Chiemgauer

habe gerade was nettes gelesen: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/vermisch….

Erst habe ich amysiert geschmunzelt. Dann ist die Idee durchgesickert.
Eine tolle Idee.
So bleibt das Geld (und dmait das örtliche Vermögen) in der eigenen Gegend.
Eine kleine Antwort auf das Thema Globalisierung.
Also eine Art Antiglobalisierungswährung!

Grüße
Raimund

Und was bringt mir als Verbraucher das jetzt?
Also abgesehen davon, dass ich 5% Wechselgebühr zahle ?

Aber im Prinzip tolle PR. Könnte man auf Deutschland ausweiten. Das Gehalt wird weiterhin in Euro ausbezahlt, die man dann in Mark umtauschen kann. Natürlich fallen dabei 5% Verwaltungsgebühren an. Und alle sind glücklich…

…die Leute, die immer noch in D-Mark rechnen, weil das können sie jetzt weiterhin machen.
…die Leute, die meinen der Euro wäre der Ursprung allen Übels, weil jetzt ist die deutsche Mark ja wieder da.
…die Arbeitslosen, weil die können wir ja dazu verwenden die ganzen kleinen D-Mark-Scheine auszuschneiden.
…die Regierung, weil die Arbeitslosen weg sind und vielleicht bleibt bei den 5% nach Abzuug der Löhne für die Arbeitslosen ja sogar noch was übrig.
…Raimund, weil das ja ein kleiner Beitrag gegen die böse böse Globalisierung ist.
…Frank, weil das sicher auch einzeichen dafür ist, dass bald der Tag des jüngsten Gerichts Kommunismus kommt.

Alle sind glücklich,
alles ist wunderbar.
SAN

Globalisierung?
Hallo Raimund,

Eine kleine Antwort auf das Thema Globalisierung.
Also eine Art Antiglobalisierungswährung!

nur damit ich hier mitspielen kann: Was verstehst Du unter Globalisierung (den Globus gibt es seit vier Mrd. Jahren, wird der gerade irgendwie globussiger?) und für wen ergeben sich da genau welche Probleme draus (und erst recht, welche Probleme, die man sich mit einer teuren Kunstwährung lösen kann)?

Gruß,
Christian

hallo Christian,
unter Globalisierung verstehe ich die Ausweitung der Wirtschaft global, also nicht auf ein Land fixiert.
Zwar wurde das schon seit jeher gemacht, doch nicht in der brutalen Art wie heute.
Hier in BW wird z.B. ein Betrieb geschlossen… nein verlegt: in ein Billiglohnland. Wie das Wort schon sagt: nicht aus Qualitätsgründen, sondern auf Gewinngründen.
Wer auf der Strecke bleibt, ist die Belegschaft. Der wurde komplett gekündigt. Wenn ich mich richtig erinnere, ca. 1000 (oder mehr?).
Meine Empfehlung für Deutschland: Einfuhrverbot der Produkte dieser Firma, bzw. extrem hohe Einfuhrzölle für deren Produkte (so wie es Ludwig XIV praktizierte.
Hier liegt nun der Vorteil im „Chiemgauer“: es werden ortsansässige Firmen gefördert. Denn der „Chiemgauer“ wird nur in dieser Gegemd akzeptiert. Nicht nur Einkaufsläden profitieren daran, sondern auch Handewerker, Kleinproduktionen usw. Die Idee ist alt, gut und praktikabel.
Das hat auch mit „ewig gestrigen“, mit €-Unzufriedenen usw. überhaupt nichts zu tun. Und mit DM auch nicht.
Wer das behauptet, versteht den „Chiemgauer“ nicht.
Er soll mitnichten den Euro ersetzen.
er ist nur zur Förderung der heimischen Wirtschaft gedacht… und zugleich ein Studienobjekt für das Fach Betriebswirtschaft.
Grüße
Raimund
Henry Ford soll einen klugen Spruch getätigt haben. Leider erinnere ich mich nicht mehr an den Wortlaut. Sinn war: wenn ich in einem Land verkaufren will, muss ich dafür sorgen, dass meine Käufer auch was verdienen. Sonst haben sie kein Geld meine Ware zu kaufen.
Tja, er war auch hier ein kluger Kopf… haushoch den heutigen Managern überlegen. Wenn sich diese Globalbrutalität so weiter entwickelt, könnte Frsnk doch noch Recht bekommen.

siehe oben… o.w.T.
.

