Substantiv bedeutet Freude, Schönheit, Liebenswürdigkeit. „charisma“ neut. Subst. bedeutet Geschenk, Gabe.

Spontan fiel mir der griechische Fußballer Charisteas dazu ein. Sollte dein Name tatsächlich aus dem altgriechischen stammen, wäre dies vermutlich dieselbe Wortwurzel.

Anmutig und reizend. Freude und Schönheit. Ein besonders schöner oder netter Mensch?

Und Charisma war hier angeführt. In Deutschland noch nicht sehr lange als Fremdwort geläufig. Aber bei einer Übersetzung eines Übernamens für eine charismatische Person kann man diese Möglichkeit in Erwägung ziehen.

Dann kam ein weiterer entscheidender Hinweis:
Charisius = Bezeichnung für einen bestimmten Kuchen.
Einen Kuchen, den ich aber leider im Netz nicht finden konnte.
Er ließe sich vermutlich finden, wenn man die griechische Schrift und Sprache beherrscht und entsprechend googelt.

Kuchen, also ein Bäcker/Becker, ein Konditor, ein Zuckerbäcker/Zuckerbecker.

So weit, so gut, wenn es aber ein Humanistenname ist, dann muss er auch zur Zeit des Humanismus entstanden sein.
Im Speziellen wird als Humanismus das fortschrittliche, sich vom Mittelalter und der Scholastik abwendende geistige Klima des 15. und 16. Jahrhunderts bezeichnet.

Wikipedia zeigt uns zwei Personen mit dem Namen Christian Ehrenfried Charisius und einen Johann Ehrenfried Charisius. Der früheste davon wurde 1647 geboren, also nach der Hochzeit des Humanismus.
Alle diese Charisius waren Bürgermeister von Stralsund.
Sie waren also „hohe Tiere“. Oder Gelehrte?
Wer nahm Humanistennamen an? Hauptsächlich Gelehrte.
In der damaligen Zeit hatten wohl nur entsprechend angesehene Personen mit Bildung die Möglichkeit den Posten eines Bürgermeisters einer Hansestadt zu erwerben. Gelehrter erscheint demnach sinnvoll.

Stralsund passt auch ins Bild, da die Namensverteilung nach verwandt.de eher in Norddeutschland gehäuft erscheint.

Stralsund 1647?
Warum kommst du auf Dänemark?
wegen des 30-jährigen Krieges 1618-1648!
Im Dreißigjährigen Krieg widerstand Stralsund mit Hilfe von Schweden und Dänemark der Belagerung durch Wallenstein; es folgte eine fast 200-jährige Zeit der Zugehörigkeit zum Königreich Schweden als Teil von Schwedisch-Pommern.

Der oben genannte älteste Charisius war aber von Frankfurt/Oder gebürtig.
Interessant ist aber, dass beim Googeln gleich auf der ersten Seite eine schwedische Biographie über diesen Herrn erscheint.
Wieder Schweden/Dänemark!
Aber Schweden oder Dänemark ist in dieser Zeit unerheblich, denn Schonen, Blekinge und Halland (Teile des heutigen Schwedens) waren das eigentliche Herkunftsgebiet der Dänen und fielen erst 1658 an Schweden.
Dass heißt der Name kann aus Dänemark stammen, obwohl er geographisch aus dem heutigen Schweden stammt.

Das Namensregister von Aarhus weist einige Charisius aus.
http://www.danmarkskirker.dk/navnereg_aarhus_c.htm

in einem Verzeichnis der Aarhus Domkirke ist sogar ein Wappen für Charisius aufgeführt.
http://www.gravstenogepitafier.dk/aarhus16.htm

Zusammenfassung:

Ich kann es nicht endgültig aufklären.
Möglich wären

  • ein humanistischer Übername aus dem griechischen Charis für einen charismatischen Namensträger
  • eine humanistische Bezeichnung für einen Förderer oder Gönner
  • eine humanistische Bezeichnung für einen besonders schönen Menschen
  • eine humanistische Umsetzung des Zuckerbäckers nach dem griechischen Kuchen
  • oder doch etwas Skandinavisches, wozu mit in diesem speziellen Fall aber das Grundwissen zur Bestimmung fehlt.

