Christentum und Palästina (Jerusalem)?

Moin,

Ich beschäftige mich gerade mit dem Christentum und seiner
Beziehung zu Palästina, insbesondere zu Jerusalem.

Was bezeichnetst du hier als „Palästina“? Da du Jerusalem dazu zählst, nehme ich mal an: Israel + militärische Besatzungszonen West Bank + Gaza + Jerusalem

Ich bin der Meinung, dass Christen eigentlich zu Israel stehen
und der Meinung sind, dass Israel das Recht auf ein eigenes
Land hat.

Was bezeichnest du denn hier als „Israel“? Wenn du von einem Recht „Israels“ auf eigenes Land hast, meinst du dann mit Israel das Volk Israel, also das Judentum?

Was meint ihr dazu?

Ich meine, du musst erstmal deine Begriffe klar kriegen. So wie du von „Palästina“ und „Israel“ sprichst, wird nicht deutlich, was du eigentlich meinst, dies ist um so wichtiger, als dass dies Bezeichnungen mit einer gewissen politischen Konnotation sind.

Nun mal zu deiner Frage.
Es dürfte unbestritten sein, dass es zwischen Judentum und Christentum spezielle Verbindungen gibt, die sich in der Entstehungsgeschichte des Christentums begründen. Diese Verbindungen dürften sich aber unabhängig davon ergeben, wo Juden oder Christen sich gerade örtlich aufhalten.

Es dürfte ebenfalls unbestritten sein, dass viele für das Christentum wichtige Orte in Israel, bzw. den Gebieten unter militärischer Besatzung liegen. Die meisten in diesen Gebeiten lebenden Christen (sofern nicht zugewandert) sind hingegen arabischer Abstammung und leiden unter der Besatzung nicht weniger, als die Muslime.

Die Frage nach dem „eigenen Land“ ist hingegen hochgradig politisch. Normalerweise werden Staatsgrenzen durch das Völkerrecht geregelt. Hier hat sich mit den Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass Verschiebung von Staatsgrenzen oder gar die Errichtung neuer Staaten ohne die Zustimmung oder zumindest Billigung der dort lebenden Bevölkerung keine wirklich gute Idee ist. Israel ist hier nur ein Beispiel für einen aus einer derartigen Ignoranz heraus entstandenen immer währenden Krisenherd. Aus politischen Erwägungen mag ein Staat Israel opportun gewesen sein. Schließlich gab es kaum ein Land der Welt, das nach dem Zweiten Weltkrieg bereit gewesen wäre, durch den Holocaust in Europa entwurzelte und traumatisierte jüdische Überlebende in nennenswerter Zahl aufzunehmen.

Allerdings gibt es auch noch eine bestimmte Art Leute, die die Gründung Israels mit religiösen Inhalten verknüpfen. Für diese Leute ist Krieg und Gewalt ein legitimes Mittel zum Erreichen religiöser Ziele und somit unterscheiden diese sich für mich in keinster Weise von anderen gewalttätigen religiösen Fanatikern. Auf dieser Schiene scheinen auch ein paar fanatische christliche Gruppierungen mitzuschwimmen.

Zum Thema „Christlich-Jüdische Beziehungen“ ist vielleicht diese Webseite für dich interessant:

http://www.jcrelations.net/de/

Gruß
Marion

Palästina, heute und früher
Hallo Marion und hallo Michaela

Ich beschäftige mich gerade mit dem Christentum und seiner
Beziehung zu Palästina, insbesondere zu Jerusalem.

Was bezeichnetst du hier als „Palästina“? Da du Jerusalem dazu
zählst, nehme ich mal an: Israel + militärische
Besatzungszonen West Bank + Gaza + Jerusalem

Ich bin der Meinung, dass Christen eigentlich zu Israel stehen
und der Meinung sind, dass Israel das Recht auf ein eigenes
Land hat.

Was bezeichnest du denn hier als „Israel“? Wenn du von einem
Recht „Israels“ auf eigenes Land hast, meinst du dann mit
Israel das Volk Israel, also das Judentum?

Ich meine, du musst erstmal deine Begriffe klar kriegen. …

Die Begrifflichkeit Palästina und Israel ist tatsächlich ein dankbares Objekt für weitreichende Missverständnisse. Einigermaßen definiert ist es nach 1967: Israel ist die eine Seite der Waffenstillstandslinie, Palästina die andere (mehr oder weniger). Vorher war es Israel und quasi ägyptisches bzw. jordanisches Territorium. Noch früher verstand man unter Palästina den gesamten Landstrich und Palästinenser waren Juden die dort lebten. Und geht man weiter in der Geschichte
zurück, dann versteht man unter Palästina und Palätinensern mal dieses, mal jenes.

Vielleicht sollte Michaela, gerade weil sie im Religionsbrett schreibt, ihre Frage präzisieren, in welchem Kontext sie Erläuterungen zu Christen und Palästina wünscht. Ich könnte einiges über die Kreuzfahrerstaaten und ihr Verhältnis zum palästinensischen Umland schreiben, allerdings ist dies fehl am Platz, sollte sich Michaelas Anfrage auf das Verhältnis der Kirche mit den Autonomiegebieten beziehen.

