Darf ein Verein hauptsächlich gewerblich auftreten?

Hallo in die Runde!

Wir fragen uns, ob es einem Verein rechtlich gestattet ist, im Kern gewerblich aufzutreten. Es gibt einen im Umkreis für seine Steuerkniffe (z.B. verschleierte Zahlungsströme via Bitcoins) bekannten Vorstand, der inzwischen mehrere Vereine gegründet hat. Mit diesen tritt er z.B. als reguläre Web-Agentur und Fitnessstudio auf und bietet exakt gleiche Services an.

Besonders das Fitnessstudio wirft viele Fragen auf, da die Mitglieder sowohl einen monatlichen Vereinsmitgliedbetrag zahlen und dazu einen kleine reguläre Mitgliedsgebühr. Somit kann er von Kostenvorteilen durch die nicht erhobene Umsatzsteuer bei der Vereinsgebühr profitieren und ist preislich den Wettbewerbern natürlich immer eine Nasenlänge voraus.

Servus,

sicher darf er - welches Verbot sollte hier greifen?

Die Herren Mitglieder sind in so einem Verein hie und da ziemlich gekniffen, weil es bei so einem wirtschaftlichen Verein öfter mal vorkommt, dass er als Körperschaft nicht rechtsfähig ist, also behandelt wird wie eine GbR. Jedes einzelne Mitglied steht also finanziell für alles grade, was der Verein so macht.

???

Warum sollte die gegen monatliche Zahlung des Beitrags erbrachte Leistung von der USt befreit sein?

???

Wieso sollte eine schlampige Buchführung ein „Steuerkniff“ sein?

Und was die Tags betrifft (sind die von Dir): Wo vermutest Du Steuerhinterziehung?

Schöne Grüße

MM

Hallo.

Zweckbetriebe eines Vereins müssen in der Regel keine Umsatzsteuer abführen, ich denke das war gemeint.
Als jemand, der selbst in einem solchen ehrenamtlich arbeitet, war ich mal erstaunt, wie viele windige Leute diese Rechtsform nutzen (dürfen) für Werbeagenturen mit hohen Gehältern, die sie z.B. als Stadtmarketing ausgeben und vielem anderen Quatsch, der natürlich nicht gemeinnützig ist, sondern vor allem sie selbst begünstigt.
Schlüssig ist der Zweckbetrieb meiner Ansicht nach für einen Verein, der mit einem kommerziellen Cafe ein Theater, Museum mitfinanziert oder der Bratwurststand des Unterstützervereins des Alten-Pflegeheims.
Bei vielen ist der kommerzielle Betrieb aber ziemlich aufgepumpt der Hauptzweck des Unternehmens und der gemeinnützige Aspekt erschliesst sich mir zumindest nicht.

Grüße
orangegestreift

Servus,

erstens bezieht sich die Frage nicht auf einen gemeinnützigen Verein, sondern auf einen wirtschaftlich tätigen Verein. Das ganze Theater mit Zweckbetrieb, wirtschaflichem Geschäftsbetrieb usw. fällt also weg - das spielt nur bei einem wegen Gemeinnützigkeit (mal grob formuliert) von der Körperschaftsteuer befreiten e.V. eine Rolle. Bei einem wirtschaftlich tätigen Verein braucht man keinen gemeinnützigen Aspekt zu suchen: Es gibt keinen.

Unabhängig davon ist aber die Sache mit der USt noch eine Erwähnung wert: Auch für gemeinnützige Vereine gibt es keine besonderen USt-Befreiungen: Entweder ein e.V. ist Kleinunternehmer, oder er führt eben auf alle USt-pflichtigen Umsätze USt ab, wie es sich gehört. Die Augen werden öfter mal ganz groß, wenn sich so ein Verein, dessen Vorstand nicht weiß, dass er bloß deswegen keine USt abführt, weil er Kleinunternehmer ist, eine Photovoltaikanlage aufs Dach des Vereinsheimes setzt…

Schöne Grüße

MM

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Mal sehr vereinfacht allgemein gefragt: In welchen Gründen ergibt es Sinn, einen Verein zu gründen, wenn dieser in jedem Teilbereich wie ein Unternehmen besteuert wird? Kann ich einen Verein anmelden ohne gesonderte Prüfung auf Plausibilität?

In dem speziellen Fall: Das Unternehmen führt zumindest keine USt. auf die Beiträge ab. Dies weiß ich sicher, denn die Weiterreichung des Preisvorteils als B2C wurde explizit erwähnt.

Zum Thema Bitcoin: Bei Internet-Portalen des Vorstands kann man Abos abschließen, die direkt in der privaten Wallet des Beteribers landen. Es war super super wichtig, dass die Kunden keine andere Möglichkeit der Zahlung haben. Die wurde damit begründet, dass man auch bei PayPal Zahlungsströme nachverfolgen kann.

Wenn man dies dies nun in der Gesamtheit betrachtet, liegt der Verdacht zumindest nicht sehr fern, dass der Aspekt der Steuerhinterziehung eine Rolle spielt :wink:

Servus,

man findet immer genügend Dolle, die darauf hereinfallen. Erinnerst Du Dich an die Drückerkolonnen, die in Fußgängerzonen, vor Bahnhöfen usw. für den Verein „Kinder in Not“ (der Name änderte sich von Zeit zu Zeit) Mitglieder warben? Die konnte man ziemlich in Verlegenheit bringen, wenn man nach der KSt-Befreiung fragte - darauf wurden sie nicht gebrieft.

Das geht genau bis zur ersten Betriebsprüfung. Wenn die - wie leider viel zu oft bei solchen Kleinstformaten - erst zu St. Nimmerlein stattfindet, kann es ziemlich lange gehen. Glaube ich aber eher nicht, weil eigentlich bereits bei der Veranlagung auffallen müsste, dass die Werte der USt-Erklärung nicht mit der Überschussrechnung bzw. GuV abstimmbar sind.

Kurz: Die „Beiträge“ werden bezahlt, um Zugang zu den Leistungen des Studios zu erhalten. Somit ganz eindeutig Leistungsaustausch, also ein steuerbarer (und steuerpflichtiger) Umsatz. Auch, dass der nicht gemeinnützige Verein einer GbR gleichsteht, hindert daran nicht, weil auch nicht rechtsfähige Personengesellschaften im Innenverhältnis gegenüber ihren Gesellschaftern als Unternehmer im Sinn des § 1 Abs 1 Nr. 1 UStG auftreten können.

Wenn der Mann ein Einzelunternehmen betreibt, ist es völlig normal, dass seine Einnahmen auf seinem Konto bzw. als Bargeld in seiner Brieftasche landen (in earlier centuries, the jerries used to call wallets „Brieftaschen“). Wenn ein Einzelunternehmer seine Einkünfte vorsätzlich nicht erklärt, ist das kein Steuerkniff, sondern ganz schlicht Steuerhinterziehung. Dazu muss man nicht besonders intelligent sein, und besondere Kniffe braucht es auch nicht - Generationen von Taxifahrern und Gastwirten lebten davon.

Was ein Bietusie ist, weiß ich nicht. Wenn es wichtig sein sollte, fällt Dir vielleicht ein deutsches Wort dafür ein.

Wie auch immer: Was dieser wirtschaftliche Verein tut, ist zunächst nichts irgendwie Verbotenes. Wenn freilich Steuern in unzutreffender Höhe erklärt und bezahlt werden, dann ist das in gleichem Umfang strafbar, wie wenn irgendein Einzelunternehmer das tut.

Schöne Grüße

MM

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