Dein Verdacht mit Dänemark (oder Schweden) drängt sich auf, da die Entstehung der Humanistennamen auch noch in der Zeit wohl erfolgte als Teile Mecklenburgs und Pommerns von Schweden besetzt waren und ich prominente Namensträger im schwedisch besetzten Teil Deutschlands in dieser Zeit ausfindig machen konnte.

Gruß
Lawrence

Vielen herzlichen Dank Lawrence für deine Mühe,

das sind auf jeden Fall viele Anrgeungen dabei.Auf jeden Fall habe ich jetzt schon mal eine Richtung in die es sich weiter „forschen“ lässt.
Nochmals vielen Dank und einen schönen Tag,

Treffer! Ich habe gegooglet, und ich habe gefunden. Allerdings habe ich nicht alles gefunden, es muss mehr sein. Und man muss leider Dänisch lesen können. Es gab tatsächlich ein dänisches Geschlecht Charisius. Der Name kommt von der dänischen Kleinstadt Karise http://en.wikipedia.org/wiki/Karise .

Stammvater Rasmus Karise, bürgerlicher. Sein Sohn Jonas (1571-1619) hat den Namen lateiniziert: Charisius = der aus Karise . Jonas Charisius war dänischer Staatsmann, ganz hoch gesessen. Stammbaum: http://www.roskildehistorie.dk/stamtavler/adel/Chari… .

Das Adelsgeschlecht starb vor 1800 aus, aber der Name wurde weitergeführt. Ich glaube, dass andere hochstehenden Dänen, die nach einander das Gut des ersten Geschlechts kauften, sich auch Charisius nannten. Hier Stammbaum von Holsten-Charisius (Holstein, dänisch für Holstein) http://www.roskildehistorie.dk/stamtavler/adel/Holst…

Noch ein Link: http://torpvestihomepage.dk/ Wenn man da „Charisius“ unten eintastet (nicht Google, sondern darunter), bekommt man mehr Geschlechtstafeln von Charisii (Mehrzahl von Charisius). Diese haben in Dänemark, Süd-Norwegen und Dänisch West-Indien gelebt, achtzehntes Jahrhundert. Pfarrer und Offiziere, glaube ich. Man kann auch mailen: [email protected] für mehr Auskünfte.

Gut des ersten Charisiusgeschlechts: Constantinsborg http://www.geonames.org/2623162/constantinsborg.html , http://www.tageo.com/index-e-da-v-01-d-m3803664.htm?.. ,http://home0.inet.tele.dk/Agner/newpage43.htm

Alles mit Vorbehalt - ich habe nur einige Minuten gesucht. War ich aber fündig!

Hallo Lawrence,

sehr gut und schlüssig erklärt. Dafür ein * von mir.

Ebenfalls hast Du gut herausgearbeitet, dass ein Familienname verschiedene Ursachen haben kann.

Gestatte mir dennoch ein paar Kommentare, die dann - aus meiner Sicht - letztlich doch zu einem anderen und für mich ebenfalls schlüssigen Ergebnis führen:

Charisius klingt zuerst nach einem Humanistennamen.

richtig.

In der frühen Neuzeit benutzten Gelehrte

wichtig ist das Wort „Gelehrte“.

häufig latinisierte
Formen ihres Familiennamens. Dazu wurde dazu der deutsche Name
übersetzt (Sagittarius aus Schütz, Praetorius aus Schulz oder
Schultheiß, Agricola aus Bauer, Mercator aus Kaufmann). Meist
wurden Berufsbezeichnungen dazu verwendet.

Aber eben nicht immer. So ist Nikolaus Kopernikus auch ein Humanistenname, dieser rührt von der Ortschaft Kopernigg in Polen her (Herkunftsname). Oder Christoph Kolumbus, der auf collum = Hals, Stängel (also groß gewachsen vielleicht auch langhalsig; Übername) zurückgeführt wird.

charis (gr. χάρις)
Wohlwollen, Gefälligkeit, Gnade, Geschenk, Lieblichkeit, Dank.

Nun, dies ist nicht gerade eine Berufsbezeichnung, es sei
denn, wir gehen beim Namensgeber von einem Förderer oder
Gönner, heute könnte man wohl sagen Sponsor aus.

wie gesagt: Humanistennamen müssen nicht unbedingt Berufsnamen sein.