Gruß
Hardey

Auch Moin,

Es dürfte unbestritten sein, dass es zwischen Judentum und
Christentum spezielle Verbindungen gibt, die sich in der
Entstehungsgeschichte des Christentums begründen.

Das drückst du ja sehr vornehm aus. Leider ist diese Beziehung in der Regel sehr unfriedlich und intolerant gewesen, so gar nicht nächstenliebend. Was dann in den letzten 100, 150 Jahren zu einem starkem Wunsch der Juden nach einem eigenen Territorium verstärkt hat.

… dass Verschiebung von Staatsgrenzen
oder gar die Errichtung neuer Staaten ohne die Zustimmung oder
zumindest Billigung der dort lebenden Bevölkerung keine
wirklich gute Idee ist.
… Auf dieser Schiene scheinen auch ein paar
fanatische christliche Gruppierungen mitzuschwimmen.

Bemerkenswert ist es, dass es in streng christlichen Kreisen verbreitete Meinung ist dass dieses Land den Juden gehört! Ich habe da haaarsträubende Bücher gesehen, die auch bei Veranstaltungen des CVJM zum Verkauf ausgelegt waren, also eigentlich keine „fanatischen christliche Gruppierungen“!? Da wird dann auch argumentiert, dass dort vorher nur ganz wenige Palästinenser gelebt haben. Aber die Zahlen sind bekannt, und sie werden von diesen Kreisen gern ignoriert.
Von einem Freund, der gerade in Israel war, hörte ich, dass von Israelis argumentiert wird, dass die Palästinenser den einwandernden Juden das Land auch gerne verkauft haben. Ich kann nicht einschätzen, wie relevant dieses ist.
Unstreitig ist aber auch, dass letztere dann eine Landnahme betrieben haben, die auch innert-israelischen Widerstand hervorgerufen hat (u.a. Uri Avneri). Die Westbank-Landnahme durch die Siedler wird ja selbst von der UNO kritisiert.

Gruss
Laika

Hallo,

… Und der
christliche König von Jerusalem hat sich dann offenbar mehr
als Statthalter gesehen, weil gerade keine Jude da war, dem er
die Krone aufsetzen konnte.

Da gabs keine mehr: Die Juden (und die Muslims und dort ansässigen Christen auch) hatten die christlichen Eroberer ja vorher alle umgebracht, als sie die Stadt zurück erobert hatten. Saladin war da etwas „menschlicher“.

laika

Hallo,

ja genau. Und deshakb zweifle ich doch sher, on das Christentum wirklich die Juden als die einzigen legitimen herren dieses Landes sieht. Das paßt einfach nicht zu den tatsächlichen geschichtlichen Ereignissen.
Man darf ja nicht vergessen, daß es auch eine jahrhundertlage Tradition der Kirche war, zu behaupten, die Juden hätten Schuld am Kreuztod Jesu. Und wenn man dann noch all die anderen auch von der Kirche frpher so schon genährten Vorurteile gegen die Juden sieht und die tatsächliche Benachteiligung der Juden in der europäischen geschichte, dann sollte es mich wirklich mächtig wundern, daß da inzwischen ein derartiuger Salto gelungen wäre, daß das Christentum die Juden als legitime Herren des historischen Palästinas sieht.
Im Allgemeinen halten ja Vorurteile da wesentlich länger…

Gernot Geyer

BS"D

Mh, wo siehst du hier den Unterschied?

Im Glauben.

Nur das dieser nach jüdischen Begrifflichkeiten hier keine Rolle spielt. Du überträgst hier christliche Sichtweise auf eine andere Kultur und in diesem Fall funktioniert das nicht.

Das Judentum als - ich nenne es mal zur
Unterscheidung so - „Volksgemeinschaft“ ist eine
„Schicksalsgröße“. Entweder man gehört ihr an (weil die Mutter
Jüdin war), oder nicht.

Das jüdische Volk bestand von Anfang an auch aus Menschen, die dieses selbst gewählt haben und so verhält es sich auch heute noch so, dass Fremde dem jüdischen Volk beitreten können.

und - zumindest als Mann - durch die
Beschneidung ein „echter“ Jude werden

Eine Beschneidung macht niemanden zum Juden. Wer als Jude geboren ist, ist und bleibt dieses, unabhängig davon ob er beschnitten ist und wer zum Judentum übertritt, muss vorher schon beschnitten sein.

man kann aus ihr aber niemals ausscheiden.

Auch hier gibt es Möglichkeiten des Ausschlusses.

Als Glaubensgemeinschaft dagegen hängt die Zugehörigkeit an
der persönlichen Überzeugung.

Eben genau diese Gemeinschaft existiert so aber nicht. Hier überträgst du ein christliches Konzept auf das Judentum und nimmst an, dass es auch dort so gültig sei - es existiert dort aber nicht.

