Dambedei ?

Ein Karlsruher weiß auf Anhieb, was das ist: Der Weckenmann mit den traurigern Rosinenaugen, den Große und Kleine am heutigen Nikolaustag mit Vergnügen verspeisen. Doch woher sein Name kommt, bleibt im Dunkeln. Außerhalb der Fächerstadt am Rhein kennt man diese Bezeichnung nicht.

Nun habe ich dieser Tage in Karlsruhe auf einem Zettel den Hinweis entdeckt, das Wort stamme aus dem rätoromanischen Kultur- und Sprachbereich. Dort habe man einen Hausgeist namens TAMBEDA gekannt. Wer Weiß Was darüber - fragt

Theo aus WT

Ich habe mich, als neu in Karlsruhe Zugezogener, mit eben dieser Frage an den Lokalredakteur der BNN gewandt und der hat mir zugesagt, den einschlägigen Artikel, den er schon vor Jahren verfasst habe, an dessen Einzelheiten er sich aber im Moment nicht erinnern könne, zuzusenden. Wenn ich ihn habe, gebe ich gern mein neues Wissen hier bekannt.
Also Geduld und bis bald
Gruß Fritz Ruppricht

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Neues von DAMBEDEI
Warnung: Es geht weitschweifig weiter mit der Aufklärung obskurer Vorweihnachts- und Weihnachtsbräuche:

Der „Dambedei“ ist die Karlsruher Variante eines vorweihnachtlichen Hefegebäcks in Form eine Männleins mit Rosinenaugen, Mandelmund und Nussnase, die Knöpfe eines Gewandes werden ebenfalls mit Rosinen angedeutet. Ich habe aber auch schon solche ohne Verzierung gesehen. Was mich wunderte: in drei Bäckereien und von noch mehr Verkäuferinnen konnte ich nicht erfahren, woher dieser eigenartige Name kommt.

Der Lokalredakteur der Badischen Neuen Nachrichten hat mir auf Anfrage und Bitte mehrere Artikel dieser Zeitung aus den Jahren 1968, 1976 und 1989 zugesandt.

Im ältesten Artikel wird der Name auf einen rätischen Schutzgeist namens „Tampada“ zurückgeführt, der Haus und Vieh und Bewohner vor Schaden bewahrte. Rätien wurde von den Römern die Region zwischen den Alpen und der Donau genannt, wobei diese manchmal größer, manchmal auch kleiner - nur von den Alpen bis zum Bodensee - angegeben wird. Es gab dort eine vorgermanischen, vielleicht keltische Bevölkerung. Das Wort Rätien ist noch im Namen für das Idiom in Graubünden, dem räto-romanischen, erhalten.

Im alamannischen Raum sei dieser Schutzgeist in Stein an Kirchen und Kapellen, später auch an Häusern abgebildet worden. Ein besonders schönes Beispiel sei am Rathaus von Grötzingen, einem Karlsruhe benachbartem Dorf, zu sehen.

Was mich an dieser Erklärung stutzen lässt, ist die stillschweigende Annahme, dass die Alamannen diese Figur ohne weiteres von den Vorbewohnern der Region übernommen haben.

1976 wurde immer noch diese Erklärung, nunmehr aber zusammen mit einer neuen, christlichen angeben. Diese wird aber als ganz und gar unwahrscheinlich abgetan.

Im Advent gebackenen Broten habe man die Form eine Christkinds gegeben, diese Brote seien von den Priestern mit den Worten: „in nomine domini dei“ (im Namen Gottes des Herrn) oder „ad honorem domini dei“ (zu Ehren Gottes des Herrn) gesegnet worden. Die Latein-unkundigen Gläubigen hätten die Segnungsworte „domini dei“ zuerst zu „domnidei“ (gesprochen: domnide - i), dann zu „damnidei“ (hier wurde das Ende vielleicht schon wie „Ei“ gesprochen) verballhornt, daraus sei schließlich das jetzige „Dambedei“ entstanden.

