Chemie Professur?

Hallo ihr alle,
Ich würde gerne wissen, wie das genau abläuft wenn man Universitäts-Professor für Chemie werden möchte. Also Studium und anschließend den Dr. machen ist klar. Aber wie geht es dann weiter?
Muss man unbedingt im Ausland geforscht haben (postdoc) oder kann man auch einfach so seine Professur absolvieren?

Freue mich über eure Antworten

Moin,

Ich würde gerne wissen, wie das genau abläuft wenn man
Universitäts-Professor für Chemie werden möchte.

da gibt es mehr als einen Weg.

Muss man unbedingt im Ausland geforscht haben (postdoc)

Müssen nicht, man kann auch seinen PostDoc in D machen.

oder
kann man auch einfach so seine Professur absolvieren?

Früher (zu meiner Zeit :wink: war es so, daß nach der Promotion eine Zeit als PostDoc folgte.
Das bedeutet, man sucht sich eine (meist schlecht bezahlte und seeeehr anstrengende) Stelle bei einem möglichst renomierten Prof und arbeitet dort eine Zeit. Meist so ca. zwei Jahre.
Dann suchte man sich eine Stelle, um die sog Habilitation anzufertigen, das war früher meist eine unabdingbare Voraussetzung um Prof zu werden.
Hier scheiterten schon nicht wenige.
Hatte man diese Habilitation hinter sich, durfte man sich Privatdozent nennen und eine Stelle als Prof suchen.
Die wurden ganz normal ausgeschrieben, wie Stellen für Sekretärinnen oder Facharbeitert.
Es kam also zu Bewerbungsgesprächen und man mußte ggf. eine Gastvorlesung halten.
Wenn man genommen wurde war man (je nach Bundesland) erst mal Beamter auf Probe und wurde irgendwann verbeamtet.

Heute gibt es die Juniorprofessuren, die haben sich aber noch nicht flächendeckend durchgesetzt.

Alles in allem ein sehr langer und sehr anstrengender Prozess und es gab/gibt keinerlei Garantie, das man am Ende eine Stelle als Prof kriegt/e.
Beziehungen sind dabei mindestens so wichtig wie die erbrachte Leistung. Ich habe es mehr als einmal erlebt, daß Leute, die (nicht nur meiner Meinung nach) nicht so geeignet waren eine Stelle kriegten, nur weil sie bessere Beziehungen hatten als solche die ich besser fand.

Aber das ist nur eine grobe Beschreibung, es gibt da noch viele Details.

Gandalf

Hallo,

zu den Details gehören - egal in welcher Fachrichtung - neben den guten Beziehungen auch die Teilnahme an konkreten Forschungsvorhaben, Veröffentlichungen, Referate auf Fachkongressen, … (das alles möglichst auch im Ausland), und genau hierüber baut man dann eben auch die Beziehungen auf. D.h. fällt man hierüber mehrfach den Kollegen positiv auf, kommt man mit ihnen in Kontakt, erfährt dann wer wann wo aufhört, wo neue Stellen geschaffen werden, und mit wem man reden muss, um dabei dann eine Chance zu haben.

Um das alles gleich in die Richtigen Bahnen zu lenken ist es wichtig sich auf ein spannendes Thema zu stürzen, und sich da zu spezialisieren. Dazu braucht es dann die passenden Profs. und den passenden Doktorvater, der seine guten Studenten dann auch in die Literatur einführt, sie zu den entsprechenden Veranstaltungen mitnimmt, ihnen Türen öffnet, … Man kann da noch so gut sein, wenn man mit den falschen Leuten arbeitet, die als reine Egomanen immer nur ihren eigenen Namen unter allem lesen wollen, kommt man zu nichts.

Gruß vom Wiz

Also, heute geht es i.d.R. via Juniorprofessur.
D.h. nach Promo oder Postdoc (nicht zwingend vorgeschrieben aber meist gewünscht), tritt man eine Stelle als JuniorProf an, zunächst 3 Jahre, Verlängerung i.d.R. um weitere 3 Rahre. Besoldung W1.
Ist die Stelle mit „Tenure Track“ ausgestattet, heisst das, man wird danach i.d.R. „Full Professor“ an der selben Uni. Ansonsten muss man sich woanders umsehen. (W2 oder W3 Besoldung)

Früher üblich, aber heute auch noch möglich, war die Habilitation (Wissenschaftlicher Assistent C1-Besoldung, auch 3 Jahre mit Verlängerung um weitere 3). Dann wurde die Habilitationsschrift angefertigt und man war am Ende Privat-Dozent.

Die Habilitation geht heute noch über den „Umweg“ „Akademischr Rat auf Zeit“ (3 + 3 Jahre A13). Die Habilitation an sich ist also nicht abgeschafft, nur nicht mehr die einzige Möglichkeit.

Des weitern gibt es in den Meisten Bundesländern Ausnahmeregelungen, damit auch Ausländische Wissenschaftler, die dieses deutsche Verfahren nciht durchlaufen haben, hier Professor werden können.

Ich kenne einen Privatdozenten, der NICHT Postdoc war, weder im In- noch im Ausland. Das kam insbesondere in dem Jahr vor, als die C1- Stellen abgeschafft wurden. Der den ich kenne, wurde dann im Dezember 2004 eingestellt (direkt nach der Promotion), damit er noch die Stelle bekommen konnte, da es die ab 2005 nicht mehr gab.
Also Postdoc: Gern gesehen ja, Pflicht nein.

Stellen, die heute noch zur Habilitation gedacht sind, werden in den Ausschreibungen meist mit dem Text versehen: „Dem Berwerber wird die Möglichkeit zur Wissenschaftlichen Weiterqualifikation gegeben.“ (sofern die Stelle für einen Promovierten ausgeschrieben ist. Ist die Stelle für einen Nicht-Promovierten ausgeschrieben, bedeutet dieser Satz i.d.R. dass man Promovieren kann).

Die Unterschiede zwischen JuniorProfessur und Habilitation ist, dass der JuniorProfessor im Gegensatz zum Habilitand, die gleichen „Rechte“ hat wie ein Full Professor, d.h. (Vor)Diplomprüfungen abnehmen und eigene Doktoranden haben (das machen Habilitanden zwar auch, aber über Umwege. Der Doktorand des Habilitand promoviert offiziell bei einem Professor (meist der „Chef“ des Habilitanden)).

Die Situation, die ich beschreibe, kenne ich aus NRW - ich glaube aber, dass dieses eine Bundeseinheitliche Situation ist.

Hallo Stefan,
Vielen Dank für deine Antwort, das hat mir sehr gut geholfen! Danke!
liebe Grüße