P.S. Wenn ich schon die Gelegenheit habe, einen
offensichtlichen Fachmann zu fragen: Wo steht denn diese „Jude
= Kind einer jüdischen Mutter“-Tradition? Ich kenne sie zwar,
könnte sie aber nicht belegen…

Da müsste ich selber nachsehen, da es in der Tora direkt nicht steht, aber in der mündlichen Lehre (Talmud) eindeutig aus der Tora abgeleitet wird. Welche Stellen nun dort verwendet werden, weiss ich nun ohne Quellen aber nicht.

Gruss,
Eli

Mh, wo siehst du hier den Unterschied?

Im Glauben.

Nur das dieser nach jüdischen Begrifflichkeiten hier keine
Rolle spielt. Du überträgst hier christliche Sichtweise auf
eine andere Kultur und in diesem Fall funktioniert das nicht.

Als Christ fällt es mir schwer, eine jüdische Sichtweise einzunehmen (auch wenn es zweifelsohne sinnvoll ist, sie zu kennen). Die Vorstellung, einer Religion (nicht Religionsgemeinschaft!) anzugehören, ohne den entsprechenden Glauben zu teilen, ist mir fremd.

Von daher kann ich nur - um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen - sagen, daß aus christicher Sicht „die Juden“ als Glaubensgemeinschaft als Ursprungsreligion des Christentums von Bedeutung sind und eine Rolle spielen, nicht jedoch im Sinne eines Staates oder Volkes, auch wenn Juden selber die Unterscheidung so gar nicht machen würden.

Gruß, Martinus…

Vielen Dank für die Antworten o.w.T.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Michaela, hallo Allerseits,

Ich bin der Meinung, dass Christen eigentlich zu Israel stehen…

Wer sind in diesem Fall „Christen“? Die offiziellen Vertreter der Kirchen? Das durchschnittliche deutsche Kirchenmitglied? Fundamentalistische Christen?
Weiterhin ist das Thema Israel nicht hochpolitisch. Es ist DER politische Dauerbrenner schlechthin.

Die weit überwiegende Mehrheit der Christen in diesem Land, wird dieses Thema, unabhängig von ihrem Glauben, politisch beurteilen.

Anders sieht es bei Christen aus, die sich eng Bibel halten.
Für diese gelten folgende Fakten.
1.) Gemäß der Bibel wurde ein bestimmter Landstreifen dem Volk Israel von Gott besprochen.
2.) Diesem Volk wurde angedroht, dass es bei Untreue unter anderem verstreut werden soll.
3.) Ob die heutigen Juden mit diesem Volk Israel identisch sind, ist eine entscheidende Frage, die die meisten bibelnahen Christen bejahen.
4.) Für die gleichen Christen ist die Tatsache, dass das Volk Israel fast 1900 Jahre verstreut in Europa existieren konnte, dabei unter unsäglichem Leiden seine Identität behielt und dann wieder in das gelobte Land zurückkehrte, ein außergewöhnliches Zeichen.
5.) Nirgendwo in der Bibel steht, dass das Volk Israel seinen endgültigen Anspruch auf das gelobte Land verloren hat.

Solche bibelnahen Christen findet man in Europa seltener, dafür aber massig in den USA. Bekanntermaßen wird die Nation Israel von den USA politisch, wirtschaftlich und militärisch im außergewöhnlich hohen Maße unterstützt. Der Grund dafür sind die starken evangelistischen Einflüsse in der US-Politik.
Grob gesagt steht da der Gedanke dahinter; „Wir müssen Israel schützen, denn Gott hat damit noch etwas vor und wir wollen uns ja nicht gegen Gott stellen.“

Gruß
Carlos

P.S. Ich persönlich glaube nicht, dass Gott nochmals ein besonderes Vorhaben mit der Nation Israel hat, obwohl die Wiederherstellung der nation ein bemerkenswertes Zeichen ist, … aber dass ist ein langes Thema.

Hallo Michaela

Ich bin der Meinung, dass Christen eigentlich zu Israel stehen
und der Meinung sind, dass Israel das Recht auf ein eigenes
Land hat.

Ja, steht nebenbei auch so in der Bibel.

Weltlich ist es eigentlich so, dass es die Palestinenser gar nicht gibt, da sie kein Volk sind und auch keine eigene Kultur haben. Vor der Wiederbesiedlung der Juden waren mit wenig Ausnahmen dort auch nicht mehr als einige Nomaden, das Land war nämlich damals nicht fruchtbar, wurde es aber durch die Juden.
Anders gesagt, es gibt auch keinen historischen Grund Israel nicht das Landrecht zuzusprechen.

LG
Beat

Was meint ihr dazu? Welche Beziehung hat das

Christentum zu Palästina und Israel?

Ich bin für Hinweise (evlt. auch hilfreiche Links) sehr
dankbar!

Viele Grüsse
Michaela