Darf ein Anwalt ein Mandat verweigern

Hallo,

ich stelle mir die Frage, ob ein Anwalt weil er z. B. eine Straftat so schlimm findet das er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann, ein Mandat verweigern darf. Ich frage mich deshalb, weil mir gerade der Fall Karolina mal wieder durch den Kopf geht, wie kann ein normal denkender Mensch, der vlt. sogar noch selber Familienvater ist, solche (un)Menschen verteidigen wollen?

Es Dankt für Antworten der Herbst

Hi,

ja ein Anwalt kann das Mandat ablehnen, er ist nicht verpflichtet es zu übernehmen. Es sei denn er wurde vom Gericht zum Pflichtverteidiger bestellt, dann gibt es nur sehr wenige Möglichkeiten dieses Mandat abzulehnen.

Gruß
Tina

Hallo Tina,

dann verstehe ich solche Anwälte nicht, die solche Monster wo die Tat bewiesen wurde mit reinem Gewissen vertreten, ist es Geldgeilheit, Geltungsbedürfnis (ich komme ins Fernsehen, juchu und bekomme kostenlos Werbung für meine Kanzlei) oder was ist es? Wenn ich Anwalt wäre würde ich solche Fälle nicht übernehmen und warten bis mich ein Gericht dazu verdonnert… Ich verstehe das wir in einem Rechtstaat leben, wo jeder ein Recht auf einen Anwalt hat aber dann noch vor dem Gerichtshof für Menschenrechte klagen und freispruch fordern… sorry, da hört für mich mein Rechtsverständnis auf, zumal einer der Verteidiger CSU Politiker ist und ich dachte zu wissen wofür CSU steht… aber anscheinend doch nicht, aber diese Diskussion würde in diesem Brett zu weit führen.

Kopfschüttelnd der Herbst

den Kopf geht, wie kann ein normal denkender Mensch, der vlt.
sogar noch selber Familienvater ist, solche (un)Menschen
verteidigen wollen?

Mal eine nicht-juristische Antwort: Jeder hat ein Recht auf einen fairen Prozeß und dazu gehört auch eine qualifizierte Verteidigung. Deswegen verteidigen Strafverteidiger auch Angeklagte, von deren Schuld sie u.U. überzeugt sind.

Ich verstehe das wir in einem Rechtstaat leben

Das beißt sich mit deiner Frage. Wenn du das verstehst, dann verstehst du auch, dass es eine Verteidigung geben MUSS, und warum um alles in der Welt sollte ein Verteidiger sie dann nicht übernehmen? Seine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass das Verfahren rechtsstaatlich abläuft. Na und? Warum sollte das bei jemandem, für den auch noch die Unschuldsvermutung gilt (!), nicht so sein?

Levay

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Hallo Levay,

der Fall auf den ich mich beziehe ist der Fall Karolina. dort ist schuld eindeutig bewiesen.

Klar verstehe ich das eine Verteidigung geben muß, aber ich würde für solche Monster die Verteidigung nicht freiwillig über nehmen sondern warten bis ein Gericht zu mir sagt du mußt diese Person verteidigen.

Grüße der Herbst

der Fall auf den ich mich beziehe ist der Fall Karolina. dort
ist schuld eindeutig bewiesen.

Du scheinst hier einige grundlegende Prinzipien der Thematik, über die Du Dich hier äußerst, nicht verstanden zu haben.

Selbst wenn es feststeht, dass jemand eine Tat begangen hat, bedeutet dass noch lange nicht, a) dass er verurteilt wird (er könnte auch schuldunfähig ein), und b), wie er verurteilt wird. Denn „Tat begehen“ und „Schuld“ sind zwei völlig verschiedene Dinge. Es ist einerseits garnicht klar, welches Delikt in einem Tötungsfall verwirklicht ist (Totschlag, Mord, Körperverletzung mit Todesfolge, etc.), und wie groß die Schuld des Täters ist, denn der Gesetzgeber hat hierzu umfangreiche Regelungen geschaffen, die ggf. zu Milderungen führen kann. Zudem hat das Gericht auch das Motiv bei der Strafzumessund (so möglich) zu berücksichtigen.