Bemerkenswert ist nun, dass in diesem Jahr zwei Leserbriefe zu dem Zeitungsartikel erschienen, in denen weitere Erklärungen vorgestellt werden. Ein Leser behauptete: „Dambedei“ sei aus dem Elsass übernommen worden und habe ursprünglich „dame de dieu“, also „Dame Gottes“ oder „Herrgottsmutter“ bedeutet.

Was diese Erklärung nicht erklärt, ist die Tatsache, dass dem Gebäck jegliche weibliche Attribute fehlen.

Eine Leserin gibt zwei Erklärungen, letztere mit geringen Untervarianten. „Dambedei“ sei parallel zu „Dampelhans“, einem Scheltwort für einen ungeschickten, täppischen Menschen, gebildet worden, wobei das -dei „Mann, Mensch“ bedeute.

Diese Leserin gibt des Weiteren an, dass das Gebäck früher in einigen Gegenden weibliche Formen gehabt habe. Dies spräche nun für die vorher genannte Erklärung und gegen die eben besprochene.

Dieselbe Dame berichtet auch von Karlsruher Überlieferungen, nach der ein Bäcker dieses Gebäck unter dem Namen „d´homme petits“ aus Straßburg mitgebracht habe.

Als weitere Möglichkeit verweist sie auf eine Ableitung von „dam petit“ (kleiner Herr), wobei das „dam“ aus „dominus“ entstanden sei. Eine Variante dieser Erklärung nimmt „dominus“ (dam) deus" als Ursprungsform an, eine weitere Variante glaubt in „domini panis dei“ (Herrgottsbrot) die Urform zu finden.

Der 79-er Artikel nennt die Ableitung von den Segnungsworten „dominus dei“: die „am einfachsten zurückzuverfolgende“, kann sich aber offensichtlich von dem rätischen „Tampada“ nicht verabschieden, obwohl er einräumt, dass dann auf Grund der Sprachentwicklung die Schreibung „Dampedei“ zu erwarten wäre. Dies aber sei, wenn man bedenke, dass die Badener, wie alle Süddeutschen, Schwierigkeiten hätten, harte Explosivlaute (p, t, k) auszusprechen, kein Einwand gegen die rätische Herkunft.

Soweit die Artikel.

Ich kann der rätischen Herkunft nicht zustimmen. Dazu bewegen mich meine Erkundungen der alamannischen Fasnet. Dort hat man am Anfang unseres Jahrhunderts auch lauter heidnische Ursprünge gefunden. Diese Erklärungen passten ins Weltbild der Nationalsozialisten und wurde deshalb von diesen unterstützt und propagiert. Und diese sind heute noch weit verbreitet.

Die neuere Brauchtumsforschung tendiert aber entschieden dazu, die heidnischen Ursprünge zu bezweifeln und stellt christliche Vorformen in den Vordergrund. Diese neueren Einsichten haben aber noch nicht den Weg ins Bewußtsein größerer Bevölkerungsschichten gefunden.

Soviel zum „Dambedei“.

Ich bitte meine Weitschweifigkeit zu tolerieren; mir macht das eben Spaß!

Fritz Ruppricht

also bitte…

Ich bitte meine Weitschweifigkeit zu tolerieren; mir macht das
eben Spaß!

Fritz Ruppricht

… da macht sich jemand die Mühe, einen bestens recherchierten Artikel zu verfassen, und dann meint jener auch noch, sich für seine breitbandigen Ausführungen entschuldigen zu müssen… dazu kann ich nur sagen:
>Danke für ein wirklich interessantes Posting, es machte wohl nicht nur die Erstellung, sondern auch das Lesen Spass…:~)
MfG
Michael Zettler

Herzlichen Dank…
…lieber Fritz,

für deine interessanten Zitate und eigenen Ausführungen! Als gebürtiger Brigand, der seit 1956 im alemannischen Exil lebt (nebenbei gesagt: recht gerne), weiß ich jetzt endlich um die verschiedenen Deutungen der Herkunft des geheimnisvollen Männles, das ich schon als kleiner Bu gern hatte.

Ich wünsche dir eine schöne und besinnliche Adventszeit!

Liebe Grüße
Theo aus WT

Dem kann ich mich nur anschließen! o.T.
Hanna

dito o.T.
dietmar