Tag raimund,

unter Globalisierung verstehe ich die Ausweitung der
Wirtschaft global, also nicht auf ein Land fixiert.

aha. Das ist aber nichts neues. Neu ist nur, daß in den letzten 20 Jahren in erheblichem Maße Handelsschranken gefallen sind, was nicht zuletzt uns Deutschen viele Vorteile gebracht hat. Wenn du in die Historie schaust, haben hohe Zölle nur in den seltensten Fällen einen Nutzen für denjenigen gehabt, der sie erhoben hat.

Die Große Depression in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde nur dadurch zu einer Großen Depression, daß viele Staaten meinten, ihre Wirtschaft durch hohe Importzölle schützen zu müssen. So fielen ausländische Abnehmer zum Auffangen der schwachen Inlandsnachfrage aus, die Überinvestitionen der Goldenen Zwanziger (insbesondere die Maschinen) wurden nur gering ausgelastet und verrotteten mit der Zeit. Die Beschäftigung ging in den Keller, aber Hauptsache, man hatte auf dem Papier die eigene Wirtschaft gerettet.

Daß andere Länder Produkte herstellten, die das eigene Land nicht oder nur in geringem Maße produzierte, übersah man durmmerweise, und so blieben die Amerikaner auf ihrer billigen Baumwolle und anderen Agrarprodukten sitzen, während man in Europa teurere Ersatzrohstoffe verwenden mußte, die aufgrund der Importzölle zwar noch billiger waren, als Importwaren, aber eben teurer als dieselben vor der Einführung der Zölle. Die Gewinne der einheimischen Unternehmen gingen zurück und der Konsument hatte immer weniger Geld in der Tasche, was sich wiederum in sinkender Binnennachfrage niederschlug.

Ein hübscher Teufelskreis, der letztlich nur deshalb endete, weil man auf den schlauen Gedanken kam, die Wirtschaft durch einen weltumspannenden Krieg anzukurbeln (natürlich war das nicht der Hintergrund für den Krieg). Der ganze New Deal-Quatsch in den USA war nicht mehr als ein riesiges und hektisches Umverteilungs- und Regulierungsprogramm in den USA, der zu einer Erholung bestenfalls aufgrund der psychologischen Wirkung ein wenig beitrug.

Hier in BW wird z.B. ein Betrieb geschlossen… nein verlegt:
in ein Billiglohnland. Wie das Wort schon sagt: nicht aus
Qualitätsgründen, sondern auf Gewinngründen.

Und da sagst Du, daß die „Globalisierung“ schuld ist? Schuld daran ist vor allem, daß man hier Arbeitsplätze hält, bei denen Kosten und Erträge nicht mehr im Einklang stehen. Warum übertreffen denn die Direktinvestitionen im kleinen Holland die Direktinvestitionen im großen Deutschland?

Deutschland hat sich bei der Umstellung seiner Wirtschaft viel zu viel Zeit gelassen. Hier haben Arbeitsplätze mit geringer Produktivität und Qualität nichts mehr verloren. Dumm an der ganzen Sache ist nur, daß aufgrund unseres maroden, gleichmachenden Bildungssystems die Qualifikation der Arbeitskräfte sinkt und so eine Lücke zwischen Anspruch bzw. Notwendigkeit und Wirklichkeit entsteht.

Extrapoliert man die derzeitige Entwicklung, geht der Laden hier in der Tat den Bach runter, weil wir zu Aufrechterhaltung unserer Sozialsysteme produktive Arbeitsplätze brauchen, die dann auch etwas kosten dürfen. Derzeit steigen die Kosten und die Produktivität sinkt oder stagniert. Dein verlagerter Betrieb ist nur ein Vorbote dessen, was noch folgen wird.