Spontan fiel mir der griechische Fußballer Charisteas dazu
ein. Sollte dein Name tatsächlich aus dem altgriechischen
stammen, wäre dies vermutlich dieselbe Wortwurzel.

Anmutig und reizend. Freude und Schönheit. Ein besonders
schöner oder netter Mensch?

Und Charisma war hier angeführt.

Dann kam ein weiterer entscheidender Hinweis:
Charisius = Bezeichnung für einen bestimmten Kuchen.
Einen Kuchen, den ich aber leider im Netz nicht finden konnte.
Er ließe sich vermutlich finden, wenn man die griechische
Schrift und Sprache beherrscht und entsprechend googelt.

Kuchen, also ein Bäcker/Becker, ein Konditor, ein
Zuckerbäcker/Zuckerbecker.

Hier fehlt der Aspekt „Gelehrter“. Daher ist dies eine Möglichkeit, woraus der Name entstanden sein kann, die jedoch relativ unwahrscheinlich ist.

So weit, so gut, wenn es aber ein Humanistenname ist, dann
muss er auch zur Zeit des Humanismus entstanden sein.
Im Speziellen wird als Humanismus das fortschrittliche, sich
vom Mittelalter und der Scholastik abwendende geistige Klima
des 15. und 16. Jahrhunderts bezeichnet.

sagt Wikipedia (was auch zweifelsfrei richtig ist, nur der Quellenangabe halber erwähnt)

Stralsund passt auch ins Bild, da die Namensverteilung nach
verwandt.de eher in Norddeutschland gehäuft erscheint.

Hier beginnen die „Aber“!

wie kommst Du denn darauf? Ich habe mir auch diese Seite angesehen

http://www.verwandt.de/karten/relativ/charisius.html

und muss sagen, dass die Namensverteilung ziemlich verstreut ist. Dies deutet auf verschiedene Dinge hin: Zum Einen, dass es KEIN Herkunftsname ist. Herkunftsnamen sind in aller Regel bis heute in einem „Nest“ konzentriert. Dabei ist „Nest“ nicht als „Dorf“, sondern als „geographische Region“ zu verstehen. Solch verstreute Namen deuten entweder auf Berufe oder auf Rufnamen hin. Übernamen sind zwar nicht ausgeschlossen, aber weniger wahrscheinlich, da man die Spitznamen gemäß dem jeweiligen Dialekt der Region vergeben hat. Diese regional unterschiedlichen Bezeichnungen treffen zwar in eingeschränktem Maß auch für Berufe zu, aber eben nicht so intensiv wie bei den Übernamen.
Somit ergibt der ausschließliche Blick auf die Namensverteilung folgende Wahrscheinlichkeit: Rufname - Berufsname - Übername - Herkunftsname.

Stralsund 1647?
Warum kommst du auf Dänemark?
wegen des 30-jährigen Krieges 1618-1648!
Im Dreißigjährigen Krieg widerstand Stralsund mit Hilfe von
Schweden und Dänemark der Belagerung durch Wallenstein; es
folgte eine fast 200-jährige Zeit der Zugehörigkeit zum
Königreich Schweden als Teil von Schwedisch-Pommern.

ausgezeichnet! völlig richtig.

Der oben genannte älteste Charisius war aber von
Frankfurt/Oder gebürtig.

Und just dort ist noch heute der Familienname überdurchschnittlich häufig.

Interessant ist aber, dass beim Googeln gleich auf der ersten
Seite eine schwedische Biographie über diesen Herrn erscheint.

Bei mir nicht. Kannst Du den Link dafür angeben? Ich habe auf den ersten fünf Google-Treffer-Seiten zu „Charisius“ ausschließlich deutsche Treffer.

Dass heißt der Name kann aus Dänemark stammen, obwohl er
geographisch aus dem heutigen Schweden stammt.

