ein Hoch auf die 68er
Hallöchen,
die Operation ist gelungen, der Patient siecht.
Seit rd. 30 Jahren vollzieht sich in Deutschland eine Entwicklung, die ihresgleichen in der Welt sucht. Besitz, Erfolg und Einfluß sind in der „normalen“ Bevölkerung geächtet, der Unternehmer, der Arbeitgeber ist das klare Feindbild. Jeder, der Einfluß hat, Menschen beschäftigt oder schlicht nicht 8 Stunden angestellt im Büro sitzt oder an der Werkbank steht, ist ein Ausbeuter oder noch einfacher: Ein schlechter Mensch. Ihm muß man unterstellen, daß er morgens mit dem Gedanken der Gewinnmaximierung aufwacht und abends mit der Liste der zu kündigenden Mitarbeiter in den Armen wieder einschläft.
So ist die Welt schön einfach strukturiert, so soll sie sein. Noch einfacher wird es dadurch, daß es wirklich ein paar Nieten an der Spitze von Riesenkonzernen gibt, die die „Argumentation“ vereinfachen. Daß die paar Männeken kein repräsentatives Bild der deutschen Unternehmenswelt darstellen, fällt den wenigsten auf und interessiert auch nicht weiter. Dummerweise werden so Tatsachen verkannt, wie z.B. auch, daß die Mehrheit der Menschen in Deutschland von mittelständischen Unternehmen beschäftigt wird, die sich wiederum mehrheitlich im Besitz eines Unternehmers befinden.
wo ist denn der Unterschied ob eine Unternehmung durch
Mitbestimmung oder diletantischer Entscheidungen der
Unternehmensführung, der Ingeneure, Aufsichtsräte, Vorstände
oder Top-Manager vor die Wand gefahren wird?
Diese intime Kenntnis von Begriffe aus der Unternehmenswelt ist beeindruckend. Der Gedanke, daß da wild Begriffe verwendet werden, die irgendwann einmal in der Kneipe oder in den Nachrichten aufgeschnappt wurden, käme mir nie, sozusagen. Leider bist Du kein Ausnahmefall. Ob Aufsichtsrat, Vorstand, Manager, Aktionär, Geschäftsführer: Alles gehört in einen Sack und ordentlich verdroschen. Was es mit den einzelnen Vokabeln auf sich hat, interessiert nicht. Einzig verstanden werden die Worte Betriebsrat und Mitbestimmung. Eigentlich auch nicht so richtig, aber irgendwie schon.
Konzern, Bilanz, Gewinn, Dividende, Shareholder-Value: Alles Begriffe aus einer anderen Welt, die nicht verstanden, aber kritisiert werden. So wird in Deutschland Meinung gemacht, und der Bevölkerung kann man dabei nicht einmal einen Vorwurf machen: Woher sollte sie es besser wissen?
In der Schule spielt „Wirtschaft“ keine Rolle, Rückstellung und Rücklage können nicht einmal BWL-Absolventen auseinanderhalten und hier im BWL-Brett werden von „Experten“ Kosten, Aufwand und Auszahlung durcheinandergeworfen, daß es eine wahre Pracht ist.
Die Bevölkerung vom wirtschaftlich Informationsstand her gesehen auf dem Stand der Bauern des 13. Jh. und darin gefällt sie sich, weil es das Leben eben einfach macht. Dumm nur, daß Wolfgang recht hat: Wäre die Mitbestimmung eine Arbeitnehmerbestimmung, würden heute noch die Weber an den Webstühlen sitzen. Oder vielleicht auch nicht, denn irgendjemand auf dieser Welt **hätte/b> den mechanischen Webstuhl erfunden.
Daß die Geschäftleitung nicht unbedingt jedes Husarenstück kritiklos durchpeitschen kann, ist ja OK, etwas Mitbestimmung ist insofern OK. Aber daß Geschäftspolitik, Organisation und Arbeitsabläufe von Interessenvertretern bestimmt werden, ist absurd und schadet witzigerweise den Interessenvertretern und den von ihnen vertretenen Mitarbeitern auf lange Sicht selbst. Ein schönes Beispiel gabs neulich in Italien, wo die Gewerkschaften bei Alitalia eher die Pleite verursacht, als einem Arbeitsplatzabbau zugestimmt hätten.
Dieses Verhalten ist in Deutschland auch nichts außergewöhnliches. Lieber riskiert man mittelfristig den Untergang eines Betriebes, als einer Innovation bzw. Rationalisierung von Prozessen (d.h. einem kurzfristigen Arbeitsplatzabbau), einer Gehaltsreduzierung oder einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit zuzustimmen. Man führt Prozesse darüber, ob die Umkleidezeit oder der Weg über das Werksgelände zum Arbeitsplatz als Arbeitszeit bezahlt werden müssen, oder ob das das Unternehmen zu bezahlen hat.
In Deutschland haben sich von 1945-1970 großartige Dinge ereignet. Man hat angepackt, gearbeitet und gemeinschaftlich Werte, Wohlstand und Erfolg geschaffen. Seit rd. 30 Jahren sind wir dabei, eine Feindschaft zwischen Unternehmen und Mitarbeiter, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zwischen „denen da oben“ und „uns“ zu inszenieren. Seit 30 Jahren werden die Mitarbeiterrechte sukzessive gestärkt und „die Unternehmen“ verteufelt. Und heute beklagen sich alle darüber, daß die Arbeitslosigkeit hoch ist und Betriebe auf dem Weg nach Osten sind.
Verstehe einer die Deutschen, ich habs aufgegeben.
Gruß,
Christian**