Meine Empfehlung für Deutschland: Einfuhrverbot der Produkte
dieser Firma, bzw. extrem hohe Einfuhrzölle für deren Produkte
(so wie es Ludwig XIV praktizierte.

Mit anderen Worten: Entweder gibt es diese Produkte in Deutschland gar nicht mehr zu kaufen oder zu erheblich höheren Preisen. Damit beschneidest Du nicht nur die ausländischen Betriebe, sondern vor allem die Freiheit des deutschen Konsumenten.

An der Verlagerung ist nicht die Globalisierung schuld, sondern witzigerweise in der Tat auch der Konsument. Ich schaue hier gerade Richtung Niederrhein, was ein Zentrum der Textilindustrie ist bzw. war. Da der gemeine Konsument nicht danach geht, wo das Zeug hergestellt wird, sondern (in geringem Ausmaß) auf die Qualität und vor allem auf den Preis schaut, bleibt nur die Produktion in einem anderen Land. Nun hast Du die Wahl, ob der Konsument Waren kauft, die von einem ausländischen Unternehmen hergestellt wurden oder von einen Betrieb im Ausland eines deutschen Unternehmens.

Wenn Du also die Betriebsverlagerung anprangerst, dann ist hier nicht der Schuldige ein schwammiges Gebilde namens Globalisierung (ein Begriff, der übrigens erst aufkam, als der Feind „Kapitalismus“ aufgrund des Niedergangs des Kommunismus - oder wie man das auch immer nennen will - nicht mehr zog), sondern einerseits die Regierung, die zu Lasten der deutschen Wirtschaft und Arbeitnehmer bestimmte Entwicklungen bremst und andere fördert, und andererseits der Konsument, der sich doch tatsächlich das Recht herausnimmt, das zu kaufen was er möchte.

Du weißt doch selber wie hoch Deine Margen sind und wie sehr Produkte ausländischer Unternehmen Deine Branche bereichert haben. Nie im Leben kämst Du darauf, einen niedriger qualifizierten Beruf zu ergreifen oder alle Produkte ausländischer Unternehmen aus Deiner Angebotspalette zu entfernen. Du willst eine Tätigkeit, die sich äquivalent zu Deinen Ausbildungsinvestitionen und Deinem Arbeitsaufwand bezahlt macht und Du willst alle Produkte anbieten, die für Deine Kunden interessant sind.

Es macht keinen Sinn, in Deutschland Massenware in Handarbeit herzustellen. In Deutschland muß geforscht werden, in Deutschland müssen High-Tech-Produkte hergestellt werden usw. In diese Richtung hat sich unser ganzen Gesellschafts- und Wirtschaftssystem entwickelt. Wer hier künstlich eingreift, wird irgendwann unseren Wohlstand auf dem Gewissen haben, den wir nur halten können, wenn die Arbeitsplätze produktiv genug sind, um die hohen Kosten menschlicher Arbeit in Deutschland zu erwirtschaften.

Gruß,
Christian

P.S.
Der Vergleich mit Henry Ford hinkt gewaltig. Seine Wirtschaftswelt hat mit unserer nichts mehr gemein. Er stellte Waren her, die in stupider, unqualifizierter Handarbeit hergestellt und in standardisierter Ausführung massenhaft auf den Markt geworfen wurden. Quasi den Trabant des frühen 20. Jh.

Und noch ein paar Worte zum Chiemgauer: Das ganze funktioniert nur, weil die Kosten für das System auf den Konsumenten abgewälzt werden und der Wechselkrus festgelegt ist. Ansonsten stände nämlich der örtliche Händler mit einer wertlosen Währung da und müßte zusehen, wo er die Waren herbekäme, die seine Kunden verlangen. Das Geld bleibt nämlich mitnichten in der Region, sondern wird für die dort verkauften Prodkute weltweit ausgegeben. Oder glaubst Du im Ernst, die Region könnte alle Waren, die dort verlangt werden, selbst herstellen?