Wichtig ist das „KANN“. Denn eigentlich widersprichst Du Dir selbst: ein paar Sätze weiter oben schreibst Du ausdrücklich (gestützt auf die Aussagen in Wiki), dass der dort älteste dort verzeichnete Namensträger aus Frankfurt/Oder kommt. Das war aber auch im 30jährigen Krieg meines Wissens nicht zu Schwedisch-Pommern gehörig (was natürlich nicht durchziehende schwedische Truppen ausschließt).

Das Namensregister von Aarhus weist einige Charisius aus.
http://www.danmarkskirker.dk/navnereg_aarhus_c.htm

in einem Verzeichnis der Aarhus Domkirke ist sogar ein Wappen
für Charisius aufgeführt.
http://www.gravstenogepitafier.dk/aarhus16.htm

Die älteste hier angegebene Charisius-Jahreszahl ist 1571. Also etwa 3 Generationen vor dem 30jährigen Krieg, der älteste Charisius in Wiki datiert von 1647, also dem Ende des 30jährigen Krieges. zwischen beiden Geburtsorten liegen gut und gerne 400 km. Somit ist eine Verwandtschaft beider Stämme ziemlich unwahrscheinlich. Dänisch und Schwedisch sind zwar Teile der germanischen Sprachfamilie (aus dem Zweig der nordischen Sprachen), aber eben nicht deutsch. Was bedeutet das für die Wahrscheinlichkeit, aus welcher Familiennamensgruppe „Charisius“ stammen könnte?
Rufnamen - nahezu einheitlich in einer Sprachfamilie (z.B. Erich dt. = Erik dän., Johann dt. = Jan nordisch).
Berufsnamen: sind sprachgebunden und somit schon ziemlich verschieden
Übernamen: sind nicht nur sprach- sondern sogar dialektgebunden und somit sehr verschieden
Herkunftsnamen: orientieren sich an den Ortsnamen, d.h. es müsste ein entsprechender Ort im näheren oder weiteren Umkreis zu finden sein.

Somit ergibt sich folgende Wahrscheinlichkeit für die Ursache des Familiennamens Charisius: Rufname - Berufsname - Herkunftsname - Übername.

Es fällt auf, dass die ersten beiden Familiennamengruppen konstant gegenüber dem Ergebnis der Familiennamensverteilung geblieben sind.

Ich kann es nicht endgültig aufklären.

das kann letztlich niemand, der nicht jahrzehntelange Forschungen für diesen Namen betrieben hat.

Möglich wären

  • ein humanistischer Übername aus dem griechischen Charis für
    einen charismatischen Namensträger
  • eine humanistische Bezeichnung für einen Förderer oder
    Gönner
  • eine humanistische Bezeichnung für einen besonders schönen
    Menschen

alle drei „ja“, aber mit Einschränkungen, da es sich in allen drei Fällen um Übernamen handelt.

  • eine humanistische Umsetzung des Zuckerbäckers nach dem
    griechischen Kuchen

in meinen Augen weniger wahrscheinlich als die ersten drei Möglichkeiten da die Gelehrsamkeit fehlt

  • oder doch etwas Skandinavisches, wozu mir in diesem
    speziellen Fall aber das Grundwissen zur Bestimmung fehlt.
    Dein Verdacht mit Dänemark (oder Schweden) drängt sich auf, da
    die Entstehung der Humanistennamen auch noch in der Zeit wohl
    erfolgte als Teile Mecklenburgs und Pommerns von Schweden
    besetzt waren und ich prominente Namensträger im schwedisch
    besetzten Teil Deutschlands in dieser Zeit ausfindig machen
    konnte.

das Skandinavische könnte sich dadurch manifestieren und gleichzeitig das Deutsche NICHT ausschließen, wenn es sich - gemäß unserer oben erarbeiteten Wahrscheinlichkeit der vier Familiennamensgruppen - um einen Familiennamen handelt, der sich aus einem Rufnamen entwickelt hat.

Daher möchte ich hier ein wenig den sehr gut begonnenen Faden aufgreifen und weiterführen:

Diese drei Links

http://de.wikipedia.org/wiki/Flavius_Sosipater_Chari…

http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858/K/HeiligL-1…

http://www.zeno.org/Vollmer-1874/A/Charisius

weisen daruf hin, dass „Charisius“ durchaus als Rufname verwendet wurde. Sicherlich nicht so häufig wie Johann oder Georg, aber so doch.

