Hallo Martin!
Aus Kindheitstagen sind mir die qualmenden Ungetüme noch in Erinnerung und gelegentlich höre ich von Enthusiasten, die ein Einzelexemplar wieder in Gang brachten. Dass es aber bis heute flächendeckend sowohl viele Dampflok-Enthusiasten als auch Dampfloks gibt, war mir entgangen.
Einen großen Teil meiner frühen Jahre verbrachte ich in einem Luftkurort, gelegen an der Eisenbahnstrecke Hamburg-Lübeck. Das gleißende Weiß frischen Schnees erhielt binnen kurzer Zeit eine unansehnliche graue, schließlich braune Schicht. Später mutmaßte ich, dass ein Teil der Färbung wohl gesinnungsbedingt war, ein Teil stammte sicher von mit Braunkohle und Koks betriebenen Hausheizungen sowie von Lkw, bei deren Betrieb schwarze Wolken aus dem Auspuff normal waren, aber für einen beträchtlichen Teil des Drecks war die koksbetriebene Bahn verantwortlich. Überhaupt waren Bahn und Dreck Zwillinge. Große Bahnhöfe, wie etwa der Hamburger Hauptbahnhof, waren von innen in heute unvorstellbarer Weise verdreckt. Ob Handläufe oder Bänke, egal was man berührte, war mit einer Dreckschicht bedeckt. Kam Nässe oder hohe Luftfeuchtigkeit dazu, hatte man es mit einer allgegenwärtigen Schmierschicht zu tun. Vermutlich hat nie jemand errechnet, wie viele Millionen Jahre Lebenszeitverkürzung dieser Dreck verursachte. Die Effekte lassen sich wohl nicht voneinander trennen, denn innerhalb der Züge sah es kaum besser aus. Abgesehen von wenigen Nichtraucherabteilen waren die Züge von innen heftigst verqualmt. Zuweilen reichte die Sichtweite nur mit Mühe von einer biertrinkenden, rauchenden und Skat spielenden Pendlergruppe zum nächsten Abteil. Selbst in gestopft vollen Zügen wurden massenhaft Zigarren gequalmt und wer sich mit tränenden Augen durchs Gedränge wühlte, kam nur mit Glück ohne Brandflecken an der Kleidung durch.
Die Begeisterung für die alte Mechanik als solche kann ich ein Stück weit nachvollziehen, aber über deren Ende im Alltagsbetrieb war ich nie traurig. Schlichtweg zu dreckig. Die gute alte Zeit hatte auch bei der Bahn wenig Gutes.
Gruß
Wolfgang