Das ganze ist eine Augenwischerei, die letztlich nur dazu führt, daß nur das Geld in der Region bleibt, das die Konsumenten auch dort ausgeben wollen und aller Wahrscheinlichkeit ohnehin dort ausgegeben worden wäre. Niemand kauft ein Produkt vor Ort, das er gar nicht will, nur damit das Geld im Dorf bleibt. Wenn der gemeine Chiemgauer etwas braucht, was er um die Ecke nicht bekommt, fährt er mit seinen Euros dorthin, wo es das Gut gibt. Umgekehrt wäre auch wohl vorher niemand auf den Gedanken gekommen, seine Frühstücksbrötchen mit Euros in München oder Wien zu kaufen.

Und nochmal:
Was hindert den Unternehmer jetzt daran, die Produkte aus den Billiglohnländern einfach für Chiemgauer zu verkaufen?
Richtig sein Gewinn verringert sich um 5% beim zurücktauschen.
Super!

SAN

Hallo San,
wenn er Mastecard, Amex usw. akzeptiert, wird er ebenfalls 5 % (?) los. Denn die arbeiten auch nicht umsonst.
Warum akzeptiert er nun AMRX? weil es seinen Umsatz förderlich ist.
Grüße
Raimund

hallo Christian,
im Prinzip hast Du Recht.
Nur war meine Forderung nicht die all´gemeine Erhöhung der Zölle gemeint, sondern nur die dieser Firma, die deutsche oder (im Zuge der Europäisierung) europäische Arbeitsplätze vernichtet.
Dass unser überzogenes Sozialrecht hinderlich ist, wissen die meisten. Doch leider ist das Gegenteil (so wie es z.Zt. praktiziert wird, mindestens genauso schlecht.
Eine Verlagerung ins Billiglohnland löst nicht probleme, sondern verlagert sie nur.
Ich schiebe die Verantwortung den Unternehmen zu: sie haben es versäumt, ihre Betriebe zu modernisieren, die Belegschaft zu qualifizieren. Was eine reine Verlegung in ein Billiglohnland bedeuten kann, hat sich bei Bosch vor jahren gezeigt. Die Produktion von Scheinwerfern war von D nach Ungarn verlegt worden (die Arbeitskräfte waren damals (heute auch nocht) besonders billig). Meiner Info nach wurde das wieder rückgängig gemacht: die Qualität sank trotz Automatisierung der Arbeitsabläufe.
Wenn man als Unternehmer sich nur um den Gewinn kümmert, dann erleidet man irgend wann Schiffbruch. Nicht nur der Lohnkostenanteil ist wichtig, auch die Qualität. Die errhalte ich aber nicht durch auslagerung in Billiglohnländern, sondern durch Schulung meiner Arbeiter.
Doch unseren Managern ist das gleichgültig: sie kümmern sich nur um den Aktienwert einer Firma.
Was willst Du in Deiner Bank noch machen, wenn in D nur noch kleine Handwerksbetriebe existieren? Eine Bank ist genauso von der Wirtschaft abhängig wie der AN.
Beispiel BMW: die Produktion der Sportautos in den USA mag den aktienkurs von BMW steigern, die Arbeitsplätze in den USA sichern. Doch was bringt das den deitschen AN? Nichts! Er bezieht Sozialhilfe (so er nicht bei Autofirmen unterkommt, die weiter in D produzieren). Das ist aber nicht der Goldene Weg zur Rentenkonsolidierung. Nur Steuerzahler halten den Staast aufrecht, nicht Arbeitslose.

Grüße
Raimund

wenn er Mastecard, Amex usw. akzeptiert, wird er ebenfalls 5 %
(?) los. Denn die arbeiten auch nicht umsonst.
Warum akzeptiert er nun AMRX? weil es seinen Umsatz förderlich
ist.

Auch hier wieder ein Hinweis auf die Wertschöpfung: Umsatz allein ist nicht alles. Wer bei seinen Produkten eine geringe Marge hat, akzeptiert auch keine Kreditkarten. Da bei dem Projekt wohl vor allem Gegenstände des täglichen Bedarfs gekauft werden dürften (mit entsprechend geringen Margen), wird man in den seltensten Fällen an einer Ladentür einen Chiemgauer-Aufkleber neben einem Mastercard-Logo kleben sehen.

Gruß,
Christian