Noch ein Link:

http://www.christopherklitou.com/when_is_my_nameday_…

Dieser belegt einen (oder gar mehrere) Charis(ius) als Heiligen und/oder Märtyrer.

Und gerade Märtyrer werden und wurden oft und gerne (insbesondere von Katholiken; bei den Protestanten gibt es keine „Heiligen“!) als Rufnamen verwendet. In irgend einem der von mir angegebenen Links wird dann auch gleich die Frage beantwortet, was denn der RUFNAME „Charisius“ bedeutet.

Charisius als aus einem Rufnamen hervorgegangenen Familiennamen erklärt schlüssig, warum die Familiennamensverteilung so zersplittert ist und gleichzeitig, warum er in Ländern vorkommt, die unterschiedliche germanische Sprachen sprechen.

So auch in den Niederlanden:

http://www.krooniek.nl/index.php?menu_id=26&page_id=20

Ich habe zwar keine Kirchengemeinde über Google finden können, die „St. Charis(ius)“ heißt, dafür eine Kirche „St. Karis“, was mit Sicherheit das Gleiche ist:

www.evl.fi/kkh/kcsa/ads/dovas_frs_blad/dovas_frs_bla…
(scheint übrigens in Schweden zu sein, trotz dem „.fi“ klingt mir das nicht nach Finnisch)

Jetzt, um die Verwirrung komplett zu machen, habe ich sogar einen Ort gefunden, der St. Karis heißt:

http://www.pp.htv.fi/lkivinie/tiedemiehia/dat1380.htm

Verschweigen möchte ich schließlich nicht, dass zwei von meinen Namensbüchern bei Charisius auf einen Urkundenbeleg von 1556 hinweisen, wonach eindeutig in diesem einen Fall der schlesische Ortsname „Karisch“ zugrunde liegt. Dies wird in den Lexika anhand von „Krokisius“ aus „Krokisch“ (Westpreußen und Schlesien) als Analogie angeführt. Gleichzeitig geht der Ortsname Karisch in Schlesien aufgrund der räumlichen Nähe wiederum gut mit dem oben erwähnten Frankfurt/Oder zusammen. Nun liegt Frankfurt/Oder ja deutlich nördlich der Grenze, südlich welcher ein Anhängen von der Endung „-er“ an einen Ortsnamen üblich wäre (UlmER, AdenauER, DillingER etc.), somit gänge auch das theoretisch zusammen, wäre da nicht die Unterscheidung zwischen Herkunftsnamen für Einheimische (etwa aus einem Umkreis von ca. 20 km Luftlinie) und Herkunftsnamen für Fremde (benannt nach Großstädten oder Regionen; z.B. Nürnberger, Sachs, Schlesinger, Westphal, Hess, Frank etc.). Das (fehlendes -er, deutlich nördlich dieser -er-Grenze für Herkunftsnamen) lässt den Ursprung in dem Herkunftsnamen = Ortsnamen Karisch/Schlesien doch wieder wenig wahrscheinlich werden (zu große Distanz zu Frankfurt/Oder).

Fazit:
Ich glaube: Aus einem Rufnamen Charisius, Charis, Karis o.ä., welcher auf eine Landschaft in der Ägäis zurückzuführen ist, und der in der Kirchenwelt als Märtyrer bekannt ist, hat sich ein Ortsname (oder mehrere) ergeben, hat sich womöglich sogar die Charakterbezeichnung entwickelt, woraus heute das Wort „Charisma“ entstanden ist und ist über Umdeutungen ein griechischer „Kuchen, Zuckerbäckerware“ (konnte ich übrigens im griechischen Lexikon nicht nachweisen!) entwickelt worden - und letztlich auch der Familienname in jüngerer Zeit entstanden.

Zusammenfassung (was ich glaube):

Namensbedeutung Charisius: aus einem Rufnamen „Charis(ius)“, welcher ein Heiliger und Märtyrer war

Formalia: Ch=K; -ius ist häufig verwendete Endung von Gelehrten aus der Zeit des Humanismus, sonst finden sich im Namen keine verwertbaren formalen Kriterien.

