Darf das Jobcenter gezahlte Leistungen von einer Erbengemeinschaft zurückfordern?

Hallo,
wir sind eine Erbengemeinschaft von fünf Personen und besitzen das elterliche Haus.
Der älteste Bruder wohnt seit geraumer Zeit in der oberen Etage und bezieht seit dem 01.11 14 ALGII. Miete wird nicht gezahlt, es besteht auch kein Mietvertrag.
Nun hat die Erbengemeinschaft ein Schreiben vom Jobcenter bekommen, dass bereits gezahlte Leistungen für den ältesten Bruder (abzgl. eines Freibetrags) von den restlichen Miterben zurückgezahlt werden müssen. Als Begründung wurde angegeben, dass die Erbgemeinschaft gesamtschuldnerisch haftet und der Leistungsempfänger nicht hilfebedürftig wäre, wäre das Haus bereits veräußert worden.
In einem Telefonat mit der Sachbearbeiterin schlug ich vor, dass der Bruder die Leistungen als Darlehen bekommen könnte und, im Falle des Verkaufs des Hauses, er natürlich sofort die entsprechende Summe ans Jobcenter zurückzahlt. Darauf ließ sie sich allerdings nicht ein, sondern betonte, dass sie eine baldige Rückzahlung fordern müsse.
Kann das korrekt sein? Wir haften doch nicht für finanziell für den Bruder nur weil es diese Erbengemeinschaft gibt.
Falls sich jemand damit auskennt, wäre ich für eine Antwort sehr dankbar.
Vielleicht sollte man erstmal Widerspruch einlegen?

Vielen Dank

Ist tatsächlich ein Fall für einen Fachanwanwalt für Sozialrecht.

Gibt es denn schon z.B. ein Wertgutachten bzw. ist die Höhe des Anteils exakt quantifiziert?

Reguläres Vorgehen wäre so:

JC MUSS Leistung als Darlehen gewähren, soweit die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Ggf. ist der Antragsteller aufzufordern, seinen Teil am Erbe geltend zu machen (hier kommen allerdings ganz zentral Zumutbarkeitserwägungen zum Tragen und der rechtliche Rahmen ist so kompliziert und hat so viele Unwägbarkeiten, dass ein normaler Sachbearbeiter des JC normalerweise nicht dabeigeht, sondern es über die Rechtstelle laufen lassen wird).

Ist der Bewilligungszeitraum abgelaufen, ohne das dem Antragsteller das Geld zur Verfügung stand, ist die Leistung im Nachhinein als Beihilfe zu gewähren, neues Darlehen dann für den nächsten Bewilligungszeitraum. Damit können sich Darlehensschulden maximal in Höhe der Leistung EINES Bewilligungszeitraumes ergeben.

Also: Leistung für den Antragsteller wird weiterlaufen müssen - als Darlehen und/oder Beihilfe; inwieweit das JC gegenüber den übrigen Erben die Auflösung der EG vorantreiben oder eine Auszahlung verlangen kann, steht vollkommen in den Sternen.

Ich persönlich würde als Adressat des Anspruchsübergangs abwarten bzw. die Rechtmäßigkeit bestreiten, insbesondere dann, wenn das JC den Anspruch nicht einmal der Höhe nach beziffern kann.

Selbstverständlich haftet man nicht gesamtschuldnerisch für die „Schulden“ ausschließlich des Bruders.

Wie wurde das Ansinnen des Jobcenters in dem Anschreiben begründet und welche rechtliche „Qualität“ hatte das Schreiben? Diente es der bloßen Information? War es eine Rückforderung in der der Anspruch detailliert rechtlich begründet wurde (der bloße Verweis auf gesamtschuldnerische Haftung reicht natürlich nicht). Was ist sonst noch geschehen? Hat das JC Anspruchsübergang angemeldet oder eine Rechtswahrungsanzeige getätigt? (Einen bloßen Informationsschreiben kann man nicht im rechtlichen Sinne widersprechen).

