Darf der Arzt einem sagen, wie lang es noch um einen steht?

Darf der Arzt einem sagen, wie lang die Lebenserwartung noch sein wird, oder sagt er es einem nur ansatzweise oder sogar gar nicht?

Hi!

Das handhabt wohl jeder Arzt anders, möglicherweise auch abhängig vom Patienten und der Diagnose.

Letztlich ist aber kein Arzt Hellseher. Kein Mensch kann wissen, wann ein anderer stirbt.
Manche Ärzte haben gewisse Erfahrungswerte und gehen mit den Patienten offen um, damit die ihr Lebensende noch bewusst gestalten können.
Andere wollen ihre Patienten schonen oder hoffen, dass die Hoffnung noch etwas ausrichten kann.

Ohne die Gesetzesgrundlage zu kennen: Ich glaube kaum, dass es irgendwo gesetzlich verboten ist, einem Patienten zu sagen, wenn seine Prognose sehr schlecht ist.
Und ich glaube kaum, dass es ein Gesetz gibt, in welchem explizit steht, dass man es einem Patienten sagen muss, gerade weil es eben niemand sicher wissen kann.

Also lautet die Antwort auf deine Frage: Ja.

Gruß

Wenn der Arzt was sagt, dann wird er es sehr vorsichtig und unbestimmt sagen, bestenfalls wird er mit Erfahrungswerten aufwarten, aber er wird sich sicher nicht festlegen.

Was ein Arzt „darf“ und „soll“ ist vor allem in seiner Berufsethik geregelt.
Da steht dann recht unmissverständlich so etwas ähnliches drin wie in diesem Handbuch des Weltärztebundes:

Sie [die Ärzte] müssen den Patienten alle Informationen zur Verfügung stellen, die diese für
ihre Entscheidungsfindung brauchen. Dazu gehört die Erläuterung komplexer medizinischer
Diagnosen, Prognosen und Behandlungsschemata in einfacher Sprache, um sicherzustellen, dass die
Patienten die Behandlungsoptionen mit all ihren Vorteilen und Nachteilen verstehen"
http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/WMA_aerztliche_Ethik.pdf

Natürlich gibt es auch noch andere Grundsätze, so dass das im konkreten Einzelfall durchaus eine Abwägungssache sein kann.
Aber diese Plicht zur verständlichen Mitteilung von Diagnose und Prognose ist als Grundsatz in der ärztlichen Berufsethik enthalten, so dass man sich da nicht nach Gutdünken darüber hinwegsetzen kann.

Gruß
F.

Moin,

ich schließe mich DDD an, allerdings mit der Ergänzung „er muss nicht“.

Ein Arzt, der einen Patienten jahrelang kennt, weiß wie er über Krankheiten, Leben & Tod denkt, wird sicher anders handeln als ein Arzt, der einen P. kaum kennt.

Schwierig wird es, meiner Meinung nach, wenn P. auf eine „ehrliche“ Meinung besteht. Einerseits hat P. schon das Recht zu wissen, wie es um ohn steht, aber der Arzt muss entscheiden, ob P. die Wahrheit verträgt oder eine „Notlüge“ besser ist.

Gruß Volker

Hi,

meine Vorredner haben schon viel du deiner Frage erwähnt. Ich möchte in diesem Fall vielleicht noch kurz den gesunden Menschenverstand näher bringen:

Nocebo-Effekte also ein Effekt negativer Natur durch Einbildung oder negative Beeinflussung zb. Deswegen kommt es recht stark auf den Einzelfall des Patienten an, und das Vertrauensverhältnis zum Arzt.

LG

Dir Grundsätzliche Frage ist:
Kann er das überhaupt?

Schon im Bereich von einem Tag kann er nur schätzen, bzw. seine Einschätzung abgeben.

Aus 6 Monaten können 3 Jahre werden oder auch nur 1 Monat.

MfG Peter(TOO)

Das ist meines Erachtens überhaupt nicht schwierig. Der Patient wünscht eine ehrliche Meinung und er hat ein Recht darauf. Eine „Notlüge“ mag für den Arzt in dem Moment bequem sein, er zerstört aber das Vertrauensverhältnis.

Wenn ein Patient ernsthaft die Prognose hören möchte, sollte man ihm eine Einschätzung definitiv nicht vorenthalten. Natürlich ist ein genaues Abschätzen („Ihnen bleiben noch 42 Tage“) vollkommen unseriös, aber etwas Erfahrung wird es ja schon geben. Und wenn es diese nicht gibt, so kann man das auch offen kommunizieren.

Patienten, die ihre (schlechte) Prognose nicht ernsthaft hören wollen, lassen dies schon oft genug erkennen …

Sebastian

Vor allem besorgen sich Patienten, die unbedingt eine Überlebensprognose hören wollen, diese dann halt aus weit schlechteren Quellen (z.B. durch Googeln) oder entwickeln ihre (quälenden) Phantasien darüber.
Wissen ist für den Patienten fast immer gut, weil es Halt gibt.
Die Form, wie es mitgeteilt wird, ist aber manchmal schon diskutabel.

Gruß
F.

„Mamma, warum bekomme ich mein Weihnachtsgeschenk schon im Herbst?“ „Halt die Klappe, Du hast Krebs“…
Eine Prognose über die Dauer der verbleibenden Lebenszeit ist nie(!) zu stellen, allenfalls kann man im Frühjahr sagen dass jemand den Winter wohl nicht überstehen wird.
Ausnahme: kurz vor einem zu erwartenden Tod kann man von Stunden oder Tagen sprechen, aber auch da muss man als Arzt sehr vorsichtig sein, weil genaues weiss man nie
weiss synapse (Landarzt)