Geographische Herkunft: Rufnamen erscheinen im gesamten germanischen Sprachraum in sehr ähnlichen Erscheinungsformen, daher kann man allein aufgrund der Namensform kaum eine geographische Eingrenzung vornehmen. Es kann die 100-km-Regel gelten: Von dort, wo die Familie um 1900 gelebt hat, ist der Familienname in aller Regel nicht weiter als 100 km Luftlinie entfernt entstanden.

Räumliche Herkunft: Familiennamen aus Rufnamen, Übernamen und aus Herkunftsnamen für Einheimische sind weit überwiegend auf dem Land entstanden, Berufsnamen deutlich häufiger in größeren Märkten und Städten.

Alter: Da so viele Unsicherheitsfaktoren bezüglich der geographischen Herkunft bestehen, lässt sich das Alter des Familiennamens nur unzureichend eingrenzen: Er könnte von ca. 1250 (Südwesten und Stadt) bis 1800 (Ostseeküste im ländlichen Bereich) entstanden sein.

Soweit meine Kommentare.

Lawrence, bitte fühle Dich durch meine Kommentare eher bestätigt als kritisiert: Letztlich weiß keiner von uns, wie der Name DIESER FAMILIE wirklich entstanden ist, wir können alle nur Wahrscheinlichkeiten aufzeigen. Und wie Du ja siehst, finden mehrere Personen immer mehrere Aspekte. Daher möchte ich Dich ausdrücklich bitten, auch weiterhin so gute Beiträge hier im Brett zu schreiben!
Ich bin sehr froh darüber!

Danke und Gute Nacht wünscht

Alexander

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Hallo Alexander,

sehr gut und schlüssig erklärt. Dafür ein * von mir.:

* geht von mir zurück

Formen ihres Familiennamens. Dazu wurde dazu der deutsche Name
übersetzt (Sagittarius aus Schütz, Praetorius aus Schulz oder
Schultheiß, Agricola aus Bauer, Mercator aus Kaufmann). Meist
wurden Berufsbezeichnungen dazu verwendet.

Aber eben nicht immer. So ist Nikolaus Kopernikus auch ein
Humanistenname, dieser rührt von der Ortschaft Kopernigg in
Polen her (Herkunftsname). Oder Christoph Kolumbus, der auf
collum = Hals, Stängel (also groß gewachsen vielleicht auch
langhalsig; Übername) zurückgeführt wird.:

statt „meist“ wäre „oft“ hier treffender gewesen, stimmt!

Kuchen, also ein Bäcker/Becker, ein Konditor, ein
Zuckerbäcker/Zuckerbecker.

Hier fehlt der Aspekt „Gelehrter“. Daher ist dies eine
Möglichkeit, woraus der Name entstanden sein kann, die jedoch
relativ unwahrscheinlich ist.

Ich ging davon aus, dass ein gelehrter Träger des Namens „Becker“ seinen namen latinisiert oder gräzisiert haben könnte.

Stralsund passt auch ins Bild, da die Namensverteilung nach
verwandt.de eher in Norddeutschland gehäuft erscheint.

Hier beginnen die „Aber“!

wie kommst Du denn darauf? Ich habe mir auch diese Seite
angesehen:

Pardon! Mein Fehler. Als Südwestdeutscher ist für mich eigentlich alles nördlich der Mainlinie schon Norddeutsch. Muss da genauer werden.

Interessant ist aber, dass beim Googeln gleich auf der ersten
Seite eine schwedische Biographie über diesen Herrn erscheint.

Bei mir nicht. Kannst Du den Link dafür angeben? Ich habe auf
den ersten fünf Google-Treffer-Seiten zu „Charisius“
ausschließlich deutsche Treffer.:

http://runeberg.org/sbh/olthochr.html
Ich habe gezielt nach dem Namensträger mit Vornamen gegoogelt

Dass heißt der Name kann aus Dänemark stammen, obwohl er
geographisch aus dem heutigen Schweden stammt.