Frage: wenn schon ein Darlehen für Bruder möglich ist, warum wird er dann nicht ausgezahlt? Letztlich wird das JC darauf dringen können - und zwar nur beim Bruder -, dass der alles Zumutbare unternimmt, um seinen Anteil in „bereite Mittel“ umzuwandeln (im Zweifel heißt es Klage) oder aber das JC kann Anspruchsübergang anmelden und versuchen, selbst die „Liquidation“ das Anteils des Bruders zu betreiben.

Das ist, wenn ich das richtig verstanden habe, im UP anders gemeint:

Das klingt eher danach, dass angefragt wurde, ob die Alg2-Leistungen auf Darlehensbasis gewährt werden können. Wobei natürlich alles, was nur telefonisch besprochen wurde und nicht schriftlich nebst Rechtshilfebelehrung vorliegt, letztendlich bedeutungslos ist.

Der natürlich völlig fiktiven Erbengemeinschaft würde ich raten, einen Anwalt aufzusuchen, da der Fall doch vergleichsweise komplex zu sein scheint - wenn es sich um das frühere Elternhaus handelt und der Alg2 beziehende Bruder darin mietfrei wohnt, ihm zudem nur ein Fünftel dieses Hauses gehört, wäre auch der Punkt „selbst genutzte Immobilie“ nachgehenswert.

:paw_prints:

Hallo VirtualSelf,

vielen Dank schonmal für die schnelle Antwort!

In einem früheren Schreiben des Jobcenters wurde bereits der Übergang des Anspruchs auf Erbauszahlung gegen die Erbengemeinschaft erklärt.
Das jetzige ist kein bloßes Informationsschreiben, sondern eine direkte Aufforderung „zur Zahlung des Anspruchs auf Erbauszahlung gegen die Erbengemeinschaft“. Dieses Schreiben wurde meiner Schwester als Vertreterin der EG geschickt.
Vielleicht ist es gut, wenn ich einige Sätze zitiere:

„Für den übergegangenen Anspruch haftet die EG gesamtschuldnerisch…Mit der Erbauszahlung wäre Herr…nicht hilfebedürftig gem.§ 9 SGB II.Weil der Erbanspruch bisher jedoch nicht ausgezahlt wurde, werden Herrn…seit 01.11.14 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des Erbes gewährt.Der Anspruch auf Erbauszahlung geht damit in Höhe der nach dem SGB II gezahlten Leistungen auf das Jobcenter…über (§ 33 SGB II).“

Sollten wir nicht bezahlen, drohen sie diesen Anspruch auf gerichtlichem Weg geltend zu machen.

Der Gedanke des Darlehens war auf eine evtl. andere Verfahrensweise des Jobcenters bezogen. Keiner von uns hat die Möglichkeit einen anderen ausbezahlen zu können.

Hallo KamikazeKatze,

vielen Dank für’s antworten!

Das stimmt, das mit dem Darlehen bezog sich auf die Leistungen des Jobcenters, die dem Bruder vielleicht auf Darlehensbasiss gewährt werden könnten.
Der Gedanke einen Anwalt hinzu zu ziehen ist natürlich durchaus berechtigt. Allerdings sind wir uns untereinander nicht einig darüber, ob wir diesen Weg gehen sollten.
Der beste Weg wäre sicherlich die EG aufzulösen. Das geht nur durch einen Komplettverkauf, da keiner in der Lage ist einen, geschweige denn alle Miterben auszubezahlen.

Hallo VitualSelf,

vielen Dank für die äußerst informative Antwort!

Das Jobcenter hat für die Anteilsberechnung den Verkehrswert lt. Amtsgericht (von 2007) zu Grunde gelegt. Ein richtiges Wertgutachten gibt es nicht.
Allerdings haben sie bei der Berechnung die vom Bruder selbst bewohnte Wohnung nicht berücksichtigt. Das würde sich lt. JC ändern, würde er während des Bewilligungszeitraumes ausziehen, dann käme dieser Wert dazu.
Die aufgestellte Rechnung ist also ein Fünftel der Verkehrswertberechnung abzgl. der selbst genutzten Wohnung und eines Freibetrags.

Unsere Tendenz geht tatsächlich dahin, erst einmal nicht zu bezahlen.
Reaktionen werden ja nicht ausbleiben.

Gruß