Corona: Was ist bloß in Sachsen los?

Liebe Freundinnen des schönen Sachsenlandes,

sehr gerne wüßte ich, was die Bewohner dieses Bundeslandes umtreibt:

In keinem Bundesland sind so wenige Menschen gegen Corona geimpft wie in Sachsen. Das hat mit einem tiefen Misstrauen gegen „die da oben zu tun“. Die Folgen der Verweigerung sind teils abstrus.

Politikwissenschaftler Maik Herold, der an einer Studie zum Thema (https://forum-midem.de/publikationen/) mitgearbeitet hat, fasst zusammen:

„Je weiter man in Sachsen in den Süden und Osten kommt, umso kritischer und skeptischer sind die Leute“, so Herold. „Umgekehrt steigt die Akzeptanz für die Corona-Maßnahmen und die Impfbereitschaft, je weiter nördlich und westlich die Menschen leben.“ Längst nicht alle Impfskeptiker seien politisch oder ideologisch motiviert. „Wird eine impfskeptische Haltung offen hinterfragt, dann sind die Entgegnungen aber häufig mit Verschwörungstheorien durchsetzt“, sagt Herold.

Bis hierher wirkt das Verhalten der Sachsen ja noch nachvollziehbar. In dem Land gibt es laut der Studie etwa gleich viel Impfwillige wie Impfgegner. Warum sind dann so wenige Sachsen geimpft?

In den vergangenen Jahren habe sich in Sachsen ein politisches Milieu herausgebildet, das große Vorbehalte gegen die Regierenden in Berlin, demokratische Parteien sowie Entscheidungsträger in Medien und Gesellschaft hegt, „aber auch gegen die repräsentative Demokratie, wie sie funktioniert“. Dieses Milieu sei bereits bei Pegida und in der Anti-Asylbewegung, in Erscheinung getreten, so Herold.

Im öffentlichen Raum haben die Impfbefürworter wohl keine Stimme mehr. In einigen Regionen Sachsens werde seit Langem eine skeptische Grundhaltung gegenüber politischen Entscheidungen kultiviert, verbunden mit einem ausgeprägten Stolz auf die eigene Identität und Souveränität. (Herold).

Meine Frage zu dieser Befindlichkeit der Sachsen: Wie kann der Charakter eines ganzen Stammes so sehr in Richtung Ignoranz zerstört werden, ohne dass Intellektuelle in nennensweter Weise aufbegehren?

Der Standup-Comedian George Carlin warnte einmal: Never underestimate the power of stupid people in large groups. In Berlin standen diese Diplomdeppen bereits wieder vor dem Reichstag.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

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Dazu muss man zunächst mal klar machen, dass das Problem der ländliche Raum ist und da die komplett deindustrialisierten Gegenden. Bautzen/Görlitz und das Osterzgebirge.

Man muss sich eines klar machen: 1990 wurden blühende Landschaften versprochen und stattdessen wurde erst einmal der Großteil der Leute arbeitslos - ohne eigene Schuld wohlgemerkt.

Keine Erfahrung mit dem kapitalistischen System oder auch nur einem System in dem es sowas wie Arbeitslosigkeit überhaupt gibt, führten in weiten Teilen der Bevölkerung zu einem hohen Maß an Frustration. Die Cleveren haben sich aufgerafft und was aus sich gemacht oder sind in den Westen abgewandert - das heißt es ging eben auch viel intellektuelles Potential an den Westen verloren. Aber es gab eben auch jede Menge Alte und solche die nicht flexibel genug war, die geblieben sind.

Heute wissen wir, dass die Frustration durchaus nicht immer ungerechtfertigt war. Die Wende war falsch angefangen worden, die Frustration und das Elend wurden von Sarrazin wohlwissend in Kauf genommen - ebenso wie das weit verbreitete Gefühl verraten worden zu sein.

Und in diesem Umfeld ist eine ganze Generation mit einem tiefen Misstrauen auf die Regierung großgeworden - und die haben wir heute noch an der Backe. Können wir uns bei Kohl&Co bedanken. Nimm den Leuten ihre Identität und sie besinnen sich auf ihre Nationalität. Wenig überraschend das Ganze.

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Hallo,
wieso aber nur in Sachsen ?
All diese Gründe können doch auch für die anderen Bundesländer, die damals neu hinzugekommen sind.
Gruss
Czauderna

Während der Zweiten Coronawelle hat man versucht, einen kausalen Zusammenhang mit der Anzahl der AFD-Wähler und der Inzidenz/den Infiziertenzahlen herzustellen. Vielleicht solltest du wieder hier ansetzen.

Tatsächlich trifft das nicht nur Sachsen. Die 4 Bundesländer mit den niedrigsten Impfquoten sind Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

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Moin moin,

keene Ahnung was du und´s damit sagen willst…aber schau dir mal diese Seite an:
https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4
da kannst die ehemalige DDR wunderschön erkennen…und über deinen Osthass nachdenken

Hallo @Exberliner,
von Osthass war hier gar nicht die Rede. Soweit ich das sehe, wurde sachlich diskutiert.

In der Inzidenzkarte liegen die neuen Bundesländer gerade bei deutlich niedrigeren Zahlen als die alten Bundesländer. Aber das war auch schon einmal andersherum. Es gab eine Zeit, da waren Sachen und Thüringen vorn und Nordwestdeutschland beinahe virenfrei. Die Pandemie schwappt nun einmal in Wellen durch Europa und es gibt mal hier und mal dort die höheren Zahlen.

In jedem Fall ist es eine interessante Frage, warum die Impfquote zwischen ca. 50% (Sachsen) und 70% (Bremen) schwankt und warum die Länder im Osten in der Tabelle am Ende stehen.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

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Freistaat. Freidenker. Der Ursprung der friedlichen Revolution 1989. In Sachsen ticken die Uhren etwas anders. Ob das gut oder schlecht ist kann man mit Gewissheit erst in ein paar Jahren sagen. Wie krass ein solches Thema die Bevölkerung spaltet ist, hätte ich nie für möglich gehalten.

P.s.: Wer geimpft ist (und an die Wirkung glaubt) der braucht die Impfung der Nichtgeimpften gar nicht, oder?

Doch. Auch geimpfte können sich anstecken. Auch geimpfte können schwer erkranken (so genannte Impfdurchbrüche). Und geimpfte können in ihrer Nähe Menschen haben, die sich aus diversen Gründen nicht impfen lassen können oder dürfen (z.B. kleine Kinder, bestimmte Vorerkrankungen, Schwangere im ersten Trimenon…). Das heißt aus Selbstschutz und Solidarität mit ihren Mitmenschen wollen auch viele Geimpfte, dass sich alle anderen, denen es möglich ist, sich impfen lassen.

Und was soll der Einwand „und an die Wirkung glaubt“? Gehörst Du auch zu den Menschen ohne jegliche wissenschaftliche Grundbildung, die den Unterschied zwischen Glauben und empirisch gewonnene Daten nicht kennen und verstehen?

Grüße
Pierre

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Hallo,
wenn man das auf andere Ebenen unserer Demokratie überträgt, z.B. dass es keine Rolle spielt, wenn 90% alle Menschen in Deutschland wissen, dass es bei „rot“ auf der Ampel verboten ist die Strasse zu überqueren, wenn 10% der Menschen sich einen Sch… darum kümmern und trotzdem gehen, dass das dann okay ist.
Gut, man könnte jetzt sagen, es trifft ja dann nur denjenigen, der zu den 10 % gehört, sein Pech, aber was ist mit dem oder der, die ihn totgefahren hat ?
Gruss
Czauderna