Hast Du alles nicht gewusst? Dann hoffe ich mal, dass Dir, solltest Du mal vor Gericht stehen, nicht erst ein lustloser Anwalt hilft, der dazu verdonnert wird.

Klar verstehe ich das eine Verteidigung geben muß, aber ich
würde für solche Monster die Verteidigung nicht freiwillig
über nehmen sondern warten bis ein Gericht zu mir sagt du mußt
diese Person verteidigen.

Hast Du schonmal darüber nachgedacht, dass es eben gerade die Tatsache, dass auch bei (angeblich) so klaren Fällen jemand einen Anspruch auf Verteidigung und darauf hat, eben nur für das verurteilt zu werden, was er getan hat, und in der Höhe, die dafür angemessen ist, der Grund dafür ist, warum wir uns „Rechtsstaat“ nennen und an den Stammtischen so toll auf andere Länder schimpfen können, die es damit nicht so genau nehmen?

Und hast Du schonmal darüber nachgedacht, dass wir es genau solchen Anwälten zu verdanken haben, dass wir nicht hinterfragen müssen, ob wir jemanden zu Recht verurteilt haben und ob bei es bei uns rechtsstaatlich vorgeht. Und das uns (auch) wegen denen vom Ausland nicht vorgeworfen wird, dass es im Strafverfahren nicht mit rechten Dingen zuginge (was wir anlässilich bestimmter EU-Beitrittsdiskussionen mit anderen Ländern sehr gern und sehr lautstarkt machen).

Und hast Du mal darüber nachgedacht, dass die Aufrechterhaltung dieser Grundsätze und der Rechtsstaatlichkeit das ist, was Anwälte antreibt und nicht eine - so klingt es bei Dir heraus - Sympathie für den Täter, dass es tatsächlich noch Menschen mit hohen moralischen Standarts gibt, die auch aus diesem Grund handeln? Natürlich gibt es auch andere, die es aus Publicitiygründen tun, aber kommt es darauf an? Können wir die erkennen?

Denk mal darüber nach.

Gruß
Dea

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der Fall auf den ich mich beziehe ist der Fall Karolina. dort
ist schuld eindeutig bewiesen.

Nein, ist sie nicht. Es hat ja noch nicht mal ein Verfahren gegeben, oder? Die Schuld wird in der Gerichtsverhandlung eruiert, und du willst bestimmte Fälle aussortieren, in denen schon VORHER die Schuld als erwiesen gilt? Und wer legt das dann fest? Gibt es dann noch ein vorgeschaltetes Gerichtsverfahren? Und bekommt man da dann einen Verteidiger? Das ist doch grotesk, was du hier schreibst!

Klar verstehe ich das eine Verteidigung geben muß, aber ich
würde für solche Monster die Verteidigung nicht freiwillig
über nehmen sondern warten bis ein Gericht zu mir sagt du mußt
diese Person verteidigen.

Ja, aber Gott sei Dank gibt es auch Leute, die das anders handhaben.

Levay

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…zumal es ja auch gar nicht Aufgabe des Verteidigers ist, mit allen Mitteln einen Freispruch zu bewirken. Es gibt auch Verteidiger, die eine hohe Strafe beantragen, ggf. lebenslange Freiheitsstrafe.

Levay

etwas gewagte Frage
Hallo,

was macht ein Anwalt wenn der Mandant sagt, ich habe ihre Frau ermordet.

Christian

Hallo!

Er legt nieder - je nach dem Grad der emotionalen Betroffenheit nur das Mandat oder auch den Mandanten.

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Hi,

darf ein Anwalt vor Gericht lügen? Genauer gefragt: darf ein RA die Unschuld seines Mandanten beteuern, obwohl dieser ihm seine Schuld eingestanden hat?

Gruß
Tina

Das braucht er doch gar nicht. Er muss nur darauf hinweisen, dass seiner Meinung nach die - allein maßgebliche - Beweisaufnahme die Schuld nicht zweifelsfrei ergeben hat.