Wichtig ist das „KANN“. Denn eigentlich widersprichst Du Dir
selbst: ein paar Sätze weiter oben schreibst Du ausdrücklich
(gestützt auf die Aussagen in Wiki), dass der dort älteste
dort verzeichnete Namensträger aus Frankfurt/Oder kommt. Das
war aber auch im 30jährigen Krieg meines Wissens nicht zu
Schwedisch-Pommern gehörig (was natürlich nicht durchziehende
schwedische Truppen ausschließt).:

Ein Widerspruch den ich selbst nicht aufklären konnte. Mein Artikel sollte für den Fragenden hauptsächlich als Denkanstoß gedacht sein.
Ich wollte Anregungen geben, in welche Richtung es gehen kann und habe ganz zum Schluß ja angegeben, dass ich es nicht aufklären kann.

Daher möchte ich hier ein wenig den sehr gut begonnenen Faden
aufgreifen und weiterführen:

Darauf hatte ich gehofft

Ich habe zwar keine Kirchengemeinde über Google finden können,
die „St. Charis(ius)“ heißt, dafür eine Kirche „St. Karis“,
was mit Sicherheit das Gleiche ist:

das ist etwas eminent Wichtiges, was ich bei meinen Recherchen übersehen habe. „K“ wird bei der Latinisierung oder Gräzisierung gerne zu „C“ oder Ch" umgewandelt.

www.evl.fi/kkh/kcsa/ads/dovas_frs_blad/dovas_frs_bla…
(scheint übrigens in Schweden zu sein, trotz dem „.fi“ klingt
mir das nicht nach Finnisch):

Finnland uns Schweden zu vermengen ist auch relativ einfach, da Schwedisch bis heute in Finnland die zweite offizielle Amtssprache ist. Große Teile in Südwestfinnland sind zweisprachig, die Provinz Aland-Inseln gar rein schwedischsprachig.
Das kommt daher, dass Finnland über Jahrhunderte nicht unabhängig war, sondern von Schweden besetzt.

Übrigens käme ich jetzt vielleicht wieder auf einen Gelehrten.
Karis = Karies = Zahnarzt?
Aber das ist wohl zu weit hergeholt.

Lawrence, bitte fühle Dich durch meine Kommentare eher
bestätigt als kritisiert:

Als Kritik hatte ich es auch nicht aufgefasst.

Daher möchte
ich Dich ausdrücklich bitten, auch weiterhin so gute Beiträge
hier im Brett zu schreiben!
Ich bin sehr froh darüber!:

Vielen Dank

Danke und Gute Nacht wünscht

Alexander:

Gruß
Lawrence

Hallo Lawrence,

wie kommst Du denn darauf? Ich habe mir auch diese Seite
angesehen:

Pardon! Mein Fehler. Als Südwestdeutscher ist für mich
eigentlich alles nördlich der Mainlinie schon Norddeutsch.
Muss da genauer werden.

*grins*, geht mir als am Alpenrand Nähe Garmisch-Partenkirchen wohnend nicht anders. Aber - in der Regel - versuche ich mich selbst zurückzunehmen.

www.evl.fi/kkh/kcsa/ads/dovas_frs_blad/dovas_frs_bla…
(scheint übrigens in Schweden zu sein, trotz dem „.fi“ klingt
mir das nicht nach Finnisch):

Finnland uns Schweden zu vermengen ist auch relativ einfach,
da Schwedisch bis heute in Finnland die zweite offizielle
Amtssprache ist. Große Teile in Südwestfinnland sind
zweisprachig, die Provinz Aland-Inseln gar rein
schwedischsprachig.
Das kommt daher, dass Finnland über Jahrhunderte nicht
unabhängig war, sondern von Schweden besetzt.

Danke für diese Info, das wusste ich noch nicht!

Übrigens käme ich jetzt vielleicht wieder auf einen Gelehrten.
Karis = Karies = Zahnarzt?
Aber das ist wohl zu weit hergeholt.

Laut Wiki handelt es sich bei „karies“ (carius) um ein lateinisches Wort aus der damaligen Alltagssprache. Aber Du hast schon Recht: es gibt ja viele medizinischen Begriffe, die nach Personen (Entdeckern) benannt sind (Alzheimer, Parkinson, Morbus Cron, Kreuzfeld-Jakob-Krankheit, Röntgen, etc.)

Als Kritik hatte ich es auch nicht aufgefasst.

Gott sei Dank.

viele liebe Grüße und einen schönen Feiertag wünscht

Alexander