Levay

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*

… und wird sich als Nebenkläger anschließen!

Hallo!

Nein, ist sie nicht. Es hat ja noch nicht mal ein Verfahren
gegeben, oder? Die Schuld wird in der Gerichtsverhandlung
eruiert, und du willst bestimmte Fälle aussortieren, in denen
schon VORHER die Schuld als erwiesen gilt? Und wer legt das
dann fest? Gibt es dann noch ein vorgeschaltetes
Gerichtsverfahren? Und bekommt man da dann einen Verteidiger?
Das ist doch grotesk, was du hier schreibst!

Genau das ist mir auch gerade durch den Kopf gegangen!

Ich darf hier Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention auszugsweise zitieren

Artikel 6.
Recht auf gerichtliches Gehör - Rechte des Angeklagten - fair trial

(1) Jedermann hat Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muß öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozeßparteien es verlangen oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würden, in diesem Falle jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang.

(2) Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.

[…]

ICH MÖCHTE NICHT IN EINEM LAND LEBEN, IN DEM ÜBER SCHULD UND UNSCHULD DAS FERNSEHEN, DIE ZEITUNGEN, DIE POLIZEI ODER DAS „GESUNDE VOLKSEMPFINDEN ENTSCHEIDET“! - der Schaden der durch sowas angerichtet wird, ist wesentlich größer als durch ein einzelnes Verbrechen je angerichtet werden kann. Das sollten wir langsam aus unserer Geschichte lernen.

  • und deswegen habe ich keine Gewissensbisse vor Gericht zu verteidigen.

Vor dem Gesetz sind alle gleich - ein wesentlicher Grundsatz eines Rechtsstaates und dafür zu sorgen, dass dieser Grundsatz auch für einen Tatverdächtigen beachtet, ist eine der Hauptaufgaben eines Verteidigers und das ist auch gut so und die Menschen, die hier leben, sollten dafür auch dankbar sein.

Gruß
Tom

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Hallo!

die solche Monster wo
die Tat bewiesen wurde

„Bewiesen“ ist die Tat eben erst nach dem Prozess. Das ist ein Grundpfeiler des Rechtsstaates - auch zu Deinem Schutz.

lg,
Max

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OT: Genauso
Hallo!

Er legt nieder - je nach dem Grad der emotionalen
Betroffenheit nur das Mandat oder auch den Mandanten.

OT:
Das ist genauso wie bei Chirurgen.
Wenn sie selbst stark emotional betroffen sind, müssen nicht selbst operieren und können das einem Kollegen „anvertrauen“.

Ich wollte das nur nebenbei erwähnen.

Schöne Grüße,
Helena

Bevor ich jedem einzeln Antworte…
Hallo,

hier ein paar Links zum Thema Karolina (ja, der Fall wurde schon verhandelt):

Das ist der Fall Karolina:

http://www.youtube.com/watch?gl=DE&hl=de&v=ahUGiE-uBc0

Das Geschah wärend der Verhandlung:

http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9EACD163751D…

http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9EACD163751D…

Und das ist Aktuell:

http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Lokales/Dil…

Mag sein, das ich auch emotional bin aber sage mir einer das er das Angesichts dieser Menschen nicht ist, dann ist er entweder ein Android oder lügt.

Aber meine Frage wurde ja beantwortet.

Hallo Herbst,
Vorab: ich bin absolute Rechtslaie.
Das gesagt wollte ich mal eine Erklärung abgeben, die ich mal in einem Buch las. Diese macht -sogar mir!- klar warum es so was geben muß.
Angenommen ein Mensch klaut einen Apfel.
Es geht für einen RA nicht darum zu wissen WARUM er das getan hat, sondern warum der „Dieb“ nicht imstande war, diesen Apfel stehen zu lassen. Was ihm dazu gewogen hat, diesen Apfel zu nehmen (und dann zu essen). Und jeder hat ein Recht darauf gehört zu werden.

Ich fand diese Erklärung sehr gut.

Schöne Grüße,
Helena

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